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Bluttrinker (German Edition)

Bluttrinker (German Edition)

Titel: Bluttrinker (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Monika Bender
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der Pein abzulenken,
welche die gnadenlos auf ihn einhämmernde Strahlung ihm zufügte. Längst trugen
ihn seine Füße nicht mehr. Er hing schlaff an den massiven Stahlbändern, die
seine Handgelenke umschlossen. Angst empfand er keine mehr. Jedes Zeitgefühl
war ihm abhanden gekommen. Die ganze Welt war ein Meer der Schmerzen, das immer
höhere Wellen schlug. Irgendwann würden diese Wogen über ihm zusammenschlagen.
Vielleicht fand er dann die rettende Dunkelheit?
Er wollte sich der Bewusstlosigkeit in die Arme werfen. Aber die Qual, die ihn
gegen seinen Willen Zucken und Stöhnen ließ, weckte ihn immer wieder auf. Dann
waren es unvorsichtige Hände in rauen Handschuhen, die Lukas verbrannte Haut
berührten und ihn aus der gnädigen Ohnmacht rissen.
    Woher er wusste, dass er nicht mehr angekettet war, konnte
er nicht benennen. Ohne einen Gedanken oder eine bewusste Willensanstrengung
setzte sich sein gefolterter Körper in Bewegung. Nicht mehr fähig auf seinen
Füßen zu stehen, kroch er auf allen vieren auf die Türöffnung zu, die er noch nicht
einmal sehen konnte, als hätte die Dunkelheit hinter dieser Tür einen
köstlichen Geruch, der ihn unwiderstehlich anzog. Die Wächter ließen ihn
gewähren und folgten ihm nur.
Es war oft nötig, einen sich heftig wehrenden Bluttrinker in den Vollzugsraum zu
tragen. Zurück ins Gebäude kamen sie in der Regel von selbst. Dafür sorgten die
am tiefsten verwurzelten Instinkte ihrer Art.
    Als Lukas die gnädige Finsternis erreicht hatte, ließ er
sich einfach fallen. Ohne die Kraft, die ihm sein Selbsterhaltungstrieb
verlieh, war er gar nicht in der Lage, sich zu bewegen. Blind und von
brüllendem Schmerz gepeinigt erkannte er die mühsam beherrschte Stimme seines
Vaters.
„Zwei Stunden wären völlig angemessen gewesen!“
„Es war sein eigenes Urteil“, entgegnete Jeremias ungerührt. „Ein zukünftiger
Jäger sollte wissen, was die Strafen, die er eines Tages verhängen wird,
bedeuten.
Die Wache hat ihn nach einer Stunde gefragt, aber er hat abgelehnt. Er erinnert
mich immer mehr an dich, Johann.“
Lukas spürte, dass Jeremias näher an ihn herantrat.
„Ich freue mich darauf, dich im Oktober zur Grundausbildung zu begrüßen.“
Lukas schluckte mehrmals mühsam, bis er genug Spucke zusammenbekam, um fast
unverständlich zu krächzen:
„Ich werde da sein.“
Er hörte noch, wie Jeremias den Raum verließ, bevor er endgültig das
Bewusstsein verlor.

08
    Fünf Jahre später Antonia ‚Tony‘ Lemberg hing mit ihrer Freundin in der Lobby des Kinocenters
herum und wartete auf den Beginn der Spätvorstellung. Die beiden Frauen standen
an einem Tischchen und teilten sich eine Portion Tacos mit einer plastikartigen
Käsesoße.
    „Dreh´ dich nicht um!“
„Das hatte ich nicht vor“, nuschelte Tony und spülte die Tacokrümel mit einem
Schluck Cola hinunter.
„Der Junge ist himmlisch! Ein bisschen mies angezogen, aber einfach Wahnsinn.“
Tony verdrehte die Augen. Es wurde höchste Zeit, dass Julia einen Kerl abbekam.
Sie selbst sah das auch so. Allerdings hatte ihre aggressive Art, auf das
andere Geschlecht zuzugehen und ein Übermaß an weiblichen Attributen eine eher
abschreckende Wirkung.
    „Du hattest recht. Die Sterne lügen nicht. Ich werde heute
Nacht eine außergewöhnliche Begegnung haben.“
Tony schnaubte ärgerlich.
„Du hörst mir nie zu! Ich habe gesagt, ich habe einen Transit ...“
„Oh, mein Gott, sieh´ dir das an“, seufzte Julia verzückt.
„Ich würde mir dieses Weltwunder schon ansehen. Aber ich darf mich ja nicht
umdrehen.“
„Aber unauffällig!“
    Tony trat einen Schritt um den Tisch herum und ließ den
Blick zur Theke schweifen, die jetzt seitlich vor ihr lag. Es gab keinen Zweifel,
von wem Julia schwärmte. Tony schätzte ihn auf Mitte zwanzig. Er lehnte lässig
am Tresen und fuhr sich nachdenklich durch das kurz geschorene, dunkelblonde
Haar. Seine verblüffend hellblauen Augen wanderten forschend über die Menge der
Kinobesucher.
Er blickte auf. Hatte er ihre Aufmerksamkeit bemerkt? Erschrocken, und ein
wenig beschämt, wollte sie die Augen abwenden. Irgendetwas ließ das nicht zu,
sie brachte es nicht über sich wegzusehen.
    „Oh mein Gott, jetzt schaut er her. Tony, starr doch nicht
so!“ Julia schnaubte wie ein wütendes Pferd. „Dich kann man aber auch nirgends
mit hinnehmen.“
    Er sah wirklich fantastisch aus. Groß, mit schmalen Hüften,
breiten Schultern und hübschem Gesicht, stellte er die Art von Mann dar, den
man

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