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Blutspur

Blutspur

Titel: Blutspur Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kim Jones
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möglich. Ich sprang auf und zertrümmerte den Stuhl an der nächstbesten Wand. Ich warf ihn dagegen, er zerfiel in seine Einzelteile. Es war nur Holz, nichts, was atmete. Darius atmete im herkömmlichen Sinn auch nicht mehr und trotzdem war er am Leben, waren wir am Leben. Und ich sollte es ihm nehmen, sosehr ich ihn auch in der letzten Zeit verachtet hatte. Umbringen konnte ich ihn nicht, oder etwa doch? Der Zweck heiligt die Mittel so heißt es … und er hatte ein langes, erfülltes Leben. Vielleicht war es ihm auch egal, wenn ich ihn opferte, nur damit Virginia leben konnte und vielleicht sogar gerettet werden konnte? Schließlich ging es hier auch um den Fortbestand unserer Rasse.
      Blood saß in einer Ecke und sah mich an. Ich hockte mich hin und wartete darauf, dass er zu mir kam. Er zögerte kurz, lief dann auf mich zu.
      „ Entschuldige, alter Freund“, sagte ich leise, „ich weiß gerade nicht, was ich tun soll.“
      Ich kraulte seinen Kopf.
      Dankbar leckte er mit seiner rauen Zunge kurz über meine Hand.
    Ich verlor keine Sekunde mehr und brachte Blood zu Whistler. Er hatte eine Kneipe in einer Gasse, in die sich kaum Menschen verirrten, und die auch nicht die bunte Reklametafel mit den Neonröhren sahen, die flackernd preisgab, dass man sich vor dem Viper Club befand. Für sie war es nur ein weiteres verfallenes Gebäude, das sich neben den anderen heruntergekommenen Häusern befand. Bannsprüche konnten sehr nützlich sein.
      Drinnen empfing mich die stickige Luft der verqualmten Kneipe. Wäre ich ein Mensch gewesen, hätte mir dies einen heftigen Hustenreiz beschert. Es hatte manchmal durchaus Vorteile, untot zu sein.
      Whistlers heiseres Lachen wehte leise zu mir herüber. Er lehnte lässig am Tresen, putzte übertrieben ein Glas mit einem Geschirrtuch und flirtete, was das Zeug hielt. Er war bei Weitem kein Frauenmagnet, aber das, was er an seinem Aussehen einbüßte, machte er mit seiner ganzen Art wieder wett. Er war klein, untersetzt und rasierte sich seit Jahren seinen Kopf, weil er 'interessanter' wirken wollte. Die Glatze gab seinem runden Gesicht noch etwas mehr Fülle, doch seine lebendigen grünen Augen versprühten Charme, was ihn schon oft geholfen hatte. Whistler hatte sich von ganz unten nach ganz oben gekämpft, war ein Meister im Mixen von Cocktails und Mitteln, die unsere Spezies wieder ins Leben zurückholten oder es für immer nahmen. Er wurde geliebt und gehasst dafür, dass ihm so gut wie alles gelang. Man hatte viele Mordanschläge auf ihn verübt, die er wie durch ein Wunder überlebt hatte. Er schien unverwüstlich, so wie eine Kakerlake, die sogar einen Atomkrieg strotzen konnte und danach wieder unversehrt an die Oberfläche krabbelte. Er schien ungewöhnliche Kräfte zu haben, was er sicher seiner Braukunst verdanken konnte, oder er war mehr als ein Vampir. Sogar mir hatte er nie verraten, was es mit seiner Überlebenskunst auf sich hatte.Vielleicht hatte er einfach nur Glück, doch an dieses Ammenmärchen glaubte ich schon lange nicht mehr.
      Die Vampirin, die Whistlers Annäherungsversuchen mit Gelächter begegnet war, gab ihm einen Kuss auf die Wange und verzog sich zu einer grölenden Gruppe an einen Tisch, die reichlich Alkohol tranken.
      Im Viper Club konnte man Blut gegen Bezahlung kaufen. Whistler hatte seine Quellen. Es gab verdünntes, was schon für ein paar Scheine zu haben oder reines, welches für viele unerschwinglich war. Es gab auch Rationen für zu Hause, verkorkt in Ampullen oder Flaschen, die auf wundersame Weise lange haltbar waren. Mein Blick schweifte über die Holztische, die schwarzen Kerzenstumpen, die wohl eine gemütliche Atmosphäre schaffen sollten, es aber nicht schafften. Dafür strahlten Kronleuchter ein dämmriges Licht aus, das schemenhafte Schatten tanzen ließ. Es gab eine Menge Auswahl an Getränken. Whistler nannte seinen Vorrat liebevoll Fusel und Rachenputzer. Er hatte die Kneipe letztes Jahr ausgebaut und somit viel Platz für mehr Tische und sogar Sofas geschaffen, auf denen ein paar Vampire faulenzten, die mich abschätzig ansahen. Man kannte mich auch hier, leider.
      Whistlers Blick fand plötzlich meinen, er gab einen kurzen, erstaunten Schrei von sich, die seine gespaltene Zunge entblößte und schmiss das Tuch beiseite.
      „ Brandon, heilige Scheiße!“, rief er und kam lachend auf mich zu.
      Ich grinste und ließ mich von ihm fest drücken. Er war jemand, dem ich vollends traute, auf den ich mich

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