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Bluttrinker (German Edition)

Bluttrinker (German Edition)

Titel: Bluttrinker (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Monika Bender
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sonderlich klar. Immerhin ließ er Nora los und drehte sich
wieder nach vorne.
Tony hörte Noras schnelle, flache Atemzüge. Sie rückte so eng an Lukas Mutter
heran wie möglich, in der Hoffnung, mit ihrer Nähe deren Panik zu beruhigen.
     
    Peter bemerkte Ricardo gegenüber, das Raven läge hinter der
nächsten Kreuzung. Tony hätte das Gebäude nicht wiedererkannt. Sie näherten
sich von der Rückseite und parkten im Hinterhof, der von kahlen Mauern mit
wenigen, dunklen Fensteröffnungen umgeben war. Bis auf ein paar einsame
Müllcontainer gab es hier absolut nichts. Selbst ohne den Knebel hätte sie
bezweifelt, dass Schreien die Mühe wert wäre.
    Wie Pakete warfen die beiden Vampire sich die Frauen über
die Schultern, schleppten sie eine Kellertreppe hinab und durch eine
quietschende Tür, hinter der absolute Dunkelheit herrschte.
Die Bluttrinker bewegten sich mit traumwandlerischer Sicherheit. Peter, der
Tony trug, bog um ein paar Ecken. Eine Tür wurde geöffnet und er lud sie
unsanft auf einem harten, klammen Untergrund ab. Kurz darauf hörte sie, wie
auch Nora auf dem Fußboden landete. Aber Ricardo ging nicht sofort zur Tür
zurück, wie Peter es tat.
Tony wurde das Band vom Kopf gezogen, das den übelkeiterregend durchweichten
Lappen in ihrem Mund festhielt. Ricardos Stimme troff von Spott und Gier.
„Schlaft schön, ihr Süßen. Wenn wir uns wiedersehen, werdet ihr in einer viel
appetitlicheren Stimmung sein.“ Dann ein Flüstern, so leise, dass sie ihn kaum
verstand. „Es gibt Ratten hier unten.“
    Sie wusste, dass Ricardo Nora anfasste, obgleich sie nicht
sehen konnte, was er tat. Ihr leises Wimmern ließ Tony vor Mitgefühl und Angst
zittern.
    „Ricardo!“ Peters genervte Stimme kam von der Türöffnung,
die Tony als geringfügig helleren Schatten ausmachen konnte. Kurz darauf fiel
die Tür ins Schloss. Ein Schlüssel drehte sich knirschend.
    Endlich gelang es Tony, den widerlichen Lappen auszuspucken.
Sie tat ein paar tiefe Atemzüge, die glücklicherweise den Brechreiz
zurückdrängten.
„Wer seid ihr?“
Tony zuckte zusammen. Wer hatte diese Frage gestellt? Noras Stimme war es
zumindest nicht gewesen.
„Yvette?“, fragte sie.
„Ja. Bist du Nora?“ Yvettes französischer Akzent hatte sich vollständig
verflüchtigt.
„Ich bin Tony. Nora? Bist du in Ordnung?“
Yvette stöhnte verzweifelt.
„Wir hatten so gehofft, dass sie euch nicht erwischen“, meldete sich eine
männliche Stimme. „Ich bin Thomas. Sue Lee und Gina sind auch hier. Sie haben
uns alle heute Morgen im Bett überrumpelt.“
    Die beiden Frauen mussten wohl dieselben sein, die sich bei ihrem
Besuch im Raven so intensiv um Etiennes Gunst bemüht hatten. Genau wie damals
schoss ihr ein unwillkommenes Bild durch den Sinn, das Etienne mit drei Frauen
im Bett zeigte. Tony schüttelte unwillig den Kopf. Jetzt gab es weiß Gott
Wichtigeres!
    „Wir hatten gehofft, ihr könntet Jeremias erreichen.“
Tony zerstörte ungern Yvettes Hoffnungen.
„Nein, haben wir nicht. Das ging alles so schnell. Wisst ihr etwas über Lukas
und Johann?“
„Sie haben sie betäubt und gefangen genommen“, antwortete eine weibliche Stimme
mit vage südländischer Färbung.
„Oh, mein Gott!“, jammerte Nora.
„Seid ihr auch alle gefesselt?“ Tony zerrte an den Stricken und versuchte sich
zu erinnern, was sie im Selbstverteidigungskurs gelernt hatte. Aber es war
längst alles schief gelaufen, was schief laufen konnte.
Sie waren auf das Territorium der Entführer verschleppt worden und selbst wenn
sie nicht wie Pakete verschnürt wären, gäbe es wohl kaum eine
Selbstverteidigungstechnik, die einem Bluttrinker mehr als ein müdes Lächeln
entlockt hätte.
    „Gefesselt und an der Wand festgebunden“, bestätigte Thomas.
„Nora, kannst du dein Adermesser erreichen?“ Yvette klang nach letzter
Hoffnung.
„Ricardo hat es mir abgenommen“, murmelte die Gefährtin.
Das Adermesser war nicht nur ein praktischer Gegenstand, sondern das Symbol
ihrer symbiotischen Verbindung mit Johann. Tony verstand das wesentlich besser,
seit Lukas am frühen Abend gegangen war.
    Sie hatte das kleine Kästchen geöffnet, das er ihr
überreicht hatte und das Adermesser, das sie darin fand, um den Hals gehängt.
Sie hätte in diesem Moment nicht sagen können, warum sie das tat. Jetzt wusste
sie es.
Sie hatte Angst um Lukas und dieser Gegenstand, auch wenn sie ihn noch nie
benutzt hatte, stellte Nähe her. Er erfüllte ihre kühnsten Hoffnungen. Lukas wünschte
sich,

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