Blutspuren
drei sind sich schnell einig: förmliche Festnahme des ABV. Dann folgen die üblichen erkennungsdienstlichen Maßnahmen, Karteien werden ausgefüllt, Porträtfotos gemacht, Fingerabdrücke genommen.
Das peinliche Verhör dauert bis in die späte Nacht. Zunächst bleibt Hechtmann hartnäckig bei der Unfallversion mit nachfolgendem Vortäuschen eines Verbrechens. Doch Stück für Stück korrigiert er seine Aussagen vom Vormittag. Endlich, nach Mitternacht ist das Geständnis komplett: Es war ein heimtückischer Mord. Und: Als der Morgen graut, verkündet ein Richter den Haftbefehl.
Aber, ein Mörder in VP-Uniform paßt nicht ins hehre Bild einer sozialistischen Ordnungsmacht, bringt womöglich die grüne Zunft in Mißkredit und läßt andere Halunken hämisch aufjauchzen. Deshalb muß Hechtmann die Uniform gegen einen tristen, unauffälligen Trainingsanzug eintauschen, bevor er die Schleuse der Untersuchungshaftanstalt passiert.
Doch Bockelt, Lorenz und Grimm wissen nun, was sich damals am Waldbad Dönschten ereignet hat …
Dezember 1960, ein feucht-kalter Donnerstag ohne Minusgrade. Der ABV aus Falkenhain, VP-Meister Walter Hechtmann, verläßt nach dem Mittagessen sein Haus. Der Rest des Tages ist ausgebucht: Erst muß er zum Sattler nach Schmiedeberg: Die Lasche der Pistolentasche ist abgerissen und soll fachgerecht angenäht werden. Am Nachmittag sind beim Bürgermeister Fragen der Ordnung und Sicherheit in der Gemeinde zu erörtern. Um 17.00 Uhr ist ein Kinobesuch geplant, den er seiner Frau schon lange versprochen hat. Danach will er in seinem Büro lästige Schreibarbeiten erledigen.
Walter Hechtmann schwingt sich auf die Sitzbank seiner geliebten ES 175, ein kraftvolles Motorrad aus den volkseigenen Zschopauer Werken, und knattert davon. Der Aufenthalt beim Sattler ist nur kurz. »Wird sofort erledigt«, verspricht der Meister, nimmt sich sofort der defekten Pistolentasche an und leistet so seinen bescheidenen Beitrag zur Kampfkraft des Ordnungshüters.
Auf der Rückfahrt begegnet der VP-Meister Steffi Bibrach, die sich nach ihrem Friseurbesuch zu Fuß auf dem Weg nach Hause befindet. Hechtmann stoppt sein Motorrad: »Steig auf, ich fahr dich nach Hause, wir haben ja den gleichen Weg.«
Die Schülerin hat keine Bedenken. Von einem Polizisten nach Hause gebracht zu werden, den sie überdies schon lange kennt, der in der Gemeinde eine angesehene Autorität darstellt und der sie im letzten Sommer schon einmal mit seinem Motorrad mitgenommen hatte, ist doch wohl eine Garantie für uneingeschränkte Sicherheit.
Unbekümmert folgt Steffi daher seiner Einladung und schwingt sich auf den Sitz hinter ihm. Der Anblick ihrer Beine löst bei Hechtmann auf der Stelle eine heftige sexuelle Erregung aus, die er nur wenige Augenblicke beherrschen kann. Nach hundert Metern Fahrt biegt er am Waldbad von der Hauptstraße in den sogenannten Pfützenweg ein, fährt noch ein Stück, hält an. Steffi ist verdutzt. Hechtmann kommt gleich zur Sache: Er wendet sich nach hinten, packt sie am Handgelenk, steigt vom Motorrad und grapscht ungehemmt zwischen ihre Schenkel.
Das Mädchen ist außer sich, fleht: »Tu mir nichts, du bist doch bei der Polizei!« Doch Walter Hechtmann will sich über das Mädchen hermachen, koste es, was es wolle. Steffi Bibrach gelingt es, sich aus seiner groben Umklammerung loszureißen und vom Motorrad zu springen. Ihr Peiniger ist zwar gleich wieder bei ihr, kann sie aber nicht fassen, denn sie schlägt mit ihrer Umhängetasche wild um sich und rennt in Richtung Waldbad davon. Hechtmann spurtet hinterher und holt sie bald ein. Es kommt zu einem heftigen Handgemenge. Steffi fällt zu Boden. Hechtmann stürzt sich auf sie, will ihr lautes Schreien unterbinden und hält mit eisernem Griff ihren Mund zu. Seine sexuellen Gelüste sind zwar längst verflogen, doch jetzt fürchtet er die Entdeckung. Deshalb treibt ihn nur ein Gedanke: Die darf mich nicht verraten! Blitzschnell umfaßt er ihren Hals und drückt mit aller Kraft zu. Er löst den Griff erst wieder als das Mädchen tot ist. Mit Leichtigkeit gelingt es ihm, die Leiche bis zum Herrenabort zu tragen und dort abzulegen. Die Umhängetasche legt er dazu. Plötzlich fällt ihm das Treffen beim Bürgermeister ein. Er eilt zum Motorrad und fährt davon.
Das Gespräch beim Gemeindeboß dauert nicht lange. Hechtmann ist gefaßt, ganz der alte. Unbemerkt fährt er ins Waldbad zurück, fingert aus seiner Uniformjacke einen Dietrich, öffnet die Tür der
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