Bluttrinker - Bellem, S: Bluttrinker
lachte Jhenrid. »Oder weshalb sollte er sonst allein unterwegs sein?«
»Das ist übrigens eine interessante, ja geradezu spannende Geschichte«, setzte Rhelon an, doch Jhenrid hielt ihn mit einer herrischen Handbewegung davon ab fortzufahren.
»Wo kommst du her?«, fragte Throndimar, den der alte Mann faszinierte.
»Kürzlich oder interessierst du dich für den Ort meiner Geburt?« Rhelon wartete die Antwort nicht ab und fuhr fort: »Bis vor Kurzem bereiste ich den Osten dieses Kontinents. Phelion und die übrigen Städte.«
»Phelion ist von hier fünf Wochen zu Fuß entfernt«, warf Jhenrid skeptisch ein.
»Nun, ich sagte auch nicht, dass ich erst seit gestern unterwegs sei, nicht wahr?«, lachte Rhelon fröhlich. »Jedenfalls wurde meine Karawane vor sechs Tagen östlich von hier von Orks überfallen. Ich konnte als Einziger entkommen und schlug mich in die Wälder in der Hoffnung, zivilisiertere Ländereien zu erreichen.«
»Dabei hattest du nicht gerade großen Erfolg«, sagte Jhenrid augenzwinkernd.
Rhelon blickte an seiner vor Dreck starrenden Kleidung hinab und präsentierte ein entwaffnendes Lächeln: »Das könnte man annehmen.«
»Sind in der Nähe noch mehr Orks?«, fragte Unlar und blickte sich aufmerksam um.
»Ich glaube nicht«, antwortete Rhelon. »Ich habe zumindest niemals einen anderen Ork gesehen.«
»Ich denke, wir können die Nacht über hierbleiben«, sagte Jhenrid.
Rhelon setzte sich neben das Feuer, rieb sich begierig die Hände und griff nach einem Stück Fleisch, das, aufgespießt auf einem Stock, über den Flammen hing. »Nehmt!«, forderte er die anderen mit einer einladenden Handbewegung auf. »Es ist genug für alle da.«
Jhenrid setzte sich als Erste ans Feuer und griff hungrig nach einer saftigen Keule. Der Größe nach handelte es sich um ein Wildschwein.
Throndimar nahm ebenfalls Platz, nur Unlar stand noch immer wachsam mit der Axt in der Hand inmitten des Lagers und blickte sich gehetzt nach allen Seiten um.
»Setz dich«, forderte er den Schmied auf.
»Ja, Unlar«, sagte Jhenrid. »Iss einen Happen und leg dich hin. Ich denke nicht, dass noch weitere Orks hier sind.«
»Was macht dich da so sicher?«, fragte der Schmied mürrisch.
Jhenrid deutete breit grinsend auf das Feuer. »Nur vier Fleischspieße.« Sie wandte sich an Rhelon. »Wir sind auf dem Weg nach Totenfels. Wenn du willst, kannst du uns begleiten.«
Rhelon strahlte übers ganze Gesicht. »Das wäre wundervoll! Ich kann euch für euren Schutz nicht bezahlen, außer ihr seid an ein paar Geschichten interessiert.«
»Bitte nicht«, stöhnte Unlar leise.
»Natürlich«, lachte Jhenrid. »Eine gute Geschichte vertreibt die Langeweile.«
»Genau das pflege ich auch stets zu sagen.«
Unlar setzte sich nun ebenfalls ans Feuer und griff nach dem letzten Fleischspieß.
»Nun gut«, begann Rhelon und räusperte sich ausgiebig. »Die folgende Geschichte trug sich vor vielen, vielen Jahren zu, als die Götter noch auf Kanduras’ Erde wandelten und die Elementarprinzen bereits geschlagen waren. Es ist eine traurige Geschichte, denn sie handelt vom Fall des großen Draganor, des Drachengotts.« Er nahm einen kräftigen Schluck aus Jhenrids Wasserschlauch und fuhr fort.
Draganor, der Drachengott, fand heraus, dass der neu geschaffene Astralsee es den Elementarprinzen erlaubte, ihre Präsenz in Kanduras zu erhalten. Er schilderte seine Befürchtungen seinem Bruder und Erstem Gott, Alghor, doch der wollte nichts davon hören. Zu tief saß noch die Verbitterung über Draganors vorschnelles Handeln, als er die ersten Sterblichen zu Engeln machte.
Draganor, der mit seinen Kindern in der Abgeschiedenheit der nördlichen Berge lebte, war beinahe aus der Himmlischen Festung hinausgejagt worden, so groß war Alghors Zorn.
Und so beschloss der Drachengott die Erforschung des Astralsees zu seiner eigenen Aufgabe und der seiner Kinder zu machen. Die Drachen wurden zu den mächtigsten Magiern, die Kanduras jemals bereisen sollten. Doch Draganor war nicht glücklich. Mit jedem Jahr, jedem Geheimnis, das er entschlüsselte, entfernte er sich weiter von seinen Geschwistern, die die Magie und ihren elementaren Ursprung verdammten.
Eines Nachts erschien Aurelion dem träumenden Draganor. Der Göttervater hoffte, in dem isolierten Kind einen Verbündeten im Kampf gegen Alghor zu finden. Draganor widerstand den Verführungen seines Schöpfers, doch er wusste, dass Aurelion schon bald angreifen würde.
Wieder wandte er
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