Blutwurstblues. Ein Mick-Brisgau-Krimi: Der große Roman mit dem Team von Der letzte Bulle (German Edition)
schwieg sie. Das waren Neuigkeiten. Mick wurde aus Willi Albrecht einfach nicht mehr schlau. Keine Frage, die Trauer um seinen Enkel war echt, aber was den Rest betraf, spielte der alte Mann nicht mit offenen Karten.
Thomas’ Streit mit Adolf Retz, der wiederholte Drogenschmuggel, die Finanznot seines Schwiegersohns Paul Schreiner und jetzt noch die Tatsache, dass sein Enkel eine chinesische Freundin hatte, die auch noch schwanger war. Von all dem musste Willi Albrecht gewusst haben und hatte ihnen trotzdem nichts davon erzählt. Warum nicht? Wenn Mick es nicht besser gewusst hätte, er hätte geglaubt, dass Willi Albrecht gar nicht wollte, dass er und Andreas den Mörder seines Enkels fanden.
Aber da war noch mehr, was bei Mick Stirnrunzeln verursachte. Konnte es wirklich ein Zufall sein, dass er bei seinen Ermittlungen auf einen Schweinehund wie Akuma traf, der junge Chinesinnen ausbeutete, und dass sie jetzt erfuhren, dass das Mordopfer ausgerechnet eine chinesische Freundin hatte, von der aber niemand etwas wissen durfte? Eher wurde der RWE dieses Jahr noch deutscher Meister!
Trotzdem war völlig unklar, wer Thomas hätte erschlagen sollen. Micks Gedanken fuhren Karussell. Wo war die Schnittstelle, aus der sich ein Motiv ergab? Da waren eigentlich nur die Tauben, die Willi Albrecht so überraschend an Akuma verkaufen wollte … Konnte es etwas damit zu tun haben?
»Mick!« Andreas’ laute Stimme riss Mick aus seinen Gedanken. Anscheinend hatte er ihn nicht zum ersten Mal angesprochen. »Ich denke, wir sollten jetzt mal zügig zu Willi Albrecht rüber und den Alten zur Rede stellen.«
Mick nickte und wandte sich an Luisa. »Und du kommst schön mit.«
Luisa war sichtlich unwohl bei dem Gedanken. »Muss ich? Ich war noch nicht drüben, seit Thomas … und mein Vater kommt sicher auch gleich zurück.«
»Na, dein Vater wird sich die Zeit schon mit ’nem Keks vertreiben …« Mick reichte dem Mädchen die Hand. »Und was Thomas angeht, da hab ich noch ein paar Fragen.«
Auf dem Weg durch die Schrebergartenanlage hin zum verwilderten Grundstück von Willi Albrecht, auf dem das Gras mittlerweile fast hüfthoch wuchs, löcherte Mick Luisa mit Fragen. Nicht zuletzt, um sie etwas abzulenken. »Also noch mal zu dieser Mailin. Du bist sicher, dass das Thomas’ Freundin war?«
»Ja.« Luisa lächelte. »Thomas war eher von der schüchternen Sorte, aber er und sie wirkten irgendwie so … na ja … vertraut halt. Das hat man gesehen. Da brauchte es gar nicht viele Worte.«
Mick nickte. »Nicht viele Worte? Warum?«
»Ich hab diese Mailin ja nur einmal gesehen, aber zumindest da hat sie kein Wort gesprochen, und ehrlich gesagt, glaub ich nicht, dass sie überhaupt was verstanden hat.«
Sie passierten den weißen Pavillon, und Luisa verlangsamte den Schritt. Mick schob sie sanft vor sich her. »Okay, und wann genau hast du Mailin getroffen?«
»Genau weiß ich das auch nicht mehr. Vielleicht vor eineinhalb Wochen oder so.«
»Und wann ist dir und deinem Freund dieser Chinese zum ersten Mal aufgefallen?«
Luisa antwortete nicht gleich. Sie konnte den Blick nicht von dem Pavillon abwenden.
»Ich mein den mit dem Diplomatenkennzeichen.«
»Das war so vor ungefähr zwei, vielleicht auch drei Wochen.« Luisa, deren Blick noch immer am Pavillon klebte, blieb stehen. »Seltsam.«
»Was?« Mick blieb ebenfalls stehen.
»Ach, es ist nichts. Aber die Klappen sind auf, dabei wurden Thomas’ Tauben normalerweise immer erst abends auf ihre Trainingsflüge geschickt.« Luisa lächelte, als sie bemerkte, dass Mick sich wunderte, warum sie das so genau wusste. »Sie wissen schon. Mein Vater macht doch jedes Mal ’nen Mordsaufstand, wenn eine von den Tauben in den Luftraum seines heißgeliebten Gartens eindringt.«
Mick verstand. Luisa und er setzten sich wieder in Bewegung und folgten Andreas, der die Wildnis des weitläufigen Gartens fast schon hinter sich gelassen hatte. Auf der Terrasse angekommen, schlug er seine Anzughosen aus und begutachtete misstrauisch seine Schuhe. Luisa und Mick holten ihn kurz darauf ein. Türen und Fenster des Zechenhauses waren verschlossen, doch die Tür des Taubenschlags neben der Terrasse stand offen. Andreas machte Mick ein Zeichen und deutete auf die Tür. Mick nickte. Andreas verschwand im Taubenschlag.
»Herr Albrecht?!« Mick und Luisa warteten gespannt auf eine Reaktion, doch die blieb aus. Andreas kam wieder heraus und breitete die Arme aus. »Keiner da. Kein Taubenopa,
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