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Bluttrinker (German Edition)

Bluttrinker (German Edition)

Titel: Bluttrinker (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Monika Bender
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du
Hitchcock?“
„Ich mag alte Krimis und alte Science-Fiction-Filme. Hitchcock gehört natürlich
dazu.“
„Grade hat mir eine Kommilitonin aus den Staaten ein Buch mitgebracht. Über die
Schauplätze, an denen Hitchcock seine Filme gedreht hat. Hauptsächlich in
Kalifornien. Du weißt schon, Vertigo und Die Vögel . Würde dich
das interessieren?“
„Ja, sicher.“
„Warum kommst du nicht nachher mit und siehst es dir an?“
„Das tu ich sehr gern“, antwortete Lukas.
    Tony fühlte sich unwirklich, als stünde sie neben sich und
beobachtete, wie sie die unverständlichsten Dinge tat. So etwas hatte sie
wahrhaftig noch nie gemacht! Soll ich dir meine Briefmarkensammlung zeigen , witzelte eine höhnische
Stimme in ihrem Hinterkopf.

09
    Tonys Wohnung stellte sich als Apartment heraus, keine
dreißig Quadratmeter groß, in einem angegammelten Fünfzigerjahre-Mietshaus. Es
gab eine Pantryküche, ein Miniatur-Duschbad und einen einzigen Wohnraum, der
überwiegend von einem Schlafsofa und einem großen Tisch eingenommen wurde.
Bücherregale bedeckten die Wände.
    Lukas wanderte an den Regalen entlang und las die Titel,
während Tony nach sauberen Gläsern suchte.
„Was studierst du? Medienwissenschaften?“
„Ich baue grade ein Modell für eine Filmkulisse“, entschuldigte sie sich für
das Durcheinander aus Pappeschnipseln und angetrockneten Leimresten auf der
ramponierten Tischplatte. „Möchtest du eine Cola?“
„Nein, danke.“
„Sonst habe ich nur Wasser da. Der Orangensaft ist alle“, berichtete Tony, mit
dem Kopf im Kühlschrank. „Ich muss dir doch irgendwas anbieten.“
„Wenn das so ist, nehme ich ein Glas Wasser.“
    Tony arrangierte zwei Gläser und eine Flasche Wasser auf der
Holzkiste, die sie als kombinierten Couch- und Nachttisch nutzte. Dann stöberte
sie in ihren Bücherregalen herum.
    Lukas ließ sich auf das Sofa fallen und beobachtete sie
aufmerksam. Heute Abend war er ausgegangen, um sich zu nähren, wie er es alle
drei bis vier Tage tat. Das Kinocenter bildete sein bevorzugtes Jagdrevier,
wenn er sich in Klarenberg aufhielt. Er bezeichnete es zuweilen als Buffet für
Bluttrinker. Er suchte sich ein Mädchen aus und sorgte dafür, dass er neben ihr
saß. Wenn das Licht ausging, musste er höchstens die nächste Umgebung
beeinflussen, damit er unauffällig trinken konnte. Zumeist verließ er das Kino,
bevor der Film richtig in Gang kam.
Was war an Tony anders?
Sie war groß für eine Frau und schlank, aber nicht dürr. Ihm gefiel die
Vorstellung, wie diese langen, wohlgeformten Beine sich um seine Hüften
schlingen würden. Sie trug keinerlei Make-up und er roch auch keine
Haarpflegemittel.
Er würde nie verstehen, was menschliche Männer daran fanden, wenn Frauen sich
mit allerlei merkwürdig riechenden Chemikalien bearbeiteten. Nur Tonys
natürlicher Duft füllte die enge Dachwohnung. Ein Geruch, der ihm das Wasser im
Mund zusammenlaufen ließ.
Teilweise hing seine Faszination damit zusammen, dass er wesentlich mehr
Geschick und Energie aufwenden musste, als das sonst der Fall war. Das war ihm
bewusst und schon im Kino war ihm Tonys ungewöhnliche Widerstandskraft
aufgefallen. Nie zuvor hatte er einen Menschen getroffen, der dermaßen schwer
zu kontrollieren war. Und das wollte in seinem Fall etwas heißen. Üblicherweise
konnte er Menschen führen wie ein Puppenspieler seine Marionetten.
Dabei setzte Tony ihm nicht wirklich Widerstand entgegen. Vielmehr hatte er den
Eindruck ins Leere zu greifen. Ihm war bewusst, dass sie fühlte und dachte,
aber seine Wahrnehmung ihrer Emotionen und Gedanken blieb verschwommen und
oberflächlich. Diese Marionette entzog sich ihm auf eine Weise, wie er es noch
niemals erlebt hatte. Und sie wirkte beinahe unwiderstehlich auf ihn.
Ihr Blut genügte ihm nicht. Er wollte, dass sie ihn begehrte, sich ihm hingab,
aus freien Stücken, ohne Hypnose. Auch das war eine eher befremdliche Regung.
Wenn ihn das Bedürfnis nach Sex mit seinen Wirtinnen überkam, beschränkte er
sich üblicherweise darauf, einen Ausflug auf die Toilette vorzuschlagen. Dabei
wandte er gerade so viel hypnotische Unterstützung an, wie im Einzelfall
erforderlich war.
Er traute Tony zu, dass es ihr gelingen könnte, sich seinen Anweisungen zu
widersetzen.
    Als sie ihre Behausung betraten, nahm er seine geistigen
Fühler vollständig aus ihrem Kopf. Um zu wissen, dass sie ihn begehrte,
brauchte er nicht in ihre Gedanken einzudringen. Das Raubtier in ihm konnte das
Verlangen seiner

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