Blutstein
ACHTUNG!
ERST AB 18 ! geklebt hatte.
Obwohl er niemanden in Malmö kannte, sah er sich sorgfältig nach allen Seiten
um, bevor er die Tür öffnete.
Er fasste all seinen Mut zusammen und ging hinein.
Hinter der Tür erstreckte sich ein schmaler, langgestreckter Shop,
in dem es so still war wie auf der Straße. Der scharfe Zitronengeruch eines
Reinigungsmittels hing in der Luft, aber der Linoleumboden, auf dem Per stand,
sah trotzdem irgendwie schmutzig aus. In den Regalen an der Wand reihten sich VHS -Kassetten und
laminierte Zeitschriften aneinander, aber er entdeckte keine Ausgabe von Babylon oder Gomorra . Jerrys
Kollegen hatten die Marktlücke, die sich nach der Einstellung seiner
Zeitschriften aufgetan hatte, längst ausgefüllt.
Auf dem gegenüberliegenden, gläsernen Ladentresen stand eine etwas
altertümliche Registrierkasse, hinter der eine junge Frau auf einem Barhocker
saß und sich gelangweilt die Nägel feilte. Sie war Anfang dreißig, trug ein
hautenges schwarzes Kleid und hohe Lackstiefel. Ihre Augen waren mit schwarzem
Kajal umrandet, und ihre Haare waren sehr lang und glänzend rot, sahen
allerdings nach Perücke aus. Per ging ohnehin davon aus, dass an diesem Ort das
meiste gefälscht war.
Hinter dem Tresen führte eine Treppe in den Keller und endete vor
einem Perlenvorhang. Dahinter waren hämmernde Beats und das Stöhnen einer Frau
zu hören, aber es klang metallisch und hohl wie auf einer Filmtonspur. Es
erinnerte ihn an das Geräusch, das er bei den anonymen Anrufen am Telefon
gehört hatte.
Per ging auf die Frau zu, und sie ließ ihre Nagelfeile sinken und
lächelte ihn an.
»Hallo«, sagte er.
»Hallo, mein Süßer«, säuselte sie. »Willst du dich in die Höhle der
Sünde wagen?«
»Vielleicht, was kostet es denn?«
»Fünfhundert.«
Das waren dreihundert Kronen mehr, als Per dabeihatte.
»Fünfhundert«, wiederholte er. »Nur für den Eintritt?«
»Nicht nur Eintritt, mein Süßer«, flötete sie, und ihr Lächeln wurde
noch breiter. »Du bekommst noch eine große surprise da unten.«
»Ach, bekomme ich das? Ist die denn fünfhundert Kronen wert?«
Sie zwinkerte ihm zu.
»Die Jungs mögen sie in der Regel.«
»Arbeiten Sie schon lange hier?«
»Ziemlich lange«, sagte sie. »Willst du jetzt ...«
»Wie lange denn schon?«
Er versuchte seinen Fragen den bestimmten Ton von Lars Marklund zu
geben. Das Lächeln der Frau erstarb augenblicklich.
»Seit einem halben Jahr. Bezahlst du jetzt, oder was?!«
»Wem gehört der Klub eigentlich?«
Sie zuckte mit den Schultern.
»Irgendwelchen Typen.« Sie streckte ihm die Hand mit den langen
roten Nägeln entgegen. »Fünfhundert, please!«
Per zog sein Portemonnaie aus der Tasche wie einen Köder, aber er
öffnete es nicht.
»Ich würde mich gerne mit den Besitzern unterhalten.«
Die Frau schwieg.
Dann öffnete er das Portemonnaie und zog die zweihundert Kronen
heraus. Er nahm ein Stück Papier und schrieb unter seine Telefonnummer: Rufen Sie mich an! Per Mörner
(Jerry Morners Sohn) .
Er reichte ihr das Geld und den Zettel.
»Die sind für Sie«, sagte er, »ich will auch gar nicht rein. Aber
bitten geben Sie den Zettel an Ihre Chefs weiter ... an denjenigen, der am
längsten dabei ist.«
Die Frau nahm alles entgegen, sah aber so gelangweilt aus wie am
Anfang.
»Ich werde sehen, was ich machen kann. Ich weiß nicht, ob er heute
Abend kommt.«
»Geben Sie ihm den Zettel einfach, wenn er kommt«, sagte Per. »Werden
Sie das tun?«
»Klar!«
Sie steckte sich schnell die Scheine ein. Den Notizzettel faltete
sie zusammen und legte ihn neben die Kasse. Dann setzte sie sich auf ihrem
Barhocker zurecht, richtete ihre Perücke und schien Per schon wieder vergessen
zu haben.
Er trat einen Schritt zur Seite, lauschte den Klängen und sah die
Treppe hinunter. Er musste wieder an Regina denken und hatte auf einmal die
Phantasie, dass sie dort unten im Keller auf ihn warten würde. Vielleicht saßen
auch Jerry und Bremer dort unten, zwei Leichen mit Zigarren im Mundwinkel, die
Hände auf Reginas Schenkeln. Wenn er bezahlen würde, könnte er hinuntergehen
und nachsehen.
Er drehte sich um und verließ den Shop.
Die Nacht würde er in einem Billighotel an der Autobahn außerhalb
der Stadt verbringen. Aber bevor er sich dorthin aufmachte, wollte er in der
Terränggatan vorbeifahren. Es war eine plötzliche Eingebung – er wollte nur
einmal sehen, wo und wie Bremer gelebt hatte.
Die Straße war ein düsterer Ort, obwohl die
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