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Blutspur

Blutspur

Titel: Blutspur Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kim Jones
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Es musste um die zwanzig Jahre her sein. Bilder blitzten vor mir auf. Sie, mit wehendem Haar hinter mir auf dem Motorrad, ihr rauchiges Lachen, wenn ich eine Kurve zu scharf nahm. Ihre Hände, die meine Hüften während der Fahrt streichelten. Wir waren manchmal tagelang nicht aus dem Bett gekommen, und doch hatte ich immer etwas vermisst. Sie war eine kühle Frau, die ihre Reize gekonnt einzusetzen vermochte. Nach einer Weile trennten sich unsere Wege. Wir langweilten uns und mussten zu verschiedenen Einsätzen, die uns meilenweit voneinander wegtrugen. Ein paar Mal hatte ich sie noch bei Versammlungen oder auf Festen getroffen, doch es war nie mehr wie damals geworden, dafür war zu viel Zeit vergangen.
      Sie hatte sich nicht verändert, nun ja, wie denn auch. Trotzdem trugen wir hin und wieder Narben von unseren Kämpfen davon, denn nicht alle hatten das Glück, vollständig geheilt zu werden, oder es gab Verletzungen, die eben nie mehr weggingen, wenn sich der Feind unlauterer Mittel bediente. Nicht nur Säure konnte unseren Körper schwächen, sondern auch spezielle Kugeln, die man sonst mit Werwölfen in Verbindung brachte. Die Geschosse waren aber nicht aus Silber, sondern mit vergiftetem Blut getränkt. Die Kugel durchschlug den Leib, drang in ihn ein und setzte das rote Gift frei, was einen qualvollen und langen Todeskampf bedeutete. Unsere Wissenschaftler und Laborratten hatten versucht, ein Gegenmittel zu finden – erfolglos. Und wie die Dunklen eine so tödliche Waffe entwickeln konnten, ging einfach nicht in meinen Schädel.
      Ich nickte Kendra kurz zu und ahnte, dass sie nachher das Gespräch suchen würde.
      Während Rafael die magischen Worte wisperte, spürte ich die aufkommende Energie, die sie freisetzten. Jeder der Anwesenden fühlte es. Langsam erhoben sich die Seelen aus den toten Leibern. Durch die Sargdeckel stieg ein farbiger Funkenregen auf, der mich jedes Mal aufs Neue faszinierte. Ich hoffte nur, dass ich noch genug reinblütig war und mir noch nicht allzu viel zu Schulden hatte kommen lassen, damit auch mir so eine feierliche Bestattung zuteil werden würde.
      Die Geiger begannen, das Stück zu spielen, welches die Seelen auf ihren Weg begleitete. Es war von Melancholie erfüllt, sprach durch die Melodie von Tragik und Qual.
      Die Funken färbten sich langsam weiß, so hell wie Asche und flogen durch die Zelte, die zum Schutz gegen den Regen gespannt worden waren, davon. Dann verloren wir sie aus den Augen. Mehr war jedoch gar nicht nötig; die Zeremonie war erfolgreich gewesen. Auch Blake hatte seinen Frieden gefunden; ich hatte seiner Familie mein tiefes Beileid ausgesprochen.
      Die Särge fuhren in die Gräber hinab.
      Darius erhob nochmals seine kratzende Stimme, um darauf hinzuweisen, dass man den Verräter so schnell wie möglich dingfest machen würde. Natürlich, und ich war die Jungfrau von Orleans! Ich stellte mir Darius ohne Kopf vor, das stand ihm wirklich  ausgesprochen gut.
      Einige Vampire verabschiedeten sich und verließen den Friedhof, andere fingen an, mit den Ratsmitgliedern zu sprechen und diskutierten lautstark.
      Die Gärtner schaufelten feuchte Erde in die Löcher, ließen die Holzsärge darunter verschwinden.
      „ Brandon, ich bin entzückt, dich wiederzusehen.“
      Ich drehte mich um und sah Kendra mit verschränkten Armen hinter mir stehen.
      „ Hallo Kendra. Ich freue mich auch. Entzückt? Seit wann liegt dieses Wort in deinem Sprachschatz?“ Sie grinste mich an, während ihr Blick über meinen Körper glitt. Früher hätte mich das total angemacht, heute interessierte es mich nicht die Bohne. Ich hatte anderes zu tun und schon genug Zeit vertrödelt.
      „ Man hört, dass die große Vampirkönigin entführt wurde. Sehr spektakulär. Du bist nicht mehr ganz der Alte, wie?“
      Ich versuchte, den Hohn in ihrer Stimme zu überhören, aber ich war viel zu negativ geladen, um ihn einfach herunterzuschlucken.
      „ Ich war nicht zugegen, als es passierte.“
      „ Nicht zugegen? Willst du mich verarschen? Darauf haben die doch nur gewartet. Das denkst du doch auch, oder?“
      Sie sah mich abwartend an und kam langsam näher.
      „ Die Kleine gefällt dir, habe ich recht?“
      Kurz vor mir blieb sie stehen, sodass mir ihr Parfum noch stärker in die Nase kroch.
      „ Wieso glaubst du das?“
      „ Was? Dass du verknallt in sie bist?“
      Ich atmete tief durch.
      „ Dass sie gewartet haben, bis ich weg war.“
     

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