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Blutsvermächtnis (German Edition)

Blutsvermächtnis (German Edition)

Titel: Blutsvermächtnis (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kathy Felsing
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hervortreten. Nevaeh drehte sich hin und her. Der Anblick überwältigte sie, gab ihr tatsächlich ein prinzessinhaftes Gefühl und für einen Moment einen Funken Mitleid für das, was Frauen in den vergangenen Jahrhunderten beim Ankleiden über sich ergehen lassen mussten. Die Krönung ihres Outfits bildete die Frisur, die sie so fremd wirken ließ, dass sie sich fast nicht erkannt hätte. Ob Elia ihr mit gepuderter Lockenperücke und Kniebundhosen gegenübertreten würde?
    „Maria, woher stammen deine Kenntnisse über die Kleidung des 18. Jahrhunderts in Europa?“
    Die Zofe errötete und senkte den Kopf.
    „Na? Willst du mir nicht antworten?“
    „D … doch, Mylady.“ Sie machte keinerlei Anstalten, weiterzusprechen.
    „Nun, also?“
    „Ich darf das nicht sagen, Mylady.“
    „Bitte?“
    „Sir Crichton … ich meine …“
    „Schau, da hast du ja schon etwas gesagt, nun kannst du auch mit der Sprache rausrücken.“
    Ein verzweifelter Blick traf Nevaeh. „Werdet Ihr darüber schweigen, Mylady?“
    „Natürlich, wenn du das wünschst.“
    „Wir sind erst seit wenigen Tagen hier. Aber Sir Crichton unterrichtet einige von uns seit Jahren.“
    „Worin?“
    „In allem Möglichem. Kochen. Putzen. Schneidern. Geschichte. Konversation.“
    „Warum?“
    „Das weiß ich nicht, Mylady. Es musste immer ein Geheimnis sein. Aber er hat uns dafür gut entlohnt.“
    „Danke, dass du dich mir anvertraut hast.“
    Das Mädchen eilte davon. An der Tür knickste sie. „Ist es Euch recht, dass ich Sir Crichton schicke, damit er Euch in den Speisesaal geleitet?“
    „Gern.“
    Die Tür schloss sich leise.
    „Halt, warte.“
    Sofort streckte Maria den Kopf wieder ins Zimmer. „Ja, Mylady?“
    „Komm noch einmal zu mir, bitte.“
    Als Maria vor ihr stand, drückte Nevaeh ihr das Telefon in die Hand. „Hier musst du drücken.“ Sie tippte auf eine Taste. „Die Dame, die du anrufen sollst, heißt Catalina. Sobald du sie erreichst, bittest du sie, einen Moment zu warten und bringst mir umgehend das Telefon.“
    „Sehr wohl, Mylady.“ Maria wandte sich zum Gehen.
    „Maria?“
    „Ja?“
    „Egal, wo ich gerade bin oder was ich gerade mache. Es ist wichtig!“
    „Verstehe.“ Maria knickste und entfernte sich.
    Nevaeh grübelte, was sie mit den Informationen, die das Mädchen ihr anvertraut hatte, anfangen sollte. Eins und eins zusammengezählt, kam sie zu dem Ergebnis, dass es sich bei den Angestellten um die verschwundenen Personen aus San Pedro de Atacama handeln musste. Crichton hatte sie über lange Zeit heimlich geschult und nun waren sie zum Einsatz gekommen. Wieso erst jetzt? Und wozu das Ganze?
    Crichton betrat nach einem Klopfen und ihrer Aufforderung den Raum. Nevaeh raffte ihre Röcke und begleitete ihn einen weitläufigen Korridor entlang. Weiche, leise Musik dämpfte ihre Schritte wie der dicke Teppichboden, in dem sie mit den Absätzen versank.
    Ein köstlicher Duft wehte ihr entgegen, als der Butler die Tür zum Saal öffnete, und brachte ihr zu Bewusstsein, wie hungrig sie war. Wann hatte sie eigentlich zum letzten Mal etwas gegessen? Das musste die zu einem Viertel aufgegessene Pizza im
cafe adobe
gewesen sein. Am liebsten hätte sie sich ohne Umschweife auf die Tafel gestürzt, die Körbe mit Früchten, Platten mit appetitlich aussehenden Häppchen und Weinkrüge trug. Dann jedoch drängte ein anderes Gefühl die beinahe Übermacht gewinnende Gier jäh zur Seite. Nevaeh hob den Blick und begegnete dem von Elia. Ein Funkeln lag in seinen Augen, ließ das Grün seiner Iriden wirken wie leuchtende Sterndiopside, von denen bereits die Griechen in der Antike geglaubt hatten, dass die Schmucksteine Sterne seien, die sich während des Herabfallens vom Himmel zu Stein verwandelten. Wie von einem unendlichen, alles in sich verschlingenden Sog angezogen, drohte sie, in den Tiefen seiner Ausstrahlung unterzugehen. Trotz ihrer hochhackigen Pumps überragte er sie noch immer um eine halbe Kopflänge. Nur ihre Frisur musste über sein Haupt hinwegragen.
    „Nevaeh.“
    Gott, wie prickelnd er ihren Namen aussprach. Er strich ihr mit dem Daumen über die Wange. Ihre Kehle fühlte sich an wie Schleifpapier, das Schlucken kratzte, ihren leise keuchenden Atemzug hatte er hoffentlich nicht gehört.
    „Verehrteste, gestattet Ihr, dass ich Euch zu Tisch geleite?“
    Ein Musketier, ein Edelmann, ein Prinz bot ihr in galanter Geste seinen Arm und sie ging, nein, schwebte neben ihm her. Er rückte ihr den Stuhl zurecht

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