Blutträume
entfernt lag und sich so sehr davon unterschied, begann Bishop das ursprüngliche Profil zu überarbeiten. Und … noch etwas, das ich von Becky erfuhr – der Mörder hat sich in seiner Brutalität gesteigert und zwar um einen für Serienmörder unüblichen gewaltigen Sprung. Allein deshalb war eine Überarbeitung des Profils nötig.«
»Einen Sprung?«
»Was Tempo und Grad seiner zunehmenden Brutalität betrifft. Annie LeMott, das zwölfte Opfer, wurde brutal geschlagen, und danach wurde mehrmals auf sie eingestochen – doch ihr Körper blieb mehr oder weniger unversehrt. Wie bei allen anderen Opfern in Boston auch.«
»Aber Becky nicht«, ergänzte Marc. »Und Karen auch nicht.«
»Mist«, murmelte Jordan. Und als alle ihn ansahen, fügte er hinzu: »Ich nehme an, wir sind sicher, dass Karen auch tot ist?«
»Wir sind sicher, dass dort zumindest zwei Opfer waren«, bestätigte Marc. »Und ich bin bereit, den Worten von Hollis Glauben zu schenken, dass Becky eines davon ist, es sei denn, die DNA-Ergebnisse widersprechen ihr. Karen ist unsere einzige andere vermisste Person, Jordan.«
»Ja. Ja, ich weiß. Ich will nur einfach nicht derjenige sein, der Bob mitteilt, dass seine Frau tot ist.«
»Ein Freund?«, wollte Hollis wissen.
»Kein enger, obwohl wir zusammen zur Schule gegangen sind.« Er zuckte die Schultern. »Kleinstadt.«
»Und auch mit Kleinstadttratsch?«, erkundigte sie sich, um das Thema zu wechseln. Möglicherweise.
Marc antwortete ihr darauf: »Gegenüber Fremden sind die Leute hier eher etwas verschlossen, was aber nicht heißt, dass sie nicht wüssten, was um sie herum vorgeht, und sich nicht darüber unterhalten würden.«
»Aber sie würden sich nicht so schnell an die Medien wenden?«
»Das war hier die Regel, solange ich mich zurückerinnern kann. Zumindest gilt das für die meisten Ortsansässigen. Doch es gibt auch eine Menge relativ neu Zugezogene hier in der Gegend, und ich habe keine Ahnung, wie die sich den Medien gegenüber verhalten würden. Manche stehen gern im Rampenlicht.«
Hollis seufzte. »Wohl wahr. Also haben wir nicht viel Zeit, bis es sich herumspricht.«
»Nicht viel, fürchte ich, nein.« Marc schüttelte den Kopf und griff ein früheres Thema des Gesprächs auf. »Sie sagten, dieser Mörder steigere sich in einem ungewöhnlichen Maß?«
»Ja.« Hollis runzelte die Stirn. »Die zeitliche Lücke könnte, zumindest teilweise, die Heftigkeit der Steigerung erklären. Wenn er töten wollte, töten musste, es aber aus irgendeinem Grund nicht konnte. Blanke Frustration könnte einen Mörder durchaus brutaler vorgehen lassen.«
»Vorausgesetzt, es gab tatsächlich eine zeitliche Lücke.«
Sie nickte. »Durchaus möglich, dass er anderenorts tötete und wir die Hinweise übersehen haben.«
»Doch Sie glauben das nicht.«
»Nein. Wir gehen davon aus, dass er sich die ganzen Wochen bedeckt hielt und erst wieder töten konnte, als er Becky Huntley am oder nach dem zweiundzwanzigsten September erwischte, als sie verschwand. Davor … war er vielleicht auf der Suche nach einem Ort wie Venture. Möglicherweise kam er aber auch direkt hierher, aufgrund der Verbindung, von der Dani sprach, und hat die Zeit seit seiner Ankunft damit verbracht, sich vorzubereiten.«
Nun runzelte Marc die Stirn. »Beim ersten Mal hat er aber nicht viel Zeit auf Vorbereitungen verwendet, oder? Hat sich die Frauen in wenig sicheren oder unsicheren Gegenden einfach gegriffen, wenn sie von zu Hause oder der Arbeit kamen.«
Hollis nickte. »Ja, er benahm sich wie ein böses Tier. Zupacken und weg, und hatte dabei das Glück, oder war gerissen genug, jeden Beutezug zum richtigen Zeitpunkt auszuführen. Nie gab es Zeugen, was bedeutet, dass wir auch nicht mal eine vage Beschreibung von ihm haben.«
»Jeder könnte es sein«, murmelte Dani. »Wir könnten ihm auf der Straße begegnen und es nicht merken.«
»Wahrscheinlich«, stimmte Hollis zu. »Wenn man ihnen das Monster ansehen würde, wären sie verdammt viel leichter zu fassen.«
Marc kam nochmals auf seinen Punkt zurück. »Aber wenn er tatsächlich die Zeit zwischen dem letzten Mord in Boston und dem ersten hier auf irgendwelche Vorbereitungen verwendet hat, dann ist das neu.«
»Einer der vielen möglichen Unterschiede, ja.«
»Ein wichtiger?«
»Bishop nimmt es an. Und ich stimme ihm zu. Überlegen Sie mal. In einem kleineren Gebiet mit weniger Bevölkerung riskiert er vor allem, entdeckt zu werden. An einem Ort wie Venture kann er
Weitere Kostenlose Bücher