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Blutstein

Blutstein

Titel: Blutstein Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Johan Theorin
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gehen.
    »Was machst du jetzt?«, fragte Jesper.
    »Ich muss nach einem Stein suchen«, antwortete Per, »einem
Glücksstein.«
    Da fiel ihm etwas anderes ein.
    »Was hattet ihr noch mal im Steinbruch gefunden? Einen Knochen?«
    »Hmm. Der liegt in meinem Zimmer, im Bücherregal.«
    Per ging in Jespers Zimmer. Er versuchte, sich nicht über die
Unordnung aufzuregen, öffnete aber das Fenster, um zu lüften. Dann sah er das
Regal durch.
    Der Knochen lag zwischen Jespers Büchern und Spielen und war
ziemlich klein, nur vier oder fünf Zentimeter lang. Seine Oberfläche war
gelbgrau und fühlte sich rau an, er hatte wohl viele Jahre draußen gelegen und
war dadurch trocken und brüchig geworden.
    Per musste zugeben, dass Jesper und Nilla recht hatten, der Knochen
sah tatsächlich aus wie ein abgebrochener menschlicher Finger.
    31
    D a
ihre Eltern schon gestorben waren und sie keine gemeinsamen Kinder hatten,
würden Max und Vendela Ostern nur zu zweit in ihrem neuen Sommerhaus feiern.
Vendela störte das nicht besonders, für sie war es kein so wichtiger Feiertag.
    Vendelas erwachsene Tochter Carolina aus ihrer Ehe mit Martin hatte
am Morgen aus Dubai angerufen und frohe Ostern gewünscht. Sie würde erst zu
Mittsommer wieder nach Schweden zurückfliegen. Max hatte drei Kinder aus erster
Ehe, aber seine Tochter hatte sich vor zwei Jahren mit ihm überworfen, nachdem
er Sachen über ihre Mutter gesagt hatte, die ihr nicht gefielen. Danach war es
ihr gelungen, die beiden Brüder auf ihre Seite zu ziehen, und seitdem herrschte
Funkstille.
    Außerdem war Vendela als Stiefmutter ohnehin ein Hassobjekt, das
wusste sie. So war es von Anfang an gewesen.
    Sie hatte vom Grundstück des alten Bauernhofs ein paar Birkenzweige
mitgenommen. Und obwohl ihr davon die Nase lief und juckte, nahm sie die Zweige
als Dekoration mit ins Haus. Mehr benötigte man eigentlich nicht, um eine
österliche Stimmung zu schaffen.
    Es war Zeit fürs Abendessen. Vendela hatte keine Lust mehr auf
Kochen – in Kühlschrank und Tiefkühltruhe waren auch noch Reste vom
Nachbarschaftsfest –, aber sie würde trotzdem noch einiges auf den Tisch
bringen müssen. Schließlich war Ostern: ein paar Eier, ein bisschen Hering und
Kartoffeln, Wein. Einen Bordeaux hatte sie schon geöffnet und sich ein Glas
eingeschenkt.
    Die Tür zu Max’ Arbeitszimmer war geschlossen, er hatte den ganzen
Tag an einem seiner Arbeitstische gesessen und wollte nicht gestört werden. Max
bereitete sich auf eine Lesereise vor, die er nach Ostern antreten würde, außerdem
waren die ersten hundert Umbruchseiten von Maximal gutes Essen von seinem Verlag
eingetroffen. Gestern hatten sie das letzte Rezept an den Lektor geschickt, das
Projekt stand kurz vor der Vollendung. Früher oder später würde Max bestimmt
auf sie zukommen und sie bitten, noch einmal Korrektur zu lesen.
    Die Abzugshaube dröhnte, und Eier und Kartoffeln kochten in ihren
Töpfen auf dem Herd. Ihr Notizheft mit den Aufzeichnungen über die Elfen lag
auf der Küchenbank. Vendela hatte einen Stift in der Hand und schrieb sich
vereinzelte Formulierungen auf, während sie die Kochtöpfe im Auge behielt. Sie
musste an die Kinder von Max denken, die noch nicht einmal angerufen hatten, um
ihrem Vater frohe Ostern zu wünschen. Sie stellte das Weinglas ab und schrieb:
    In der Welt der
Elfen gibt es keinen Streit und keine Konflikte, Elfen leben in vollkommener
Harmonie. Wie ist das möglich?
    Das liegt an
ihrem Erkenntnisvermögen. Die große Gabe der Elfen ist es, etwas aus allen
Perspektiven gleichzeitig betrachten zu können. Ganz im Gegensatz zu vielen engstirnigen
Menschen, und deshalb herrscht auch nie Unfrieden. Die Elfen kennen ihren Platz
in der Welt und beschäftigen sich mit wichtigeren Dingen als
Auseinandersetzungen.
    Allerdings durfte sie nicht vergessen, dass die Elfen vor langer
Zeit einen Krieg gegen die Trolle geführt hatten, bei dem viel Blut geflossen
war. Musste sie nicht auch davon erzählen?
    Hinter ihr begann in diesem Augenblick ein Wecker zu summen, die
Eier waren fertig. Sie hob den sprudelnden Kochtopf vom Herd und ließ kaltes
Wasser hineinlaufen.
    Zwölf Eier hatte sie gekocht, weiß und hart, aber sie selbst würde
kein einziges davon essen. Sie hatte den Kampf gegen den Hunger gewonnen, seit
sie auf der Insel angekommen war. Wenn sie nur genügend Eier kochte, verlor Max
den Überblick, ob sie schon eines gegessen hatte oder nicht.
    Sie kehrte zu ihrer Bank zurück und fuhr mit ihren

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