Blutstrafe - Thriller
nicht allein zu Hause lassen.
Sie versicherte Schwester Sheilah, sie werde jemanden auftreiben, der die jüngsten Opfer so schnell wie irgend möglich abhole, und rief Seamus an, Mikes Großvater. Diesmal war ihr das Schicksal hold. Seamus hatte Zeit, sofort zur Schule aufzubrechen.
Mary Catherine hatte das Telefonat mit ihm gerade beendet, als Ricky, Trent, Fiona und Chrissy die Küche mit einem Schwall an Beschwerden stürmten.
» Der Fernseher ist ausgegangen!«
» Mein Rechner auch!«
» Ja, so ungefähr … alles.«
» Der Strom muss ausgefallen sein.« Mary Catherine zuckte mit den Schultern. » Daran können wir nichts ändern.« Sie kramte in einer Schublade und zog ein Kartenspiel heraus. » Hey, habt ihr schon mal Siebzehnundvier gespielt?«
Zehn Minuten später war der Küchentisch in einen Kartentisch verwandelt worden, an dem Trent die Karten an seine Geschwister austeilte, die sie mit zusammengekniffenen Augen anstarrten. Der Geräuschpegel war auf das laute Zählen und die Diskussion über die Spielregeln gesunken. Mary Catherine lächelte. Sie gehörte nicht zu denjenigen, die andere zu Glücksspielen verführten, doch sie war erfreut, dass die Kinder auch ohne Batterien Spaß haben konnten. Sie beschloss, die Unterhaltungsgeräte auszuschalten und die Sicherungen wieder einzudrehen, damit die Waschmaschine ihre Dienste zu Ende bringen und sie ihre Suppe zu Ende kochen konnte. Die Kinder waren zu sehr mit den Karten beschäftigt, um Mary Catherines Tun zu bemerken.
Doch zunächst musste sie etwas anderes Wichtiges erledigen. Socky beschwerte sich noch immer jämmerlich und versuchte, sein kotzfleckiges Fell an ihren Fußknöcheln abzureiben. Vorsichtig packte sie die Katze am Genick. » Langfristig wirst du mir danken«, sagte sie und trug das heftig strampelnde Tier zur Spüle.
19
» Sie müssen Polizist sein, weil Sie eindeutig nicht wie ein Kunde aussehen«, rief mir eine junge Frau zu, als ich das Ralph-Lauren-Geschäft verließ.
Na, wenn das nicht Cathy Calvin war, die unerschrockene Polizeireporterin der New York Times und vielseitige Nervensäge.
Mit ihr wollte ich nun gerade nicht reden. Zu allen Problemen, denen ich ausgesetzt war, ärgerte mich immer noch, wie ausgesprochen kontraproduktiv sie bei der Belagerung der St. Patrick’s Cathedral gewesen war.
Dennoch trat ich lächelnd an die Absperrung, an der sie stand. Feinde, die wir nicht töten können, müssen wir verhätscheln, und Betrug ist die Kunst des Krieges, erinnerte ich mich. Meiner klassischen Bildung sei Dank, die ich von den Jesuiten an der Regis Highschool erhalten hatte. Man musste schon Geschütze wie Machiavelli und Sun Tzu gleichzeitig auffahren, um eine Begegnung mit dieser Dame zu überleben.
» Warum treffen wir uns immer nur, wenn wir von Polizeiabsperrungen getrennt sind?«, fragte sie ebenso breit grinsend.
» Weil man mit guten Zäunen eine gute Nachbarschaft aufrechterhält, vermute ich«, antwortete ich. » Ich würde gern mit Ihnen plaudern, aber ich bin beschäftigt.«
» Ach, kommen Sie, Mike. Wie wär’s wenigstens mit einer kurzen Stellungnahme?« Und schon schaltete sie ihren digitalen Rekorder ein. Sie bohrte den Blick ihrer hübschen Augen in die meinen. Erst jetzt fiel mir auf, dass sie grün waren – eindrucksvoll und irgendwie kokett. Und sie roch gut. Was hatte sie gerade gesagt? Ach ja, sie wollte eine Stellungnahme.
Diese hielt ich vorschriftsmäßig so vage und kurz wie möglich: Ein Verkäufer sei erschossen worden, dessen Namen wir erst bekanntgeben würden, nachdem seine Familie verständigt worden war.
» Puh, Sie sind wie immer eine erquickliche Quelle der Information, Detective Bennett. Was ist mit dem Mord im 21 Club? Gibt es einen Zusammenhang?«
» Derzeit können wir uns auf keine Vermutungen einlassen.«
» Was bedeutet das? Chief McGinnis hält Sie aus diesem Fall heraus?«
» Inoffiziell?«, fragte ich.
» Natürlich«, antwortete Cathy und schaltete ihren Rekorder aus, während ich mich nach vorn beugte.
» Kein Kommentar«, flüsterte ich.
Ihre smaragdgrünen Augen blickten weit weniger übermütig, als sie den Rekorder wieder einschaltete.
» Reden wir über das, was gestern Abend in Harlem passiert ist«, wechselte sie plötzlich das Thema. » Zeugen sagen, Scharfschützen der Polizei hätten einen unbewaffneten Mann erschossen. Sie standen direkt neben dem Opfer. Was haben Sie gesehen?«
Ich war zwar an aggressive Reporter gewöhnt, ärgerte mich aber
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