Blutspur

vollkommen recht, also will ich dich mal nicht länger auf die Folter spannen. Komm wieder zu uns, wechsle die Reihen. Ich soll die herzliche Grüße von William ausrichten. Die Prinzessin ist bei uns, du wärst also auf der richtigen Seite. Wir können dir alles geben, was du willst. Du müsstest nicht mehr vor diesem lächerlichen Gericht Rede und Antwort stehen. Schon im Motel haben wir es dir angeboten, während du so ritterlich die Prinzessin beschützt hast. Du erinnerst dich sicher daran. Bei uns herrschen andere Gesetze, das weißt du genau. Wir können dir das bieten, was du wirklich brauchst: Freiheit.“
      Fassungslos starrte ich ihn an. Dieses dunkle Kapitel war eines in meinem Leben, das ich stets verdrängte und das ich am liebsten ausradiert hätte. Ich war bei Weitem nicht stolz darauf, ein Jahrzehnt in tiefer Finsternis verbracht zu haben. William. Ich sah sein Gesicht vor mir, als wäre es gestern gewesen. Und der Dunkle stand seelenruhig da und forderte mich auf, wieder zu einem Schatten zu werden, zu einem Hauch meiner selbst. Weder Mensch, noch Vampir, nichts dazwischen; ein Wesen, das sich selbst mehr hasste als alles andere. Dazu war ich nicht mehr bereit. Ich hatte damals meine Gründe, doch die waren nun viel zu weit weg, um sie wieder zu greifen. Es gab sie nicht mehr.
      „ Dieses Gesicht passt schon einmal zu uns“, grinste der Dunkle, als er meine versteinerte Miene musterte. „Überlege es dir gut. Es soll nicht dein Schaden sein.“
      „ Wozu dann das Messer?“
      Er blickte auf die glänzende Klinge.
      „ Um zu zeigen, dass wir keine Wiederworte dulden.“
      In meinem Gehirn rotierte es. Möglichkeiten verdrängten meinen Zorn, der langsam verglühte.
      „ Und wenn ich es tue, wie geht es dann weiter? Ich kann mir nicht vorstellen, dass eure Spezies ständig solch verlockende Angebote zu unterbreiten hat.“
      Er zog eine dürre Augenbraue nach oben.
      „ Unsere Spezies? Hüte dich in deiner Wortwahl. Wir sind nicht besser oder schlechter als ihr.“
      Ich schnaubte verächtlich.
      „ Das glaubst du doch selbst nicht“, rief ich und das Echo meiner Stimme trug die Worte zu mir zurück.
      „ Wir sind nicht blöd“, sagte er lauernd und suchte in meinem Gesicht nach Anzeichen, was ich vorhatte. Das konnte ich deutlich sehen. Dieser ungerührte Blick, der versuchte, in mich und meine Gedanken einzudringen. Womöglich war er ein Gedankenleser? Es war absurd, weil nur die Reinen diese Eigenschaft hatten, doch schon lange gab es keine mehr. Doch er konnte sich auch in Rauch verwandeln, so wie ich, also war das gar nicht mal so abwegig. Ich verstand gar nichts mehr und versuchte nebenbei, meine Gedanken abzuschirmen.
      „ Du wirst nicht einmal in ihre Nähe kommen. Erst, wenn du wirklich bewiesen hast, dass du mit uns gemeinsame Sache machst. Wir geben dir zwei Tage Zeit, dir gut zu überlegen, was du tust und du musst eine Aufgabe erfüllen, die unwiderruflich klar macht, dass du zu uns gehörst. In diesen 48 Stunden wird der Prinzessin nichts passieren, danach können wir für nichts garantieren.“
      In mir machte sich Erleichterung breit, auch wenn es völlig sinnlos war, denn was würde nach dieser Zeit sein? Aber darüber wollte ich nicht länger nachdenken, denn es war ein Ultimatum, das nicht zu verachten war. Ich konnte so viel bewirken, aber auch eine Menge falsch machen. Jedoch war es mehr, als ich mir zu erhoffen wagte.
      „ Worin besteht die Aufgabe?“, wollte ich wissen.
      Es hatte sicher etwas mit der Beschaffung von Informationen zu tun oder dem Verrat unserer geheimen Standorte. Ich überlegte fieberhaft, ob ich das tun könnte. Vielleicht konnte ich auch so herausfinden, wer der Maulwurf in unseren Reihen war.
      Es klang einfach zu gut, auch wenn ich wieder zu ihnen wechseln müsste. Doch so konnte ich ohne viele Nachforschungen, die zeitraubend waren, zu Virginia gelangen. Es war wie ein Traum, der sich in einen Alptraum verwandeln konnte, doch allemal besser, als im Dunkeln zu tappen.
      „ In zwei Tagen zu gleicher Zeit, wieder hier“, sagte der Dunkle und verschwamm schon wieder in dunklen Rauchschwaden, „bring uns den Kopf von Darius.“
      Und damit war der Nebel durch den Flur nach draußen verschwunden.
     
    Ich ließ mich auf das ausgediente Sofa fallen. Darius töten … hallte es in meinem Kopf. Sie wollten Darius' Tod. Also hing er nicht in der Entführung mit drinnen, oder aber es war ein Test. Alles war