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Blutstein

Blutstein

Titel: Blutstein Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Johan Theorin
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Stimme hinter ihm.
    Sein Vater hatte das Zimmer betreten.
    »Das Essen ist gleich fertig, Jerry. Du kannst dich schon hinsetzen
... Ostereier, das magst du doch, oder?«
    Jerry nickte und setzte sich.
    »Du darfst so viele essen, wie du willst«, versprach Per und fuhr
fort, den Tisch zu decken.
    Ehe er rausging, um die Kinder zu holen, wandte er sich an seinen
Vater:
    »Heute keine Zeitschriften auf dem Esstisch.«
    Während des Essens schwieg Jerry. Auch die Zwillinge sprachen nicht
viel. Jeder aß seine Eier und hing seinen eigenen Gedanken nach.
    »Wart ihr unten am Strand?«, fragte Per.
    Nilla nickte bedächtig. Sie sah müde und blass aus, ihre Stimme
klang schwach und dünn.
    »Wir sind in den Steinbruch gegangen, und Jesper hat ein Skelett
gefunden.«
    Jesper schüttelte den Kopf.
    »Es war nur ein kleiner Knochen ... ich glaube, es ist ein Stück von
einem Finger.«
    »Einem Finger?«, sagte Per fassungslos. »Von einem Menschen?«
    »Ja, ich glaube schon.«
    »Wo habt ihr den denn gefunden?«
    »Unter einem Steinhaufen. Ich habe ihn in meinem Zimmer.«
    »Der stammt wahrscheinlich von einem Tier, wir können uns das später
in Ruhe ansehen«, sagte Per und schälte sein Ei. »Aber eigentlich soll man
keine Knochen vom Boden aufheben, da können Bakterien dran sein und ...«
    Aber Jesper schien ihm nicht zuzuhören, mit vor Entsetzen
aufgerissenen Augen starrte er an Per vorbei.
    »Papa!«, schrie er. »Nilla!«
    Neben Per hatte Nilla ihr Ei auf den Teller fallen lassen und war
nach vorn gesunken, ihr Kopf hing tief, und sie rutschte langsam zur Seite weg.
    Auf der Tischdecke waren kleine Blutstropfen, und als sie hustete,
wurden es mehr.
    Per griff nach ihrem Arm.
    »Nilla!«
    Er bekam sie zu fassen, ehe sie zu Boden glitt. Sie sah ihn mit
schweren Augenlidern an.
    »Was? Was ist los?«, sagte sie. Es klang, als würde sie im Schlaf
sprechen. »Soll ich ...?«
    Dann verstummte sie und sank in sich zusammen. Per hielt sie sicher
im Arm.
    »Es ist alles in Ordnung«, sagte er leise. »Alles in Ordnung.«
    Aber das war falsch, nichts war in Ordnung – seine Tochter war
plötzlich fiebrig rot im Gesicht. Ihr Puls raste, und ihr Körper hatte jegliche
Spannung verloren, sie war ohnmächtig geworden.
    Das gemeinsame Essen wurde schlagartig abgebrochen. Jerry saß stumm
auf seinem Platz und starrte entgeistert auf die Blutstropfen auf der
Tischdecke. Jesper war aufgesprungen und sah seine Schwester mit aufgerissenen
Augen an.
    Per legte Nilla aufs Sofa. Da hustete sie und öffnete die Augen.
    »Mir ist kalt«, flüsterte sie.
    Per erinnerte sich an die Worte des Arztes in Kalmar über die neue
Medizin, die sie jetzt nahm. Sie reduzierte die Abwehrkräfte und begünstigte so
Infektionen. Er sah zu Jesper.
    »Nilla wird es bald wieder gut gehen«, beruhigte er ihn. »Aber ich
muss sie zurück ins Krankenhaus bringen ... Kann ich dich mit Opa allein lassen?«
    Jesper nickte.
    »Und kannst du Mama anrufen?«
    Der Parkplatz des Krankenhauses war leer, und auch in der Klinik
herrschte kaum Betrieb, aber natürlich war die Notaufnahme besetzt. Nilla wurde
rasch auf ein Bett gelegt und einen Flur hinuntergeschoben. Per blieb nichts
anderes übrig, als in ihre alte Abteilung zu gehen und dort zu warten.
    Er setzte sich auf einen Stuhl im Flur, er kannte sich mittlerweile
ja ganz gut aus. Dann wartete er und wartete.
    Fast eine Stunde später wurden die Türen der Abteilung aufgestoßen,
und Marika und ihr Mann Georg kamen herein. Georg war braun gebrannt und trug
einen dunklen Anzug, wie schon bei ihren letzten beiden Begegnungen.
    »Der Arzt will mit uns sprechen«, sagte Marika.
    Per kannte den Arzt nicht, der an diesem Abend Dienst hatte. Er hieß
Stenhammar und war jünger als der vorherige. Aber sein Blick war genauso ernst,
als er sie in sein Büro führte und sich hinter seinen Schreibtisch setzte.
    »So, ich habe gute und schlechte Nachrichten.«
    Niemand sagte ein Wort, daher fuhr er fort:
    »Die gute Nachricht ist, dass wir das Fieber senken konnten.
Pernilla kann bald aus der Intensivstation entlassen werden.«
    »Können wir sie dann heute Abend wieder mit nach Hause nehmen?«,
fragte Marika, obwohl es Pers Wochenende war.
    Stenhammar schüttelte den Kopf.
    »Das sind die schlechten Nachrichten«, sagte er. »Pernilla kann
vorerst nicht nach Hause. Wir müssen sie hierbehalten.«
    »Wie lange denn?«, fragte Marika.
    Der Arzt schwieg eine Weile. Dann hob er an zu einem langen und
detaillierten Vortrag über

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