Blutstern
Laden um die Ecke einkaufen. Meine Beine wollen nicht mehr.«
Thomas Drucker schloss seine Wohnungstür und lieà sich in den Ohrensessel fallen. Hallo, neues Leben, dachte er. Hallo, Zukunft. Was sie ihm wohl bringen würde? Es war ein gutes Gefühl, jetzt Peter Hauser zu sein. Hier würden ihn seine Verfolger nie vermuten. Und so wie er jetzt aussah, würden sie ihn nicht einmal erkennen. Er ging ins Bad und schaute in den Spiegel. Hallo, Peter Hauser, dachte er. GrüÃe dich, ich wünsche dir viel Glück! Er sah seine blonden Haare, die dicke Hornbrille, den hellen Bart, und musste innerlich lachen. Dieser Rotfux hatte alles perfekt ausgetüftelt. Toll, dachte er, jetzt machâ ich einen Probelauf durch die Stadt.
Er ging die FrankenstraÃe entlang, in die BayernstraÃe, vorbei am Landratsamt, in Richtung Innenstadt. Niemand nahm besondere Notiz von ihm. Bald erreichte er das Zentrum und besuchte die Zentrale der Sparkasse, um seine neue EC-Karte zu testen. Alles funktionierte einwandfrei. Doch die Feuerprobe stand ihm noch bevor. Was würde passieren, wenn er jemandem begegnete, den er von früher kannte? Konnte er seiner Vergangenheit ins Auge schauen, ohne dass man ihn entlarvte? Testweise besuchte er die Metzgerei in der Sandgasse, in der er bekannt war. Die Metzgersfrau stand wie üblich hinter der Theke und bediente ihn. Aber sie hatte ihn nicht mit Namen begrüÃt. Nicht einmal, als er zwei Sandgassenwürmchen kaufte, eine Spezialität der Metzgerei, die er früher immer bestellt hatte, wurde sie aufmerksam. Test eins bestanden, dachte er. Weitere Versuche liefen perfekt. Weder in seinem Buchladen noch bei der Bäckerei oder im Schreibwarenladen erkannte man ihn.
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In den nächsten Tagen versuchte er, mit Sabine in Kontakt zu kommen. Er lauerte ihr vor ihrem Elternhaus auf, bis sie am späten Abend erschien. Er ging auf sie zu, aber sie sah wie durch ihn hindurch, schien ihn gar nicht zu bemerken und verschwand im Haus. Wenn es noch eines Beweises bedurfte, dass ihn niemand erkannte, so hatte ihn Sabine geliefert.
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Zwei Wochen später besuchte der Kommissar Thomas Drucker in seiner kleinen Wohnung.
»Es ist so weit, Herr Hauser. Jetzt kommt unsere groÃe Chance, auf die ich gewartet habe. Hier, sehen Sie mal.«
Rotfux zeigte ihm eine Stellenanzeige aus dem Main-Echo. âºMarketingleiter gesuchtâ¹ war da zu lesen.
»Ihre ehemalige Stelle ist ausgeschrieben. Die Firma Flieger-Moden rechnet wohl nicht mehr mit Ihrer Rückkehr aus Kenia. Das ist unsere Chance. Sie müssen sich unbedingt bewerben, Herr Hauser.«
Es kam Thomas komisch vor, dass ihn der Kommissar mit seinem neuen Namen ansprach, aber im Grunde war es natürlich richtig.
»Ich weià nicht, Herr Kommissar«, zögerte er. »Ist das nicht viel zu gefährlich? Die Inhaber, die Sekretärinnen, der Hausmeister, alle kennen mich. Ich fliege bestimmt auf.«
»Aber es ist unsere groÃe Chance. Ein gewisses Risiko müssen wir eingehen, wenn wir den Fall endlich lösen wollen«, widersprach Rotfux.
Er erhob sich vom gemütlichen Sofa im Wohnzimmer und reichte Thomas Drucker die Stellenanzeige. »Hier, die können Sie behalten. Bewerben Sie sich bitte umgehend. Passbilder haben Sie, einen Lebenslauf hatten wir gemeinsam entwickelt, alle Zeugnisse liegen Ihnen vor. Es wird bestimmt klappen. Immerhin kennt sich keiner der Bewerber so gut mit Flieger-Moden aus wie Sie.«
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Tatsächlich wurde Thomas Drucker alias Peter Hauser nach einiger Zeit zum Vorstellungsgespräch bei Flieger-Moden eingeladen. Der Personalchef bat ihn in das Besprechungszimmer der Geschäftsleitung, welches er von den Besprechungen mit den Inhabern kannte.
Der Personalchef stellte zunächst Michael Hofmann vor.
»Herr Hofmann kümmert sich zurzeit um die Marketingaktivitäten der Firma, solange sein Onkel Bernhard es nicht tun kann. Sie haben vielleicht gehört, dass er abkömmlich ist, aber im Moment können wir es nicht ändern.«
»Ich habe davon gehört«, sagte Thomas Drucker. »Es tut mit leid für Ihre Firma.«
Michael Hofmann nickte bei diesen Worten freundlich und deutete auf den stattlichen, braun gebrannten Herrn neben sich, der ihn mit seinen dunklen Augen musterte.
»Das ist mein Onkel Martin Flieger. Er ist für Personal und Organisation zuständig.«
Nach der Vorstellung drehte sich das
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