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Blutspuren

Blutspuren

Titel: Blutspuren Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hans Girod
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Samenflüssigkeit festgestellt werden.
    Die Kriminalisten wissen es längst: Strick und Draht entstammen dem Inventar der Baracke. Der Täter fand sie direkt am Versteck der Leiche. Die Männer unterliegen auch nicht dem Fehler, sich von der mageren Spurenausbeute und den fehlenden Hinweisen auf einen sexuellen Gewaltakt irritieren zu lassen. Folgerichtig gehen sie weiterhin davon aus, daß die Tötung durchaus einen sexuellen Hintergrund besitzen kann.
    Wie ein Lauffeuer verbreitet sich zwischen Schmiedeberg und Altenberg die Nachricht vom Fund der toten Steffi Bibrach im Waldbad. Die zutiefst erschütterten Eltern haben nun endgültige Gewißheit, daß ihr Kind ermordet wurde. Alle bisherige schlimme Ahnung wird auf diese Weise unwiderruflich bestätigt. Freunde und Nachbarn versuchen, durch taktvolles Bekunden ihrer Anteilnahme und Solidarität den Schmerz der Eltern zu lindern, die sich letztlich allein mit dem Unabwendbaren abfinden müssen. Tausend Gedanken kreisen in ihren Hirnen: Wer ist der Täter? Lebt er etwa unter ihnen? Ist er ein Bekannter, ein Fremder? Was mag er empfunden haben, als er ihnen auf so schreckliche Weise ihr Liebstes entriß? Wie lebt er, ist er verheiratet, hat er Kinder? Was geht in seinen Eltern vor, wenn sie eines Tages erfahren, daß ihr Sohn ein Mörder ist?
    Von jetzt an setzen die Bibrachs alle ihre Hoffnung darauf, daß die Polizei den Schuldigen bald findet. Schließlich wollen sie ihm ins Gesicht sehen, wenn er seine gerechte Strafe empfängt. Diese bescheidene Genugtuung hält sie nun aufrecht, sie ist vonnöten für die Bewältigung des schweren Schicksalsschlages.
    Überraschend schnell gibt der Staatsanwalt die Leiche zur Bestattung frei. Als am 13. März 1961 die Schülerin Steffi Bibrach zu Grabe getragen wird, finden sich viele Menschen ein: Mitschüler, Nachbarn, Freunde, Fremde. Auch der ABV, VP-Meister Walter Hechtmann, ist dabei. Diesmal nicht in Uniform. Er trägt einen dunklen Anzug, wie es sich geziemt. Auch Hauptmann Bockelt hat sich unter die Trauernden gemischt, hält sich diskret im Hintergrund und beobachtet die Szene. Bewegt folgen die Anwesenden der Rede des Pfarrers. Das Leid verbindet sich mit ohnmächtiger Wut über den unbekannten Meuchelmörder, der ein junges Leben einfach so auslöschte.
    Nachdem der Sarg ins Grab herabgelassen wurde, bilden die Menschen eine lange Reihe und treten nacheinander andächtig und schweigend heran, um Kränze und Blumengebinde abzulegen. Freunde, Nachbarn, Steffis Mitschüler, Bekannte und die Honoratioren der Gemeinde gehen direkt auf die Eltern zu, um persönlich zu kondolieren. Unter ihnen auch Hechtmann. Er ist sichtlich ergriffen. Mit nahezu kämpferischer Geste, pathetisch und so lautstark, daß es auch die Umstehenden hören können, läßt er wissen: »Was da passiert ist … schrecklich! Ich fühle mit euch. Wenn ihr meine Hilfe braucht, mit mir könnt ihr immer rechnen. Daß wir als Volkspolizei den Schweinehund noch nicht fassen konnten, ist jammerschade. Aber ich und meine Genossen sind Tag und Nacht im Einsatz. Und ich verspreche euch: Wir geben keine Ruhe, bis er hinter Schloß und Riegel sitzt …«
    Hauptmann Bockelt und seine Männer müssen sich in der momentanen Untersuchungssituation mit einer ziemlichen Informationsarmut abfinden. Doch derlei ist keineswegs ungewöhnlich für eine Morduntersuchung und noch viel weniger ein Anlaß für Resignation. Immerhin können den Ermittlungen nunmehr einige wichtige Fakten zu Grunde gelegt werden: So muß der unbekannte Täter Bezug zum Waldbad haben und wissen, daß während der Winterzeit das Gelände verwaist ist. Der schmale Fußweg von der Hauptstraße bis zu den kleinen Holzbaracken muß ihm vertraut sein. Vielleicht wußte er auch, daß diese nur mit einfachen Kastenschlössern gesichert sind, die sich, ohne Spuren zu verursachen, mit einem simplen Sperrhaken mühelos öffnen und schließen lassen. Und er konnte einschätzen, daß sich zur Tatzeit keine anderen Personen in diesem Terrain befanden, er war sich also ziemlich sicher, von anderen nicht beobachtet zu werden. Fazit: Der Täter könnte ein Beschäftigter des Bades, ein Einheimischer aus Schmiedeberg, Dönschten, Falkenhain oder aus einem Nachbarort oder gar ein Winterurlauber sein. Schließlich muß er kräftig genug sein, die Getötete mühelos zum Versteck zu tragen. Aber auch deren Persönlichkeit muß bei den strategischen Überlegungen berücksichtigt werden. Denn: Steffi Bibrach war zwar

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