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Blutstein

Blutstein

Titel: Blutstein Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Johan Theorin
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den Schweiß von der Stirn.
    »Die Polizei hat gesagt, dass er bei einem Brand umkam. Er war mit
irgendeinem suspekten Typen verabredet, und dann ist das Haus abgebrannt.«
    »Hatte es denn Streit gegeben?«
    »Streit? Das glaube ich nicht, die haben bestimmt nur zusammen rumgesessen
und gesoffen und geraucht, nehme ich an. Damit war Hasse die meiste Zeit
beschäftigt.«
    Ein Kleinkrimineller, der in viele verschiedene Geschäfte verwickelt
war – so hatte ihm die Polizei Hans Bremer auch beschrieben.
    »Aber – hatte er Feinde?«
    Bremers Schwester schüttelte den Kopf.
    »Das hat mich die Polizei auch gefragt ... Feinde hatte er keine. Aber
ausgenutzt wurde er, das weiß ich sicher.«
    »Inwiefern?«
    »Er hat anderen Geld geliehen, ihnen geholfen ... Hans war viel zu
gutgläubig, und er hatte keine richtigen Freunde, nur Superkumpels. Und ein
Mensch, der keine Freunde hat, der hat auch keine Feinde, oder?«
    Per war sich da nicht so sicher.
    »Hieß einer dieser Männer Markus Lukas?«, fragte er.
    »Markus Lukas? Nee, kenn ich nicht.«
    »Hans und er haben zusammengearbeitet, habe ich gehört ... Ihr Bruder
hat viel gearbeitet, oder?«
    Erneut schüttelte Ingrid den Kopf.
    »Hans hat immer so wenig wie möglich getan. Er hat immer behauptet,
er hätte einen Haufen Geld am Start, aber daraus ist wohl nie etwas geworden.«
    Per nickte. Er hatte eingesehen, dass Ingrid keine Ahnung von den
Geschäften ihres Bruders hatte. Er hatte sie schlichtweg angelogen.
    Schweigen und Lügen. Hier wie dort dasselbe.
    52
    M ax
war dunkelrot im Gesicht, er sah aus, als stünde er kurz vor einem Herzinfarkt.
    »Er ist dreizehn Jahre alt, Vendela!«
    »Was spielt es für eine Rolle, wie alt er ist, Max?«
    »Dreizehn! Er ist wie ein Achtzigjähriger!«
    »Ja, und? Er ist achtzig und gesund !«
    Ihr Streit am Montagabend hatte sich ausschließlich um Aloysius und
seine Gesundheit gedreht. Darüber hatten sie schon häufig Auseinandersetzungen
gehabt, aber sie drehten sich im Kreis.
    »Er ist nicht gesund!«
    »Doch, Max ... er läuft viel mehr als früher und bewegt sich viel
sicherer!«
    »Er ist blind !«
    Als die Äußerungen sich zu wiederholen begannen, waren sie beide
verstummt und sich aus dem Weg gegangen. Max hatte sich in sein Arbeitszimmer
zum Nachdenken zurückgezogen, Vendela war in die Küche gegangen. Während sie
stritten, hatte sich Aloysius im Hintergrund gehalten, aber nachdem Ruhe
eingekehrt war, kam er hinter ihr hergetapst und schnupperte an ihrem Bein.
    So sollte man keinen Streit beenden, das hatte sie Max schon so
häufig gesagt. Man sollte nicht einfach davonstürzen, ohne die Sache zu
bereinigen. Darin hatte er ihr immer wieder recht gegeben und diesen Rat sogar
in einem seiner Bücher angepriesen.
    Vendela wischte ein paar Brotkrümel von der rostfreien Spüle und
seufzte leise.
    Sie kamen da einfach nicht weiter, musste sie sich eingestehen. Es
gab nur zwei Möglichkeiten, sie trennten sich, oder sie mussten eine
Paartherapie anfangen – das Problem dabei war nur, dass Max ein alter
Psychologe war und alles besser wusste. Er hatte sich immer geweigert, zu
anderen Therapeuten zu gehen, weil er ihnen nicht traute.
    Sie holte ihr Notizheft hervor, setzte sich, griff nach dem Stift
auf dem Küchentisch und schrieb mit zitternder Hand ein paar hastige, krakelige
Zeilen nieder:
    Manchmal werden
wir Menschen von großem Kummer und dem Gefühl von Sinnlosigkeit übermannt.
Warum werden einige Menschen von größerem Unglück heimgesucht als andere? Warum
werden wir die ganze Zeit falsch verstanden oder schlecht behandelt? Niemand
weiß das.
    Aber auch die
Elfen kennen die Traurigkeit, sie leiden dann fürchterlich und können Schmerzen
empfinden, die viel tiefgehender sind als unsere.
    Das Wichtigste,
was uns ihr Leiden lehren kann, ist, dass ...
    Ja, was konnten uns die Elfen lehren? Vendela saß reglos am Tisch
und dachte nach, den Stift in der Hand. Aber ihr fiel nicht ein, wie sie den
Satz fortsetzen sollte.
    Sie klappte das Heft wieder zu und ging ins Badezimmer. Aber sie
griff nicht nach den Beruhigungstabletten, sondern trank ein Glas Wasser. Sie
sehnte sich nach der Alvar.
    Schnell zog sie sich die Laufsachen an und war fünf Minuten später
fertig. Sie streichelte Aloysius und öffnete die Haustür.
    »Bis später!«, rief sie.
    Aber sie bekam keine Antwort.
    Dieses Mal lief sie auf direktem Weg zum Elfenstein, mit großen
Schritten und geballten Fäusten. Ein paarmal stolperte sie über Grasbüschel

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