Blutstein
und schloss hinter sich ab.
Vendela sah sehnsüchtig zur Eingangstür, am liebsten wäre sie sofort
hinaus zum Elfenstein gelaufen, um nachzusehen, ob die Münze schon verschwunden
war. Sie nahm die übrig gebliebene Butter und formte mithilfe zweier Teelöffel
kleine Kugeln daraus.
So gelbgolde Butterkügelchen sahen toll aus auf einem Foto. Leider
verband sie mit Butter keine guten Erinnerungen, so lecker sie auch sein
mochte. Als kleines Mädchen hatte sie nämlich selber Butter per Hand herstellen
müssen – Henry hatte aus Birkenästen so eine Art Rührgerät angefertigt und
seiner Tochter beigebracht, wie man aus Sahne Butter machte. Acht Liter Sahne
benötigte man für ein Fässchen Butter. Das Buttern war furchtbar anstrengend,
und Vendelas Hände waren mit Blasen übersät gewesen.
Wenn man
Butterglück hat, geht es einem einfacher von der Hand , hatte ihr
Henry erzählt. Dann helfen
einem die Elfen bis ans Ende des Lebens beim Buttern. Aber um das Butterglück
zu erlangen, muss man sich bei Vollmond nackt auf einen Misthaufen setzen und
dort die Butter rühren. Dann ist der Buttervorrat des Hofes bis ans Ende aller
Tage gesichert.
Vendela stellte die Schale mit den Butterkugeln in den Kühlschrank.
Sie ging davon aus, dass ein alter Bauer sich dieses Butterglück-Ritual
ausgedacht hatte, weil er sich erhoffte, nackte Mädchen auf dem Hof herumhüpfen
zu sehen. Sie hatte sich damals nicht davon beeindrucken lassen und die Butter
weiterhin bekleidet hergestellt.
Eine Stunde später kam der junge Fotograf aus Kalmar angefahren. Er
wurde auf der Treppe von einem strahlenden Max in Empfang genommen, der
mittlerweile im Landhausstil gekleidet war, wie Vendela es ihm empfohlen hatte.
Die Männer verschwanden in der Küche, um die Motive und Winkel der Aufnahmen zu
besprechen. Vendela ging zur Straße, um die Zeitung aus dem Briefkasten zu
holen. Die Briefkästen der Sommerhäuser standen in einer Reihe am Straßenrand,
um dem Briefträger die Arbeit zu erleichtern.
Ein großer Mann in einer grünen Daunenjacke kam ihr entgegen, unter
den Arm hatte er seine Zeitung geklemmt. Es war Per Mörner.
Vendela drückte den Rücken durch und lächelte automatisch. Gestern
Abend hatte für einen Augenblick betretenes Schweigen geherrscht, als Jerry
Morner diese Zeitschrift auf den Tisch geworfen hatte. Aber das war schnell
wieder verflogen.
Erst da hatte sie ihn wiedererkannt, sie hatte ihn schon in mehreren
Interviews und Reportagen gesehen. In den Siebzigerjahren hatte sich Jerry
Morner vor allem in Nachtklubs und Edelbars herumgetrieben. Und er war einer
jener Pornoproduzenten gewesen, die das Bild der schwedischen Sündigkeit in der
Welt geprägt und dazu geführt hatten, dass die Amerikaner und Europäer Schweden
als ein Paradies betrachteten, wo alle Frauen immerzu wilden Sex haben wollten.
Vor dieser Zeit nämlich, als Vendela jung war, war Pornografie
verboten und durfte nicht verkauft werden. Danach wurde sie zwar erlaubt,
behielt aber ihre Anrüchigkeit. Heutzutage gab es keine klaren moralischen
Regeln mehr. An dem einen Tag schrieben die Zeitungen über die entsetzliche
Pornobranche, und in der nächsten Ausgabe erschien in denselben Blättern eine
Liste der besten Erotikfilme.
Sie nickte Per Mörner zu und wollte wortlos an ihm vorbeigehen, aber
er blieb stehen, und aus Höflichkeit hielt sie auch an.
»Vielen Dank nochmals für den Abend gestern bei Ihnen«, sagte er.
»Gern geschehen«, erwiderte sie. »Jetzt haben wir Nachbarn uns ein
bisschen besser kennengelernt.«
»Ja, genau.«
Sie schwiegen einen Augenblick, dann fasste sich Per ein Herz:
»Was diese Sache anbetrifft, über die mein Vater gestern gesprochen
hat ...«
Vendela kicherte nervös.
»Na ja, wenigstens war er ehrlich.«
»Ja, und er hat auch nichts Verbotenes getan«, fügte Per hinzu.
»Außerdem hat er jetzt auch nichts mehr damit zu tun.«
»Ach so.«
Wieder schwiegen sie. Vendela wollte Per gerade fragen, wie er sich
da so sicher sein konnte, als ihr Küchenfenster aufgerissen wurde.
»Vendela, wir sind so weit!«, rief Max. »Wir machen jetzt die
Aufnahmen von den Broten, kommst du?«
»Eine Sekunde!«, rief sie zurück.
Max’ Blick ruhte für einen kurzen Moment auf ihr und Per Mörner,
dann nickte er ihnen zu und schloss das Fenster.
Vendela fühlte sich von ihrem Mann gemaßregelt, sie hatte eine
schlechte Note in Betragen bekommen, und das nur, weil sie sich mit einem
Nachbarn unterhielt.
In einem Anfall von
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