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Blutspuren

Blutspuren

Titel: Blutspuren Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hans Girod
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27. Dezember 1960 zufolge hat Hechtmann im Rahmen der stabsmäßig geführten Suchaktion Gelände und Gebäude des Waldbads nochmals kontrolliert. Wieder ohne Erfolg.
    Lorenz und Grimm sind verwundert und verärgert. Hat der VP-Meister so schlampig gearbeitet, daß er die Leiche des Mädchens übersah? Sie konsultieren Hauptmann Bockelt. Auch er ist mißgestimmt. Polizisten, die seinerzeit an der offiziellen Suche beteiligt waren, werden behutsam befragt. Dabei wird bekannt, daß sich VP-Meister Hechtmann mit einer auffälligen Hartnäckigkeit um die Kontrolle des Badegeländes bemüht hatte, weil er angeblich der Ortskundigste in der Suchgruppe gewesen sei.
    Das sind ausreichende Gründe, den ABV unverzüglich nach Dippoldiswalde zu zitieren. Bockelt will ihm wegen seiner oberflächlichen Arbeit wenigstens einen Rüffel verpassen. Grimm und Lorenz sollen ihn zuvor disziplinarisch befragen.
    29. März 1961, Vormittag. Hechtmann ist zur Stelle, unschuldig wie ein Osterlamm und selbstbewußt, als stünde seine zeitweilige Abkommandierung in die Mordkommission bevor. Doch seine Stimmung schlägt schnell um.
    »Genosse Hechtmann«, beginnt Grimm das Gespräch mit ernster Miene und wedelt mit den fraglichen Suchberichten in der Luft herum, »Sie haben zwei so schöne Berichte geschrieben. Nun erklären sie uns mal, warum sie die Leiche nicht gefunden haben!«
    Der VP-Meister ahnt nichts Gutes, druckst herum, senkt seinen Blick, sagt kein Wort.
    Lorenz nutzt die Fassungslosigkeit seines Gegenüber und ereifert sich: »So eine Pfuscherei habe ich noch nicht erlebt. Da waren Sie in der Gerätebaracke, und wollen nichts gesehen haben, hatten Sie denn Tomaten auf den Augen?«
    »Ich bin mit’m Dietrich rein, habe alles abgesucht. Mir ist nichts aufgefallen. Mehr kann ich nicht sagen«, verteidigt sich Hechtmann.
    »Klar, die Leiche war mit ’nem Liegestuhl zugedeckt, trotzdem hätte man sie sehen können. Als Sie zwei Wochen später wieder dort waren, muß es doch schon gestunken haben. Die Bude ist doch nicht mal zehn Quadratmeter groß«, wirft Grimm ein.
    Der VP-Meister blickt hilflos in den Raum, überlegt, stammelt dann mit dünner Stimme: »Vielleicht hat der Täter die Leiche danach dorthin verbracht.«
    »Nun reicht’s aber! Auf den Satz habe ich gewartet«, erzürnt sich Grimm, »man kann die Sache auch ganz anders sehen! Können Sie sich vorstellen, in was für einer beschissenen Lage Sie sich befinden, Genosse Hechtmann?«
    Das sitzt. Einen Augenblick herrscht Stille im Raum. Grimm und Lorenz starren ihn böse und herausfordernd an. Röte schießt in Hechtmanns Gesicht, sein Unterkiefer beginnt zu zittern wie in eisiger Kälte. Er öffnet nervös den Kragen seiner Uniformjacke, verharrt einen Moment, als wolle er genau überlegen, was er antworten will. Dann erklärt er völlig unerwartet: »Es war ein Unfall, ich hatte Angst!«
    Grimm und Lorenz sind baff, blicken sich vielsagend an. Lorenz gewinnt als erster die Fassung zurück. Neugierig fordert er von Hechtmann: »Na, dann lassen Sie mal hören!«
    Der VP-Meister holt tief Luft und spricht mit leiser, vibrierender Stimme: »Ich war mit dem Krad in Schmiedeberg unterwegs, habe meine Pistolentasche vom Sattler geholt. Auf dem Rückweg traf ich die Steffi. Sie wollte nach Hause. Ich hielt an und fragte sie, ob sie mit will. Im Sommer ist sie schon mal mit mir mitgefahren. Sie war einverstanden … Beim Waldbad hatten wir dann den Unfall. Die Maschine rutschte nach links weg und wir stürzten. Steffi fiel nach hinten, wahrscheinlich auf den Kopf, denn sie sagte keinen Mucks mehr. Ich dachte, jetzt ist sie tot. Da bekam ich Panik und trug sie zu den Baracken, wollte sie verstecken. Ich öffnete die Tür von der Gerätebaracke und legte sie auf den Fußboden … Da lag auch Draht und Strick rum. Mir kam der Gedanke, ich täusche ein Verbrechen vor, dann bin ich raus aus dem Schneider …«
    Lorenz raunt Grimm ins Ohr: »Das war nur ein Teilgeständnis, da kommt noch mehr«, verläßt für eine Minute das Zimmer und kehrt mit Hauptmann Bockelt zurück. Der blafft Hechtmann gleich an: »Jetzt wird es richtig ernst für Sie!«
    Der VP-Meister muß sogleich seine »Makarow« und den Dienstausweis herausgeben. Ihm wird eröffnet, daß ein Ermittlungsverfahren eingeleitet wird und die bisherige Befragung in eine Beschuldigtenvernehmung übergeht. Bockelt berät sich kurz mit Lorenz und Grimm. Begriffe fallen: Gefahr im Verzuge, Fluchtverdacht, Verdunklungsgefahr. Die

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