Blutstrafe - Thriller
glich in gespenstischer Weise den Worten, die Patrick Cardone zitiert hatte, der Kollege des ermordeten Verkäufers.
Du bist ein Zeuge der Geschichte. Ich beneide dich.
Meine Vermutung war, dass wir über einen Typen sprachen, der in Schnapsidee-Komposition eine eins gekriegt hatte und dies allen Menschen mitteilen wollte – um ihnen seinen Größenwahn als Intelligenz zu verkaufen. Die einzige Möglichkeit, diese Art von Aufmerksamkeit auf sich zu ziehen, bestand in gemeinem, kaltblütigem Mord.
Leider war er, wenn ich Recht behalten sollte, tatsächlich schlau und dazu noch vorsichtig. Unterschiedliche Aufmachung, kaum erkennbares Gesicht, keine Fingerabdrücke.
Die Frage blieb, ob er derselbe war, der das Mädchen vor die U-Bahn gestoßen hatte. Keine Waffe, keine neckische Botschaft, und er hatte sich gezeigt. Doch auch in diesem Fall passte die Personenbeschreibung.
Nun, zumindest hatte es in Manhattan in den letzten Stunden keinen Mord mehr gegeben. Vielleicht würden wir mit etwas Glück herausfinden, dass sich der Knallkopf selbst erschossen hatte. Dies war jedoch wenig wahrscheinlich. Er schien viel zu systematisch vorzugehen, um Selbstmord zu verüben. Und abgesehen davon hatte ich auch erst im nächsten Monat Geburtstag.
Ich klappte meinen Rechner zu und ließ meinen Blick über die Football-Helme, die Musikinstrumente und den kitschigen Schnickschnack gleiten, der an der berühmten Decke der Bar im 21 Club hing. Der Barmann hatte mir erzählt, dass der Club die Spielzeuge, wie er sie nannte, im Lauf der vergangenen 100 Jahre von Filmstars, Verbrechern und Präsidenten geschenkt bekommen hatte.
Der Gedanke, dass Humphrey Bogart genau an diesem Tisch, an dem ich saß, mit Hemingway einen gezwitschert hatte, weckte in mir die Lust auf einen schnellen Hamburger. Ich griff zur Speisekarte, musste die Preise aber zweimal lesen, bevor mir klar war, dass ich nicht halluzinierte.
30 Piepen?
» Ich schau dir in die Augen, Kleines«, murmelte ich, während ich mich erhob.
Auf dem Weg nach draußen betrachtete ich die Fotos an der Wand hinter dem Reservierungsbuch. Auf jedem lächelte der verstorbene Oberkellner, der » nette Kerl« Joe Miller, mit einer hochrangigen Persönlichkeit. Ronald Reagan, Johnny Carson, Tom Cruise, Derek Jeter. » Jeder gute Oberkellner bringt den Gast dazu, den Platz zu wählen, den er ihm anweist«, hatte der Restaurantleiter mir erklärt. » Joe verfügte über die seltene Fähigkeit, sein Gegenüber davon zu überzeugen, dass seine Wahl besser war als die eigene.«
Miller hatte, seitdem er vor 33 Jahren als Hilfskellner angefangen hatte, keinen Tag blaugemacht. 33 Jahre, und an diesem Abend mussten sich seine beiden studierenden Töchter und seine Witwe fragen, wie ihr Leben weitergehen sollte.
Draußen auf der 52nd Street war es dunkel geworden. Unglaublich, dass die Zeit auch an schlechten Tagen wie diesem wie im Flug vergehen kann, dachte ich erschöpft.
Ebenso wenig konnte ich glauben, dass der 21 Club an diesem Abend geöffnet blieb. Eine Schlange herausgeputzter, schöner Menschen füllte den Bürgersteig und wartete ungeduldig auf Einlass. Vielleicht verübte der Mord eine besondere Anziehungskraft.
Der Restaurantleiter wartete an der Tür nervös winkend auf mein Zeichen, dass er das Absperrband entfernen konnte. Sein Anstand angesichts des Todes seines Mitarbeiters hatte genau eine New Yorker Minute gedauert. Ein fetter Polizist im Einweg-Overall hievt eine Leiche aus dem Weg, und mit deprimierend wenig Kummer geht das Leben weiter.
Der Restaurantleiter knüllte das gelbe Absperrband zusammen, während er wieder unter die Markise eilte. Vielleicht würden sie es zu den anderen Spielsachen an die Decke hängen, dachte ich zum fröhlichen Abschied – der Beitrag des New York Police Department zur Lebensart der Reichen und Berühmten.
Ich überlegte, wo ich mein Auto geparkt hatte, als ich losmarschierte.
21
Seit dem Anruf von Commissioner Daly am Vormittag gingen mir seine Worte, dass er mich für diese Ermittlungen persönlich ausgewählt hatte, nicht mehr aus dem Kopf. Auch während der Heimfahrt nicht. Ich war tierisch nervös wegen dieses Falls, wie ich mir eingestehen musste. Aller Wahrscheinlichkeit nach würden wir diesen Kerl zumindest dann schnappen, wenn er seine Serie fortsetzte.
Doch genau dies war das Problem. Wie viele Menschen müssten noch daran glauben, bevor wir ihn schnappen würden?
Ich fand nur schwer Zugang zu diesem Fall. Bisher hatte
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