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Bluttrinker (German Edition)

Bluttrinker (German Edition)

Titel: Bluttrinker (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Monika Bender
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gegeben war. In der Wohnungstür prallte
er mit Peter zusammen.
Peter war schnell, aber im Kampf kein ernst zu nehmender Gegner. Lukas stieß
ihn so heftig beiseite, dass er durch eine geschlossene Zimmertür krachte. Er
sprang vom Treppenabsatz auf das Podest darunter. Das Treppenauge war zu
schmal, sonst hätte er einen Sprung bis ins Erdgeschoss hinab gewagt.
Stattdessen musste er sich mühsam von Stockwerk zu Stockwerk nach unten
bewegen.
    Endlich erreichte er die Eingangstüren. In seiner Eile, auf
die Straße zu gelangen, riss er eine Hälfte der Tür aus den Angeln. Doch auf
der gegenüberliegenden Straßenseite blieb er ratlos stehen. Selbst wenn es eine
Telefonzelle in der Nähe gab, war die Chance, dass sie auch funktionierte
gering. Er musste einen Sterblichen finden, dessen Handy er sich borgen konnte.
    Ein gellender Schrei zerriss die Nacht. Lukas wandte den
Blick nach oben, sah das offene Fenster. Schatten bewegten sich gegen das
spärliche Licht im Dachgeschoss. Dann verdunkelte eine Masse die
Fensteröffnung, kippte über die Kante.
Plötzlich war es sehr still. So still, dass er den Luftstrom um den fallenden
Körper hören konnte. Es folgten ein dumpfer Aufprall und ein ekelerregend
matschiger Nachhall.
Er wollte nicht hinsehen. Wusste er doch bereits, was es war, was da verkrümmt
auf dem Asphalt lag, wie eine zerbrochene Puppe.
Seine Augen gehorchten ihm nicht. Einen Moment starrte er direkt in die weit
aufgerissenen braunen Augen, die zu dem größeren der beiden Mädchen gehörten.
Sie war tot und ihre Freundin würde ebenfalls sterben. Weil er nicht stark
genug war, um es zu verhindern. Und die Jäger würden nicht schnell genug hier
sein.
    Aus der Seitenstraße zu seiner Rechten erklangen
unregelmäßige Schritte. Ein angetrunkener Sterblicher hatte es eilig nach Hause
zu kommen. Er fühlte sich in diesen verlassenen Straßen nicht sicher. Der
Geruch seiner unterschwelligen Angst erreichte Lukas.
Ein sehr vernünftiges Gefühl , dachte er, während er die Straße
hinunterrannte und dem Mann befahl, stehen zu bleiben. Hoffentlich hatte er ein
Handy bei sich.
In dieser Gegend ist heute Nacht niemand sicher.

07
    Der Vollzugsraum bildete das grausame Herz des Hauptquartiers
der Jäger. Lukas kannte den tiefen, mehrere Meter durchmessenden Schacht bisher
nur aus Erzählungen seines Vaters. Es war ihm stets vorgekommen, als drohe
Johann ihm mit einer fernen, abstrakten Hölle, die Bluttrinkern bevorstand,
wenn sie sich nicht an die Regeln hielten. Aber diese Hölle war real, und in
weniger als einer Stunde würde sie von gleißendem, sengendem Tageslicht erfüllt
sein.
    Er blickte durch die mit getöntem Panzerglas und Gittern
versehenen Fenster, die den Beobachtungsraum von dem Schacht trennten.
Ausdruckslos sah er zu, wie Henry, Etienne, Joshua und Marek nackt an stählerne
Rahmen gekettet wurden. Seine Kameraden hatten sich gemeinsam gestellt, sobald
sie von den Todesfällen erfuhren. Es war allen klar gewesen, dass die Jäger
nicht lange brauchen würden, um herauszufinden, was in Hamburg abgelaufen war.
    „Im Grunde“, kommentierte Jeremias, „entspricht ihre Strafe
einer ordentlichen Tracht Prügel.“
    Lukas hatte in Jeremias bisher einen strengen, aber fairen
Lehrer gesehen. Heute stand er erstmals dem Jäger gegenüber, der die jungen
Bluttrinker dort draußen dazu verurteilt hatte, eine Stunde lang dem Tageslicht
ausgesetzt zu werden. Zu dieser frühen Morgenstunde bedeutete das schmerzhafte
Verbrennungen. Allerdings würden die Verletzungen im Verlauf des Tages und der
folgenden Nacht abheilen. Lukas verstand, dass Jeremias seinen ehemaligen
Schülern einen Schuss vor den Bug verabreichen wollte, als Lehre für die
Zukunft.
    Eine Tür öffnete sich und vier Wachen brachten zwei weitere
junge Männer herein. Jan und Peter sahen ihrer Strafe weniger gefasst entgegen.
Sie hatten sich nicht freiwillig gestellt. Während Jan wie benommen zwischen
den Wächtern hing, wehrte Peter sich gegen den Griff der beiden Männer.
    „Was machst du hier?“ fragte Jan, als er Lukas entdeckte.
„Du kannst ihn nicht bestrafen, Jeremias! Er hat versucht, ihn zur Vernunft zu
bringen. Er war der Einzige, der bereit war, es der Mädchen wegen mit ihm
aufzunehmen.“
„Er wird nicht bestraft, du Idiot“, knurrte Peter. „Er darf zusehen, wie wir
verrotten, weil er uns verpfiffen hat.“
„Lukas ist hier, weil ich ihn hierher befohlen habe“, bemerkte Jeremias.
Peters Gesicht war vor Wut gerötet. „Du

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