Blutwurstblues. Ein Mick-Brisgau-Krimi: Der große Roman mit dem Team von Der letzte Bulle (German Edition)
Waffe war eine uralte P 08, die noch aus Weltkriegszeiten stammen musste, tödlich war sie auf so kurze Distanz aber allemal.
»Überleg mal. Wenn du schießt, muss ich auch schießen, und was immer Akuma da für ein Spiel gespielt hat, er nimmt es mit ins Grab … und du auch.«
»Also gut.« Willi Albrecht hielt die Waffe oben, dennoch hatte Micks Ansprache ihre Wirkung nicht ganz verfehlt. Bevor er die Sache zu Ende brachte, wollte der alte Mann noch reinen Tisch machen. »Unser chinesischer Freund hier war schon seit Monaten scharf auf meine Tauben, aber ich hab ihn immer abblitzen lassen. Eines Abends steht dann dieses völlig verängstigte Mädchen bei mir vor der Tür. Ich hatte keine Ahnung, woher sie kam und was sie wollte. Aber irgendwo musste das Mädchen ja bleiben, also hab ich sie die Nacht auf der Couch schlafen lassen. Am nächsten Tag klingelt es wieder, und Akuma, dieser schmierige Aal, fragt mich, wie mir denn sein ›Geschenk‹ gefallen würde. Ich hab erst gar nicht verstanden, was er wollte, bis er dem kleinen Ding plötzlich an die Möse langt und meint, ich sollte doch meinen Spaß mit ihr haben.« Akuma verzog keine Miene, und Willi Albrecht sprach weiter. »Er hat sogar extra noch betont, dass sie noch nie ’nen Mann von nahem gesehen hat. Ich hab den Scheißtypen zum Teufel gejagt und ihm gesagt, dass ich die Kleine zur Polizei bringe.«
»Und warum haben Sie’s nicht getan?« Andreas hatte inzwischen neben Mick Stellung bezogen.
»Sehen Sie?« Willi Albrechts Augen streiften Andreas kurz, bevor sie wieder Akuma fixierten, der sich in Millimeterschritten weiter zurückgetastet hatte, jetzt aber rücklings gegen den Taubenanhänger gestoßen war.
»Ich hab doch gesagt: Von China haben Sie keine Ahnung. Akuma hat mich einfach nur ausgelacht und gesagt, das sei meine Sache, wenn ich das Mädchen loswerden wollte. Nur Mailin würde ich damit sicher keinen Gefallen tun.«
Mick begann langsam zu begreifen, in was für einem Dilemma sich der Alte plötzlich befunden hatte. Li-Zi hatte ihm ja ausführlich erzählt, was den Mädchen widerfuhr, die in die Mühlen der deutschen Behörden gelangten. Sie wurden ausgewiesen, und zurück in China, fielen sie wieder Akumas Mittelsmännern in die Hände.
»Also haben Sie Mailin bei sich wohnen lassen.«
Willi Albrecht nickte Mick zu. »Ja, aber ich schwöre, dass ich sie nicht einmal angefasst habe. Und wann immer sie gewollt hätte, sie hätte einfach gehen können. Aber sie ist geblieben. Zuerst, weil sie nicht wusste, wohin, und am Ende … wegen Thomas.«
»Und dann wurde Mailin schwanger«, ergänzte Andreas den Teil der Geschichte, der ihnen schon bekannt war. Er hatte sich an Mick vorbeigeschoben und tastete sich nun möglichst unauffällig am Regal entlang, auf Willi Albrecht zu.
»Herrgott! Die beiden waren jung und dumm. Vielleicht hätte ich besser aufpassen müssen, aber sie waren halt verliebt. Als Mailin dann schwanger war, hab ich mir Thomas zur Brust genommen. Ihm erklärt, dass er jetzt ein Mann ist, der in der Verantwortung steht. Für Mailin und für sein Kind. Das hat er auch verstanden. Geld war nicht das Problem. Davon hab ich genug, und Thomas sollte es eh erben.« Willi Albrecht umfasste den Griff der Waffe noch etwas fester, und seine von Schmerz erfüllten Augen wurden feucht. »Thomas und Mailin, die beiden wären glücklich geworden, aber dann hat unser Freund Akuma hier mitbekommen, dass Mailin schwanger war, und verlangte plötzlich sein ›Eigentum‹ zurück. Er ließ einfach nicht locker und tauchte immer wieder auf.«
Bei so viel Niedertracht fragte sich Mick, ob er wirklich noch auf den Richtigen zielte. Was war Akuma doch für ein menschenverachtendes Schwein, das Mädchen »verschenkte«, nur um sie anschließend als Druckmittel einzusetzen. Aber immerhin wusste Mick jetzt, warum Akuma in Wirklichkeit so häufig in der Zechensiedlung gesehen worden war.
»Als er wiederauftauchte, habe ich schließlich angeboten, ihm die 4000 Euro, die Mailin ihm angeblich schuldete, zu geben, doch er wollte etwas anderes«, fuhr Willi Albrecht fort, und Mick verstand.
»Die Tauben, auf die er von Anfang an scharf war.« Mick beobachtete unauffällig, wie es Andreas gelang, sich hinter Albrecht in eine gute Position für einen Überraschungsangriff zu bringen. Für den wurde es langsam auch Zeit, denn der Zeigefinger des alten Manns begann bedenklich zu zittern, als die schlimmen Ereignisse wieder in ihm
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