Blutwurstblues. Ein Mick-Brisgau-Krimi: Der große Roman mit dem Team von Der letzte Bulle (German Edition)
eine Frau suchen, sesshaft werden und im Innendienst oder via Frühverrentung einfach noch ein paar Jährchen auf der Sonnenseite des Lebens verbringen? Eigentlich eine reizvolle Vorstellung. Hätte nicht da ein Mann wie Willi Albrecht neben ihm gesessen, der ein ungleich härteres Schicksal durchlebte und der es verdiente, dass wenigstens der Gerechtigkeit Genüge getan wurde.
Den Geräuschen nach zu urteilen, die in die Stille der Küche drangen, tat Andreas im Wohnungsflur einem ganz anderen Bedürfnis genüge. Seinem spontanen und schier übermenschlichen Durst.
Kurz darauf stand Andreas mit einer Tüte Milch, die er aus dem Fresskorb haben musste, im Raum. »Und? Hat er gestanden?« Die Antwort schien ihn jedoch nicht wirklich zu interessieren. Viel mehr machte ihm der Verschluss der Milchtüte zu schaffen, der für jemanden in seinem Zustand ein erhebliches Hindernis darstellte.
Willi Albrecht warf Mick einen fragenden Blick zu. Mick erhob sich. »Ich glaub, wir gehen jetzt besser.« Auch Willi Albrecht stand auf. Ihn schien das Gespräch angestrengt zu haben.
Andreas wandte sich mit einem verschwörerischen Blick seinem Partner zu. »Du musst dir echt mal die Tapeten anschauen«, raunte er leise. »Da sind überall Muster, und ich rede nicht von irgendwelchen Mustern, sondern von Mustern mit System, einer Botschaft. Verstehste?«
Mick, der wusste, dass Widerspruch eh zwecklos war, nickte Andreas wissend zu. »Das hab ich schon gleich beim Reingehen bemerkt.«
»Echt?!« Andreas schien hocherfreut, einen so cleveren Partner zu haben. Weniger erfreut war er jedoch, als Mick ihm die Milchtüte abnehmen wollte. »Ey! Ich schieb grad echt voll den Milchjieper!«
Allein schon für das Wort hätte Andreas in Micks Augen einen Schlag in den Nacken verdient. Da für ihn aber gerade mildernde Umstände galten und Mick es vor Willi Albrecht nicht auf eine Szene anlegte, wandte er sich noch mal entschuldigend an den alten Mann. »Mein Kollege hat heut was … Falsches gegessen. Könnten wir die vielleicht …?« Mick deutete auf die Milchtüte.
Willi Albrecht, der das Schauspiel reichlich befremdet beobachtet hatte, nickte nur. Erleichtert wollte Mick Andreas aus der Wohnung bugsieren. Der hatte trotz seines Rauschs seine guten Manieren jedoch nicht vergessen. Auch wenn die jetzt etwas herzlicher ausfielen. »Danke.« Andreas nahm Willi Albrecht in den Arm.
Mick rollte die Augen, packte Andreas und schleifte ihn aus der Wohnung.
»Hey, wir wollten doch zu Uschi!« Andreas war nicht wirklich erfreut, als er bemerkte, dass Mick ihn nach Hause chauffiert hatte. »Currywurst essen … oder Kohlrouladen … oder …«
Wenigstens machte Andreas keine Anstalten, sich zu wehren, als Mick ihn mit festem Griff durch den Vorgarten zur Haustür bugsierte. »Hier wohnen Daniela Riedmüller, Andreas Kringge und …?«, fragte das selbstgetöpferte Schild in Höhe des Türspions. Mick klingelte. Er hoffte inständig, dass es sich bei dem Teil um eines dieser Geschenke handelte, die man benutzte, weil man den edlen Spender nicht kränken wollte. Vielleicht war es ein Abschiedsgeschenk, das Danas Schützlinge in der Kinderkrippe ihr gebastelt hatten, bevor sie sich in den Schwangerschaftsurlaub verabschiedet hatte.
»Guck mal, haben Dana und ich selbst gemacht«, zerstörte Andreas Micks Hoffnung auf brutale Weise. »Hübsch, ne?«
Mick rang sich ein Lächeln ab, seufzte dabei aber still in sich hinein. Mit einem Mal war ihm alles klar. Es war so weit. Sein Partner wurde sesshaft. Das angemietete Reihenmittelhaus mit der Klinkerfassade war keine Übergangslösung, kein Kompromiss, den Andreas eingegangen war, um dem kommenden Nachwuchs ein Heim zu bieten. Es war die in Stein gemeißelte Zukunft des »neuen« Andreas. Es würde nicht mehr lange dauern, bis er die schicken Designeranzüge ablegte und, anstatt samstags um die Häuser zu ziehen, lieber im karierten Wollpullover hinter dem heimischen Ofen saß. Micks Anrufe würde er als zunehmend lästig empfinden und …
Mick wurde aus seinen Gedanken gerissen, als Dana öffnete. »’tschuldigung, ich bin grad nicht die Schnellste.« Mit einem Lächeln deutete sie auf ihren gewaltigen Babybauch. Die Freude darüber, dass ihr zukünftiger Mann es ausnahmsweise mal vor Einbruch der Dunkelheit nach Hause geschafft hatte, schwang in diesem Lächeln mit. Dann bemerkte sie aber, in welchem Zustand Mick Andreas nach Hause brachte. »Was habt ihr denn getrieben?«
»Kekse
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