Blutstrafe - Thriller
sehen war. Als die Aufnahme den gesamten Bildschirm einnahm, klickte er auf die Pausentaste.
Das relativ klare Bild eines Mannes mit Sonnenbrille und teurer Lederjacke erschien. Er hielt einen Strauß Rosen in der Hand und grinste. Offenbar unterhielt er sich mit der Dame an der Rezeption.
Bingo! Beth und ich blickten uns zufrieden an. Endlich eine greifbare Spur! Mit der Sonnenbrille war der Mann nicht genau zu erkennen, doch ganz so schlecht war das Bild nicht. Brian Navril hatte bereits einen Stapel Fotos zum Verteilen ausgedruckt.
» Wo ist die Dame von der Rezeption?«, fragte ich. » Ich muss mit ihr reden.«
Sie hieß Angie Hamilton und war eine kleine, attraktive Brünette Mitte zwanzig, die immer noch mitgenommen aussah, als Beth sie ins Büro führte.
» Hallo, Angie«, grüßte ich sie. » Ich bin Detective Bennett. Ich weiß, im Moment haben Sie mit der Situation schwer zu kämpfen, aber wir müssen alles über den Mann wissen, der Ms. Broussard erschossen hat. Sie haben mit ihm geredet?«
» Er fragte, ob Martine Broussard bereits abgereist sei«, antwortete Angie Hamilton. » Er sagte, sie hätten sich gerade erst kennen gelernt, und er wolle ihr Blumen schenken, weil … weil …« Sie begann zu weinen. Beth legte einen Arm um ihre Schultern, flüsterte ihr voller Mitgefühl etwas zu und kramte ein Taschentuch heraus.
» Er … er sagte, er würde es sich nie verzeihen, wenn er ihr seine Gefühle nicht mitteilen würde«, stotterte sie weiter. » Es klang so romantisch.«
Zweifacher Treffer, dachte ich, als ich Beth in die Augen blickte. Sie nickte. Der Mörder hatte ausdrücklich nach Martine Broussard verlangt. Also hatte er Martine gekannt. Jetzt war klar, dass wir jemanden suchten, der seine Opfer nicht zufällig auswählte. Und die Chance war erheblich gestiegen, dass dieser Mord mit den anderen Fällen in Zusammenhang stand.
Wir hatten einen Durchbruch erzielt, und dieser öffnete uns einen neuen Weg. » Wie hat er sich verhalten? Wirkte er nervös? Großspurig?«
» Großspurig nicht«, antwortete sie. » Ein bisschen nervös, aber nett … irgendwie charmant. Das macht die Sache noch furchtbarer. Ich habe ihm gesagt, er solle auf dem Sofa warten, damit er sie nicht verpasst, wenn sie den Fahrstuhl verlässt. Aber … aber ich habe sie getötet.« Wieder brach Angie in Tränen aus und beugte sich heftig schluchzend nach vorn.
Diesmal legte ich einen Arm um sie.
» Sie haben überhaupt nichts verkehrt gemacht, Angie«, tröstete ich sie. » Sie haben nur versucht, das Richtige zu tun. Der Einzige, der etwas verkehrt gemacht hat, ist dieser Wahnsinnige, der herumläuft und unschuldige Menschen tötet.«
37
Die ersten Polizisten am Tatort hatten die Kolleginnen der getöteten Air-France-Stewardess nach Midtown North gebracht. Sie waren hysterisch, als stünden sie unter Drogen, so dass die aufnehmenden Beamten nichts außer französischem Gestammel aus ihnen herausbekamen. Als typische Polizisten begann und endete ihr französischer Sprachschatz mit Voulez-vous coucher avec moi ce soir. Ansonsten warteten sie auf einen Dolmetscher.
Zum Glück gehörte ich nicht zu den typischen Polizisten. » Je suis vraiment désolé pour votre amie«, begrüßte ich die Damen, als ich das Verhörzimmer im oberen Stock betrat. » Je suis ici pour trouver le responsible, mais je vais avoir besoin de votre aide.«
Ich hoffte ausgedrückt zu haben, dass ich ihre Hilfe brauchte, um den Mörder zu finden. Jahre zuvor war mein Französisch ziemlich gut gewesen, mittlerweile allerdings etwas eingerostet. Vielleicht hatten meine Worte eher geklungen wie » Haben Sie den Vielfraß meiner Schwester gesehen?«.
Was ich auch immer gesagt haben mochte, die wundervollen Frauen sprangen aufgeregt auf und umzingelten mich. Nie zuvor hatte ich eine Umarmung von vier blonden Französinnen gleichzeitig erleben dürfen, die wie Supermodels aussahen. Irgendwie brachte ich es hinter mich und dachte über den Dekan an der Regis Highschool nach, der mich zu Spanisch gedrängt hatte, weil es praktischer wäre.
Ich zeigte ihnen das Foto des Mörders aus dem Überwachungsvideo. Eine der Damen, Gabrielle Monchecourt, starrte mit großen Augen darauf, bevor sie begann, wie eine Wilde zu plappern. Als ich sie dazu brachte, ihr Tempo zu drosseln, erklärte sie mit deutlicheren Worten, sie glaube, den Mörder zuvor schon einmal gesehen zu haben. Sie sei sich nicht hundertprozentig sicher, doch es könne auf einer Party der
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