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Blutstern

Blutstern

Titel: Blutstern Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dieter Woelm
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über der Stirn und Perlenschmuck an den Ohren reich verziert. Um den Hals trugen sie weit ausladende Halskragen aus Perlschmuck, Ober- und Unterarme waren durch perlenbestickte Lederbänder geschmückt. Ihre kräftigen Füße steckten in braunen Ledersandalen und um die Lenden hatten sie rote Wickeltücher geschlungen.
    Tagsüber war das Massai-Dorf eher ausgestorben. Nur Frauen und ältere Männer hockten vor ihren Hütten. Die Frauen brachten Thomas in breiten Schalen eine Mischung aus Milch und Blut, die er gierig trank. Ich will leben, dachte er, muss wieder zu Kräften kommen.
    Abends kehrten die Morani, die jungen Krieger, mit den Ziegen, Schafen und Rindern von den Weiden zurück. Von Weitem hörte man das Blöken und Brüllen und Stampfen der Tiere, die in den Viehkral getrieben wurden. Kurz darauf nahm ein älterer Massai mit kahlgeschorenem Kopf und Armreifen aus Elfenbein Thomas zur Seite. Er führte ihn in den Viehkral zu den Ziegen und bat ihn, eine auszusuchen. Thomas wehrte sich einen Moment lang, begriff dann aber, dass sie für ihn ein Tier schlachten würden und dies eine große Ehre war. Er wusste aus einem Fernsehbericht, dass sie damit ihre Gastfreundschaft bewiesen. Also zeigte er auf eine weiße Ziege, die sofort von zwei jungen Morani gepackt und erstickt wurde. Nachdem die Ziege gebraten war, nahmen die Morani Thomas in ihre Mitte und begleiteten ihn zu einem Baum auf einem Hügel in der Nähe des Dorfes. Dort wurde das Fleisch unter den Männern verteilt, während die Frauen bei ihren Hütten aßen. Thomas saß ratlos unter den jungen Männern, deren lange rötliche Haare zu feinen Zöpfen geflochten waren. Er zögerte mit dem Essen und musterte sorgsam den Schmuck dieser Krieger. Bunte Perlenbänder schmückten Stirn und Hals und über den muskulösen Oberkörpern hingen gekreuzte Ketten.
    Â»Meat good«, munterte ihn einer der jungen Morani auf. »Eat, eat!«
    Mein Gott, der sprach Englisch. Thomas war augenblicklich hellwach. »Meat good«, antwortete er freudig, obwohl das Fleisch der Ziege ziemlich zäh war. »Meat very good.«
    Als Thomas endlich wieder auf der Lederpritsche in seiner Hütte lag, blieb er noch lange wach, weil überall Stimmen zu hören waren. Das ganze Massai-Dorf schien in dieser Nacht aufgewühlt zu sein und nicht zur Ruhe zu kommen.
    Â 
    Â»Hello, you come with me?«, hörte er am nächsten Morgen eine Stimme und sah noch im Halbschlaf den Kopf des Englisch sprechenden Massai im Eingang seiner Hütte erscheinen.
    Â»Where do you wanna go?«, fragte Thomas ihn.
    Â»To the river, take a bath.«
    Das ließ sich Thomas nicht zweimal sagen. Seine Haut war rußgeschwärzt, sein Haar verfilzt, sein Bart struppig – was konnte es Schöneres geben als sich endlich zu waschen? Rasch folgte er dem Massai zu den Hügeln in der Nähe des Dorfes und sah das Flussbett hell in der Ebene glänzen. Viel Wasser führte der Fluss nicht, aber der Massai brachte Thomas zu einer knietiefen Stelle, an der man sich ins Wasser legen konnte. Er besaß sogar ein Stück Seife, das er Thomas gab.
    Â»Very good!«, lachte Thomas glücklich, während er seine Unterhose und sein Unterhemd auswusch und am Ufer zum Trocknen auslegte.
    Â»Yes, very good!«, freute sich der Massai, der sich inzwischen als Nelion vorgestellt hatte und im Fluss lag.
    Â»Woher kannst du Englisch?«
    Â»Ich war in der Schule«, antwortete Nelion.
    Â»Und nun besuchst du sie nicht mehr?«
    Â»Nein, jetzt gehöre ich zu den Morani und hüte die Tiere oder ich tanze für die Touristen.«
    Nachdem sie ausgiebig gebadet hatten, gab Nelion irgendwann das Signal zum Aufbruch. Mein Gott, war das ein Gefühl, sauber und in gewaschener Wäsche den Hütten des Massai-Dorfes entgegenzugehen. Thomas war so glücklich wie lange nicht mehr.
    Â»Gibt es in der Nähe einen Ort oder ein Hotel?«, fragte er.
    Â»Ja, aber es ist weit.«
    Â»Wie weit?«
    Â»Zu Fuß sechs Stunden.«
    Â»Und wo ist das?«
    Â»Serena Lodge, Massai Mara«, kam die Antwort.
    Â»Warst du bereits in der Lodge?«
    Â»Ab und zu tanzen wir dort.«
    Â»Und wie kommt ihr hin?«
    Â»Sie holen uns mit einem Lastwagen ab.«
    Â»Meinst du, da könnte ich mitkommen?«
    Â»Ich weiß nicht, das bestimmt der Laibon.«
    Â»Wer ist der Laibon?«
    Â»Das ist

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