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Blutstein

Blutstein

Titel: Blutstein Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Johan Theorin
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mein Junge ... Pelle.«
    Per hätte auch gerne die Wange eines Mädchens gestreichelt, so wie
sein Vater.
    »Ich heiße Per«, korrigierte er.
    Regina kicherte und wuschelte mit ihren schmalen Fingern durch sein
Haar.
    »Wie alt bist du denn, Per?«
    »Fünfzehn«, log er.
    Er fühlte sich wahnsinnig erwachsen in Jerrys Wagen und wurde immer
mutiger. Er lächelte Regina an und fand, sie sei das schönste Mädchen, das er
jemals gesehen hatte. Sie hatte ein wunderbares Lächeln, und er verliebte sich
von Sekunde zu Sekunde mehr in sie. Heimlich betrachtete er sie von der Seite,
ihre braun gebrannten Beine, die unter dem kurzen Kleid verschwanden, und ihre
schmalen Hände, die aus den Ärmeln der Lederjacke lugten. Ihre Finger
flatterten durch die Luft wie Schmetterlinge, wenn sie sich mit Jerry oder dem
Fahrer unterhielt. Per konnte nur seinen Hinterkopf sehen, er hatte breite
Schultern und dickes schwarzes Haar – wahrscheinlich ein guter Freund von
Jerry. Sein Vater hatte viele Freunde.
    Dann fuhren sie los. Per spürte, wie seine Beine und sein Rücken
sich streckten – kein Blick zurück, ob seine Mutter dort stand und winkte oder
schon zurück ins Haus gegangen war. Seine Mutter war augenblicklich vergessen,
denn er saß neben Regina, und sie lächelten sich an.
    Im Wagen roch es nach Zigarren, alle Autos von Jerry rochen so.
    Sie fuhren hinaus aufs Land, später konnte sich Per nicht erinnern,
wohin sie gefahren waren. Nur, dass sie stundenlang unterwegs waren und am Ende
an einem Kiesweg ankamen, mitten in einem dichten Fichtenwald. Ein
südschwedischer Wald.
    »Ist das in Ordnung hier?«, fragte der Mann hinterm Steuer.
    »Klar doch«, antwortete Jerry und hustete. »Das wird Bombe, Markus.«
    Dann hielt der Wagen an.
    »Pelle«, sagte Jerry, als alle ausgestiegen waren. »Jetzt gehen
Regina, Markus Lukas und ich für eine Weile in den Wald.« Er packte Per bei den
Schultern und sah ihm ernst ins Gesicht. »Aber du hast einen wichtigen Job,
während du hier beim Wagen bleibst: Du hältst Wache und wirst dafür bezahlt.
Das Wichtigste an einem Job ist nämlich, dass man dafür Kohle bekommt.«
    Per nickte – das war sein erster Job.
    »Und wenn jemand kommt?«
    Jerry zündete sich eine neue Zigarre an. Er ging zum Kofferraum und
öffnete die Klappe.
    »Dann sagst du, dass hier eine Militärübung stattfindet«, sagte er
und lächelte. »Sag, dass scharf geschossen wird und keiner da hineinlaufen
darf.«
    Per nickte erneut. Jerry und Markus Lukas warfen sich schwere
Stofftaschen über die Schultern und verschwanden mit Regina zwischen den
Bäumen. Sein Vater winkte ihm zu.
    »Bis später. Dann machen wir ein Picknick!«
    Per blieb allein beim Wagen zurück, die Sonne spiegelte sich in dem
roten Lack, und die Fliegen surrten über den Waldboden.
    Er lief ein Stück den Weg hinunter und sah sich um. Keine
Menschenseele zu sehen, kein Laut zu hören. Wenn er sich konzentrierte, meinte
er in der Ferne Reginas Lachen hören zu können. Ein einziges Mal. Oder war es
ein Schrei?
    Zäh verging die Zeit. Der Wald sah dunkel und undurchdringlich aus.
Da meinte er, Reginas Schreie zu hören, mehrfach.
    Schließlich hatte er sich vom Wagen entfernt und war Jerry und den
anderen beiden in den Wald hinterhergegangen, ohne genau zu wissen, welchen Weg
sie genommen hatten.
    Ein kleiner Pfad schlingerte sich zwischen den Bäumen hindurch. Er
folgte ihm eine steile Böschung hinauf, einem kleinen Kamm folgend, um Moos
besetzte Steine herum und wieder einen Abhang hinunter. Per erhöhte sein Tempo
– und hörte plötzlich Männerstimmen und Regina. Sie schrie mitten im Wald, laut
und lang anhaltend.
    Per lief, so schnell er konnte.
    Die Fichten gaben den Weg frei, und plötzlich stand er auf einer
sonnendurchfluteten Lichtung.
    »Lass sie los!«, brüllte er.
    Die Sonne schien wie ein Scheinwerfer auf den Waldboden der
Lichtung. Dort lag Regina, nackt auf einer Decke, nur mit einer blonden
langhaarigen Perücke bekleidet. Sie war braun gebrannt, aber ihre Brüste
leuchteten strahlend weiß.
    Der Fahrer des Wagens, Markus Lukas, war ebenfalls nackt. Er lag auf
Regina.
    Und auch Jerry, der neben ihnen mit einer großen Kamera bewaffnet
stand, hatte kein Kleidungsstück am Körper. Er drückte unablässig auf den Auslöser, klick, klick, klick .
    Pers Gebrüll hatte Regina zusammenzucken lassen, sie sah ihn kurz
an, wandte aber schnell ihr Gesicht ab.
    Jerry ließ die Kamera sinken und drehte sich wütend zu ihm um.
    »Pelle, was

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