Blutstern
aber sie müssten das klären. Rotfux â schoss Thomas Drucker ein Gedanke durch den Kopf. Klar, Sabine hatte ihn sicher als vermisst gemeldet und Rotfux natürlich Interpol eingeschaltet. Er konnte von Glück sagen, dass sie nicht seine Kreditkarte gesperrt hatten, sonst wäre er völlig aufgeschmissen gewesen.
Im Büro der Zollabfertigung trat ihm ein groà gewachsener Beamter entgegen, der ebenfalls in einer dunkelblauen Uniform steckte, wie alle in diesem Bereich. Er sah in seinen Pass und begrüÃte ihn. »Hello, Mister Drucker.«
»Please, Sir, my plane is going ⦠«, stammelte Thomas nervös.
Der Zollbeamte lieà sich davon nicht beeindrucken. Er setzte sich hinter seinen Laptop und schien etwas aufzurufen. »Yellow notice«, murmelte er, »Kommissar Rotfux, Aschaffenburg«, konnte Thomas verstehen, obwohl es in der englisch gefärbten Aussprache seines Gegenübers seltsam klang.
»Yes, Rotfux«, sagte Thomas, »I know him, maybe we can call him?«
Der Beamte lächelte. »Maybe ⦠«
Er wählte eine ziemlich lange Nummer und wartete. Thomas Drucker lief es heià und kalt den Rücken hinunter. Mein Gott, lass ihn abnehmen, dachte er. Lass mich meine Maschine bekommen.
»Hello, Mister Rotfux?«
Der Beamte schien Rotfux dran zu haben. Er sprach eine Zeit lang mit ihm, Thomas Drucker verstand, dass es um sein Verschwinden ging, dann gab der Beamte an ihn weiter. »Please, speak with Mister Rotfux.«
Rotfux war am anderen Ende der Leitung völlig aus dem Häuschen. »Hallo, Herr Drucker, ist es wahr? Sie sind tatsächlich in Nairobi?«
»Ja, ich wollte gerade zurück nach Deutschland fliegen, werde aber an der Passkontrolle aufgehalten.«
»Das macht nichts, Herr Drucker, das macht gar nichts, Hauptsache Sie leben!« Kommissar Rotfux überschlug sich vor Freude.
»Aber ich werde meine Maschine verpassen.«
»Das Wichtigste ist, dass sie leben, alter Freund«, jubelte Rotfux am anderen Ende der Leitung. Er schien seine Wortwahl nicht mehr ganz unter Kontrolle zu haben und Thomas spürte selbst über die Telefonleitung seine unbändige Freude. »Haben Sie schon irgendjemanden informiert?«
»Nein, habe bisher keine Verbindung zu Sabine bekommen.«
»Sehr gut. Bitte tun Sie das auch nicht. Hier ist inzwischen einiges passiert. Wir dürfen kein Risiko eingehen. Wann und wo kommt Ihre Maschine an?«
»Morgen um 10.05 Uhr in Frankfurt.«
»Gut, Herr Drucker, ich werde Sie abholen. Bitte achten Sie in der Ankunftshalle auf mich. Jetzt geben Sie mir bitte nochmals den Beamten, mit dem ich vorhin gesprochen habe. Ich hoffe, ich kann ihn überzeugen, dass er Sie fliegen lässt.«
Nach einigen Minuten war alles klar. Der Zollbeamte lächelte und gab Thomas Drucker seinen Pass. »We are happy, that we found you«, sagte er stolz. »Mister Rotfux will pick you up at Frankfurt airport.«
Er brachte ihn höchstpersönlich zum Gate, begleitete ihn sogar noch an Bord der Maschine, wahrscheinlich wollte er sehen, ob wirklich alles klar ging. Thomas war sehr erleichtert, als die britische Stewardess mit dem blau-rot-weià gestreiften Halstuch ihm seinen Platz anwies. Gott sei Dank, geschafft, dachte er und lieà sich in den Sitz fallen.
Die meiste Zeit während des Fluges schlief er. In London nahm er bei der Zwischenlandung ein kurzes Frühstück zu sich und kam wie vorgesehen in Frankfurt an. Gespannt wartete er bei der Gepäckausgabe an Terminal 2 auf seinen Speer. Wenig später hatte er die Passkontrollen hinter sich und ging samt Speer durch den Ausgang für die ankommenden Passagiere.
Gedanken tanzten in seinem Kopf. Er freute sich auf Sabine und gleichzeitig hatte er Angst. Er hatte sie nicht benachrichtigt. In Kenia bekam er zunächst keine Verbindung zu ihr, und anschlieÃend hatte es ihm Rotfux untersagt. Er hatte überhaupt nichts auÃer dem Massai-Schmuck, dem Speer, seinem Pass und seiner Kreditkarte retten können, sah aus wie ein heruntergekommener Streuner, bärtig, unrasiert, mit wild wuchernden Haaren, unter denen seine Ohren inzwischen völlig verschwunden waren.
»Hallo, Herr Drucker«, riss ihn die Stimme von Rotfux aus seinen Gedanken. »Kommen Sie«, sagte er und schritt voraus. Er trug wie üblich einen gelben Pulli, der kräftig über seinem Bauch spannte. Solange sie über die
Weitere Kostenlose Bücher