Blutwurstblues. Ein Mick-Brisgau-Krimi: Der große Roman mit dem Team von Der letzte Bulle (German Edition)
mir und meiner Tochter steht. Lena gibt mir eh schon die Schuld an Thomas’ Tod. Meinen Sie, das wird besser, wenn sie jetzt auch noch von den Drogen erfährt?«
Mick konnte das Problem des alten Manns nachvollziehen und hätte die Rolle des »bad cop« gerne Andreas überlassen. Da dessen Aufmerksamkeit mittlerweile jedoch vollkommen von dem Bergkristall absorbiert war, musste er wohl selbst ran.
»Aber Ihre Reaktion war ja wohl auch nicht ohne, als Sie davon erfahren haben. Sie haben Ihrem Enkel ordentlich die Leviten gelesen.« Mick drosselte das Tempo. »Hätt ich auch gemacht. Ich hoffe nur, dass es dabei geblieben ist.«
Willi Albrecht sah Mick plötzlich scharf an. »Was meinen Sie?«
»Ich meine, dass man Ihnen auch ein Motiv unterstellen kann. Sie erwischen Ihren Enkel beim Drogenschmuggel und blasen ihm den Marsch. Aber der Bengel will einfach nicht hören. Und als Sie ihn dann ein zweites Mal erwischen …« Mick ließ den Satz in der Luft hängen, um Willi Albrechts Reaktion anzutesten.
Aus Willi Albrechts Augen sprachen jedoch nur Wut und Entsetzen. »Ich soll …«
»Außer Thomas’ haben wir nur Ihre Fingerabdrücke auf der Tatwaffe gefunden!«, setzte Mick nach und baute weiter Druck auf. Er nahm den Alten nicht gern in die Zange, aber wenn er es schon tun musste, dann auch richtig. »An der Tatsache kommen wir nicht vorbei. Außerdem …«
»Außerdem ist doch irgendwie verdächtig, dass dieser Stein …«, Andreas hielt einen Rosenquarz in der Hand, »… zwar lichtdurchlässig, aber eben NICHT durchsichtig ist! Erklären Sie uns das, Herr Albrecht!« In seinen Ausführungen hatte er eine derartige Ernsthaftigkeit an den Tag gelegt, dass selbst Mick sich einen Moment fragte, ob Andreas da wirklich einen Punkt hatte oder ob das pure THC aus ihm sprach. Natürlich war Letzteres der Fall. Willi Albrecht sah Andreas nur verständnislos an.
»Was mein Partner damit meint, ist Folgendes …« Mick musste erst mal überlegen, wie er da wohl eine Brücke schlagen konnte. »Sie spielen einfach ein undurchsichtiges Spiel.«
»Na, das hab ich eigentlich nicht gemeint«, murmelte Andreas, begab sich zu Micks Erleichterung jedoch auf Wohnungsexpedition.
»Sie haben uns nichts von dem Streit mit Retz erzählt. Sie haben den Drogenschmuggel verschwiegen und dass Sie Ihre Tauben verkaufen wollen, erfahren wir auch nur nebenher!« Mick nahm den Alten bei der Schulter. »Wir tun alles, um den Mörder ihres Enkels …«
Willi Albrecht stieß Mick weg. Unversehens taumelte er zwei Schritte zurück und landete auf dem Stuhl, den er eigentlich für Albrecht vorgesehen hatte. Mick war verwundert über die Kraft, die der alte Taubenfreund immer noch hatte.
»Jetzt pass mal auf, mein Junge …« Genau wie Mick sprach Willi Albrecht ruhig, aber deutlich, wenn er meinte, dass es an der Zeit war, etwas klarzustellen. »Ich hab Thomas geliebt. Wenn er sich daneben benommen hat, hat er eins hinter die Löffel gekriegt. Aber ich hätte niemals … niemals die Hand gegen ihn erhoben. Der Junge war mein Ein und Alles. Er sollte einmal alles erben. Mein Haus, die Tauben und mein Geld. Und da ihr doch sicher schon fleißig rumgeschnüffelt habt, wisst ihr, dass da durchaus ein bisschen Schotter ist.«
Albrechts Blick wanderte hinaus in den Garten, wo sich auf halber Strecke zwischen Terrasse und Grundstücksgrenze ein alter Taubenanhänger fand. Das hohe Gras davor war plattgetrampelt, und neben dem Reifen stand ein Werkzeugkoffer.Offenbar hatten die Ermittler Willi Albrecht bei dem Versuch gestört, den betagten Einachser wieder flottzumachen.
»Ich bin alt. Warum hätte ich den Menschen töten sollen, der das Wertvollste in meinem Leben war? Jetzt hat nämlich rein gar nichts mehr einen Wert für mich. Weder das Geld noch die verfluchten Tauben, und es ist vollkommen egal, ob ich die Viecher in die Suppe haue oder an diesen Chinesen verkaufe. Weil so oder so: Thomas ist tot, und ich bin am Ende.«
Willi Albrecht zog sich den Stuhl heran, auf dem eben noch Andreas gesessen hatte, und ließ sich darauffallen. Für einen Moment saßen sich die beiden Männer schweigend gegenüber. Es war einer jener Momente, in denen Mick diese seltsame Mischung widersprüchlicher Gefühle in sich aufsteigen fühlte. Sein halbes Leben hatte er verschlafen, und er war auf dem besten Weg, die andere Hälfte mit der Trauer und dem Leid anderer Menschen zuzubringen. Konnte das richtig sein? Oder hatte Uschi recht? Sollte er sich
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