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Blutsvermächtnis (German Edition)

Blutsvermächtnis (German Edition)

Titel: Blutsvermächtnis (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kathy Felsing
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entgegenzutreten
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    Nevaeh schluckte. Vom ersten Augenblick an hatte sie gespürt, dass den Mann eine Merkwürdigkeit prägte, eine Andersartigkeit, doch sie hatte das Gefühl nicht in Worte fassen können. Nun offenbarte sich ein konkreter Anhaltspunkt schwarz auf weiß vor ihren Augen. Allein die seltsame Ausdrucksweise. Ihr schoss heiß die Erinnerung durch die Adern, als ihr einfiel, dass auch das Dienstmädchen vorhin bereits in dieser Weise mit Elia gesprochen hatte. Die Kleidung ergab plötzlich einen Sinn, die altmodische Einrichtung. Als wären einige Figuren hier dem 17. oder 18. Jahrhundert entsprungen. Elia, ein Zeitreisender. Es passte irgendwie zu ihm, darüber hatte sein saloppes Auftreten in modernem Outfit nicht hinweggetäuscht.
    Ich werde Euch mein Königreich zu Füßen legen, weil ich spüre, dass zwischen uns eine Verbindung existiert, der zu entwinden sich meiner Fähigkeit und meinem Streben entzieht. Gestattet Eurem Geist, sich von allem Ballast zu befreien und genießt die Stunden. Ergebenst, Euer Elia Spops
    Nevaeh glitt in das angenehm temperierte Badewasser. Sie hatte sich aus sicherlich zwei Dutzend diversen Essenzen, die eine weitere junge Frau auf einem Tablett in kristallenen Flakons hereingebracht hatte, ein individuelles Parfüm kreiert und trieb nun im berückenden Charme der süßen Gesamtnote.
    In der runden Wanne hätte ein Paar bequem Platz gefunden und prompt wünschte sie sich Elia an die Seite. Befreit vom Heute und Gestern, von Sorgen und Ängsten, von Ungewissheiten und Verdächtigungen. Die Situation im Wagen rief für eine Sekunde atemlose Begierde hervor. Eine Ahnung hitzigsten Verlangens, das sie in seinen Armen gnadenlos verglühen lassen würde wie Metallspäne im Hochofen.
    Sie betrachtete die Schaumberge im Spiegel, der anstelle von Fliesen die Wandfläche gegenüber der Wanne einnahm. Ein Schauder überfloss sie bei der Vorstellung, dass es kein gewöhnlicher Spiegel sein könnte, sondern ein von der Rückseite durchsichtiges Glas, hinter dem Elia stand und sie betrachtete. Heya, seit wann befielen sie voyeuristische Neigungen? Sie lachte und blies ein paar Schaumflocken über das Wasser.
    „Mylady?“
    Ein süßer Duft nach Milch, Butter und Honig zog ihr in die Nase und sie lächelte, als die Zofe ihr ein Tablett mit einer Tasse reichte.
    „Ihr könnt es in das Wasser stellen, es schwimmt.“ Nach einem Knicks zog das Mädchen sich zurück.
    Nevaeh nippte an dem Getränk. Ein Gefühl der Geborgenheit breitete sich aus, durchlief wohlig ihr Innerstes mit Wärme und Süße. Mit dem flackernden Licht der Kerzen lockerte es weitere Brocken ihrer Anspannung. Könnte sie doch nur alles vergessen und völlig loslassen, bis sie schwebte. Bis ihre Seele im Nichts baumelte, ihre Sinne die Entspannung mit einem Gefühl des Friedens dankten. Nevaeh spürte, wie sich bleierne Müdigkeit auf sie herabsenken und sie in den Schlaf ziehen wollte.
    Sie schüttelte die Schläfrigkeit ab und drehte den Heißwasserhahn auf. Wahrscheinlich sollte sie den Kopf lieber unter kaltes Wasser stecken, dachte sie, unfähig, der verlockenden Hitze zu widerstehen. Nevaeh vermisste ihre Armbanduhr, aber die innere Uhr meldete, dass es kaum mehr als später Nachmittag sein konnte. Sie legte sich wieder zurück und rekelte den Körper. Nicht einmal ihre ausgestreckten Zehenspitzen erreichten den Wannenrand. Wahrscheinlich hätte sie sogar Schwimmübungen verrichten können, ohne an die Wände zu stoßen. Welch herrlicher Luxus. Die Zeilen des Briefes kamen ihr wieder in den Sinn, Elias Ausdrucksweise. Noch immer mochte die Realität sie nicht vollends loslassen, zwang sie immer wieder zum Grübeln. Nevaeh grub in ihrem Geschichtswissen und den Erinnerungsfetzen aus den linguistischen Fachbüchern, in die sie während Noahs und ihrer Studienzeit hin und wieder die Nase gesteckt hatte. Soweit sie sich erinnerte, war das „ihrzen“ im achten, neunten Jahrhundert in Europa entstanden, als Fürsten und andere Würdenträger durch die Anredeform spezielle Würdigung erfuhren. Sie stellte sich Elia als Diözesanbischof vor und gluckste. Nein, das Zölibat passte nicht zu ihm. Oder wollte sie einfach nur nicht, dass er als Ordinarius 12 aus dem Raster ihrer Begehrlichkeiten fiel? Sie räusperte sich und trank einen weiteren Schluck Milch.
    In verschiedenen Sprachen hielten sich teils komplexe Honorativsysteme bis heute, und obgleich im Englischenseit Langem das höfliche „you“ der zweiten Person

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