Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

Blutzeichen

Titel: Blutzeichen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Blake Crouch
Vom Netzwerk:
drangen zu ihr, wenn auch gedämpft.
    Karen wollte das schalldämpfende Zeug wegreißen und sich die Seele aus dem Leib brüllen, um Hilfe herbeizurufen.
    Doch der Kidnapper hatte sie gewarnt. Sollte sie schreien oder auch nur ein Mal gegen den Kofferraum schlagen, würde er sie quälend langsam töten.
    Und sie glaubte ihm.
    Die Fahrertür ging auf und schlug zu.
    Er war die ganze Zeit im Auto gewesen. Wollte er sie testen? Prüfen, ob sie schreien würde?
    Als seine Schritte leiser wurden, dachte sie: An einem Freitagabend allein in meinem Apartment bin ich nicht einsam. Das hier ist Einsamkeit.

7. Kapitel
     
    Ich und Josh und Mikey spielten mit einer Nacktschnecke und einer Lupe, die ich aus dem Zimmer meines großen Bruders geklaut hatte. Mein Bruder heißt Hank und ist elf Jahre alt. Ich bin erst sieben und ich hasse das.
    Mikey hat die Schnecke auf der Zufahrt gefunden, bevor er zur Kirche ging. Er hat keine Angst vor Schnecken, deshalb hat er sie aufgehoben und in ein Weckglas in die Garage gestellt. Ich habe auch keine Angst davor. Ich mag nur nicht, wie sie sich anfühlen.
    Wir spielten am Ende meiner Straße, wo keine Häuser mehr sind. Mom sagt, wenn ich auf der Straße spielen will, muss ich dort spielen, denn dort kommen keine Autos hin. Sie will nicht, dass ich überfahren werde.
    Mikey hat die Schnecke aus dem Glas geholt und auf die Straße gesetzt. Sie kriecht sehr langsam und hinterlässt eine silbrige Schleimspur. Josh hat mich dazu gekriegt, ihm die Lupe zu geben. Er markiert manchmal ganz schön den Boss, aber er ist größer als ich, also muss ich tun, was er sagt.
    »Geh aus dem Licht, du Knirps!«, sagte Josh zu Mikey.
    Mikey ging ein Stück zur Seite. Er hat mehr Angst vor Josh als ich. Josh ist neun. Er hat seine eigene Luftpistole. Als Josh die Lupe über die Schnecke hielt, fiel die Sonne hindurch und zauberte einen hellen Fleck auf dem Schneckenrücken.
    »Was machst du da?«, fragte Mikey.
    »Sieh einfach zu.«
    »Was machst du?«, fragte Mikey erneut.
    »Halt die Klappe! Ich versuch mich zu konzentrieren! Billy hat mir gezeigt, wie man das macht.«
    Auch ich wollte wissen, was er da tat. Es war irgendwie langweilig, Josh nur zuzusehen, wie er die Lupe hielt. Nach einer ganzen Weile stieg Rauch von der Schnecke auf. Josh lachte und wurde richtig erregt.
    »Seht ihr das?«, rief er.
    »Was tust du?«, fragte Mikey.
    »Ich verbrenne sie, Mikey.« Mikey stand auf und lief heulend nach Hause. Er ist erst sechs, und meine Mutter sagt immer, er hätte ein sehr weiches Herz. Josh fragte mich, ob ich es mal versuchen wollte, aber ich antwortete nein. Die Schnecke kroch inzwischen nicht mehr. Oder vielleicht kroch sie noch und ich sah es nur nicht.
    Ich hörte einen lauten Pfiff. Josh schaute auf. »O nein, meine Mom!«, rief er. Josh ließ die Lupe fallen und rannte die Straße hinab. Ich sah ihm nach. Er konnte sehr schnell rennen. Er hatte Angst vor seiner Mutter. Seit sein Vater nicht mehr da war, war sie böse geworden.
    Ich stand auf und trat auf die Schnecke für den Fall, dass sie Schmerzen hatte. Sie blieb wie ekeliger Kaugummi unter meinem Schuh kleben. Ich wollte gerade nach Hause gehen, als ein Mann aus einem grauen Auto stieg, das am Ende der Straße nahe am Wald geparkt war. Er war sehr groß und hatte lange schwarze Haare wie eine Frau. Er kam auf mich zu. Ich hatte Angst, aber er schaute mich nicht mal an. Er ging einfach an mir vorbei die Straße hinauf.
    Etwas fiel aus seiner Tasche auf die Straße, aber er bemerkte es nicht. Ich lief hin und hob es auf. Es war glänzend und sah teuer aus.
    »Mister!«, rief ich. Der Mann drehte sich um. »Sie haben das hier verloren.«
    Der langhaarige Mann kam zurück. Er blickte auf mich herab. Er lächelte nicht. Die meisten Erwachsenen lächeln kleine Kinder an. »Sie haben das hier verloren«, wiederholte ich. Er öffnete eine Hand und ich legte das glänzende Ding hinein. »Was ist das?«, fragte ich. Es sah sehr hübsch aus.
    »Ein Laserpointer. Er kann Laserstrahlen machen.«
    Seine Zähne waren Furcht einflößend – braun und unregelmäßig, als ob er sie nie putzen würde.
    »Wie?«, wollte ich wissen.
    »Mach deine Hand auf. Ich zeig es dir. Komm schon, es tut nicht weh.« Ich öffnete meine Hand und bald leuchtete ein roter Punkt darin auf. Es war das tollste Ding, das ich je gesehen hatte. »Du solltest es mal nachts sehen«, sagte er. »In der Dunkelheit könnte ich diesen Strahl über den Norman-See schicken und er würde ein

Weitere Kostenlose Bücher