Blutvertrag
Fenster hat.«
»Die hat kein Fenster?«
»Nein, meine Liebe.«
»Aber wieso?«
»Ich weiß nicht wieso, meine Liebe. Wenn es nach mir gegangen wäre, dann hätte man bestimmt ein Fenster eingesetzt. «
»Ich meine, wozu? Wieso können wir denn nicht hierbleiben? «
»Sie wollten doch nichts mehr essen, erinnern Sie sich nicht?«
»Ich will nur noch nach Hause.«
»Ja, ich weiß. Sie sind genauso gern daheim wie ich.«
»Sie müssen das nicht tun.«
»Irgendjemand muss es tun, Cynthia.«
»Ich habe nie jemandem etwas angetan.«
»Ach, das weiß ich doch. Tja, es ist nicht richtig. Das ist es wirklich nicht.«
Während er sie vor sich her durch die Tür der Toilette schob, spürte er sie unter seiner Hand heftig zittern.
»Ich wollte später einkaufen gehen«, sagte sie.
»Wo kaufen Sie denn gerne ein?«
»Fast überall.«
»Was mich angeht, ich bin kein großer Shopping-Fan.«
»Ich brauche ein hübsches Sommerkostüm«, sagte sie.
»Sie haben Geschmack und Flair.«
»Mit Mode habe ich mich schon immer gern beschäftigt. «
»Treten Sie in die Ecke da, meine Liebe.«
»Das passt überhaupt nicht zu dem Eindruck, den Sie sonst machen.«
»O doch, das passt sehr gut zu mir.«
»Ich weiß, Sie sind ein guter Mensch.«
»Nun ja, ich bin zumindest gut in allem, was ich tue.«
»Sie sind im Herzen gut, das weiß ich. Jeder ist das.« Sie starrte in die Ecke, in der sie inzwischen stand. »Bitte.«
»Drehen Sie sich um und sehen Sie mich an, meine Liebe.«
»Ich habe Angst.« Ihre Stimme brach.
»Drehen Sie sich um.«
»Was haben Sie vor?«
»Drehen Sie sich einfach um.«
Sie gehorchte und sah ihn an. Tränen liefen über ihr Gesicht. »Ich war gegen den Krieg.«
»Gegen welchen Krieg denn, meine Liebe?«
»Malcolm war dafür, aber ich war immer dagegen.«
»Aber Cynthia, Sie sind ja ganz verwandelt!«
»Und ich spende gern. Für viele Dinge.«
»Einen Moment lang haben Sie so alt ausgesehen, so traurig und alt.«
»Um die Adler und die Wale zu retten … und gegen den Hunger in Afrika.«
»Aber nun sind Sie nicht mehr alt. Ganz ehrlich, in Ihrem Gesicht ist jetzt keine einzige Falte mehr. Wie ein Kind sehen Sie aus.«
»O Gott.«
»Es überrascht mich, dass Sie so lange dazu gebraucht haben.«
»O Gott. O Gott.«
»Dafür ist es jetzt reichlich spät, meine Liebe.«
Er legte mit dem Daumen den Hebel am Schlitten um, um die Pistole auf Halbautomatik zu stellen, weil er nur einen Schuss brauchte. Aus kurzer Entfernung schoss er Cynthia in die Stirn.
Am Ende hatte sie wahrhaftig wie ein Kind ausgesehen, was nun allerdings nicht mehr der Fall war.
Krait verließ die Toilette und zog die Tür zu.
Nachdem er sich noch eine heiße Schokolade und zwei Scheiben frischen Toast zubereitet hatte, setzte er sich an den Tisch. Alles war köstlich, doch so behaglich wie vorher fühlte er sich nicht mehr. Die richtige Stimmung wollte sich einfach nicht mehr einstellen.
Laut der Wanduhr wurde seine Kleidung erst in einer Stunde und zwanzig Minuten geliefert.
Bisher hatte er nur einen raschen Rundgang durchs Haus gemacht. Während er auf die Lieferung wartete, konnte er es genauer erforschen.
Es war zwar nicht zu fassen, aber aus dem Wohnzimmer rief plötzlich eine Männerstimme: »Cynthia!« Dann noch einmal, nun fragend: »Cynthia?« Schritte kamen näher.
37
Teresa Mendez, die momentan mit zwei Freundinnen New York unsicher machte, wohnte in einer Doppelhaushälfte. Einen Ersatzschlüssel bewahrte sie in einem kleinen Schlüsseltresor mit Kombinationsschloss auf, der an der Unterseite eines auf der Terrasse stehenden Holzstuhls befestigt war.
Linda schloss die Hintertür auf und betrat als Erste das Haus. Sie nahm die Pistole aus ihrer Handtasche und legte sie auf den Küchentisch. Reise- und Handtasche deponierte sie im Spülbecken, damit das Regenwasser ablaufen konnte.
Ungläubig starrte Tim auf die Pfütze, die sich rund um seine Füße bildete. »Sieht aus, als wären wir in einen Pool gefallen.«
»Ich hole ein paar Handtücher.« Linda schälte sich aus ihrer Jacke und hängte sie über einen Freischwinger aus Chrom und Kunstleder. Dann streifte sie die Schuhe ab und ging hinaus.
Tim fühlte sich tollpatschig und noch größer als sonst, als wäre er in dem Unwetter aufgequollen wie ein Schwamm.
Als Linda wiederkam, war sie barfuß und trug einen Bademantel. Auf den Armen hatte sie eine Decke und einen Stapel Handtücher, die sie auf die Arbeitsplatte neben Tim
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