Blutträume
Voyeure.«
»Verdammt, Paris!«
»Lass mich raten. Marc?«, fragte Hollis.
Dani räusperte sich.
»Paris hält das für wahnsinnig komisch. Das ist nur einmal passiert. Ich weiß nicht mal, warum ich in jener Nacht von ihm geträumt habe, da ich ihn seit Jahren nicht mehr gesehen hatte.«
»Ist dir je der Gedanke gekommen«, fragte Paris, »dass ich das ausgelöst haben könnte? Dass du in jener Nacht von Marc geträumt hast, meine ich.«
»Was sagst du da? Wie kann das möglich sein?«
»Maggie hat so etwas vorgeschlagen, kurz nachdem wir bei Haven angefangen hatten.« Paris hob die Hand, bevor Dani die Worte fand, nach denen sie offensichtlich suchte. »Mach ihr keinen Vorwurf. Sie schlug vor, ich solle an etwas oder an jemanden denken, zu dem du eine starke Verbindung hast, und das im Sinn behalten, wenn wir uns an einem Abend zum Traumwandeln schlafen legten. Also tat ich es.«
»Marc?«
»Na ja, du warst so entschlossen, nicht über ihn zu reden, dass mit klar war, du hegtest immer noch Gefühle für ihn. Also dachte ich an ihn.« Sie lächelte leicht. »Hatte ja nicht erwartet, in einen so leidenschaftlichen Traum zu geraten, aber …«
»Himmel noch mal, Paris.« Dani spürte, wie sie rot wurde, und dankte dem Universum insgeheim dafür, dass es ihr gelungen war, den Traum ziemlich schnell enden zu lassen. Oder Paris zumindest rauszuschubsen. Und warum hatte sie überhaupt erotische Träume von Marc gehabt? Sie hatte sich innerlich doch schon vollkommen von ihm gelöst.
Vollkommen!
»Dann denken wir heute Abend eben nicht an Marc«, schlug Hollis vor. »Ich will dir ja nichts nehmen, Dani, es ist ja nur so …«
Dani hob die Hand. »Keine Erklärungen erforderlich, wirklich. Hört zu, ich weiß nicht mal, ob ich euch beide mitnehmen kann.«
»Versuch es halt.« Hollis trank ihren Wein aus und fügte hinzu: »Eine von Bishops vielen Theorien besagt, wenn man genug Paragnosten auf engem Raum beisammen hat, vor allem, wenn sie alle auf denselben Fall konzentriert sind, können sich ihre Energien … überlappen. Die seltsamsten Dinge können passieren, aber unserer Erfahrung nach beginnen die Fähigkeiten sich zu verlagern, zu verändern. Selbst wenn es dir nicht gelingen sollte, uns in deine Träume mitzunehmen, könnte allein die Anstrengung dazu beitragen, dass sich unsere oder deine Fähigkeiten weiterentwickeln.«
Wieder ernst geworden, fragte Paris: »Inwiefern dazu beitragen?«
»Also, wir sind alle mit dieser Ermittlung befasst. Versuchen zu ergründen, wer unser Mörder ist, wo er sich befindet. Das Unterbewusstsein ist verdammt stark, insbesondere das eines Paragnosten, und wenn es von den willkürlichen Zwängen und Grenzen befreit wird, die wir unserem Verstand und unseren Fähigkeiten im Wachzustand auferlegen … kann alles passieren.«
Grenzen. Wo liegen meine?, fragte sich Dani. Das war eine Frage, der sie sich nicht hatte stellen wollen, selbst als man sie darum gebeten hatte.
»Wenn du alles sagst«, wandte Paris ein, »muss ich mich fragen, ob das immer vorteilhaft ist.«
Ohne zu zögern, schüttelte Hollis den Kopf. »Nein, es ist riskant. Wenn wir unsere Fähigkeiten benutzen, ist damit immer ein Risiko verbunden. Und Träume sind eine Art Niemandsland, besonders für Paragnosten. Energien können in einer Weise aufeinander einwirken, die wir nicht vorhersehen können.«
Dani seufzte. »Sag mir noch mal, wie man das je als vorteilhaft betrachten könnte.«
»Das weißt du doch«, erwiderte Hollis prompt. »Ob es uns gefällt oder nicht, unsere Fähigkeiten entwickeln sich. Während wir sie benutzen, während wir sie zu benutzen versuchen, während wir unsere Grenzen austesten. Also, ich persönlich gehe nicht gern über Friedhöfe. Nicht mehr. Trotzdem mache ich es hin und wieder, weil ich nicht möchte, dass es einen Ort gibt, an dem ich mich scheue, meine Fähigkeiten zu benutzen.«
»Ich träume, ob ich will oder nicht«, sagte Dani.
»Aber du kannst wählen, ob du andere in deine Träume mitnehmen willst. Ich wette, das hast du bisher nicht sehr oft getan. Stimmt’s?«
»So ziemlich.«
»Und hauptsächlich, als wir Kinder waren«, warf Paris ein.
Mit einem Schulterzucken sagte Hollis: »Wenn du einen Muskel nicht benutzt, verkümmert er. Was sicher nicht wünschenswert ist bei einem Muskel, der dir eines Tages das Leben retten könnte. Ist natürlich deine Entscheidung, aber für die meisten von uns geht es dabei um Kontrolle.«
»Ich weiß nicht«, sagte Dani
Weitere Kostenlose Bücher