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Blutzeichen

Titel: Blutzeichen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Blake Crouch
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schwarzen See.
    Violet spekulierte nicht. Da die Ermittlungen gerade erst aufgenommen worden waren, war dies auch nicht ratsam. Alles, was sie wusste, war, dass eine vierköpfige Familie in diesem Backsteinhaus fünfunddreißig Meter weiter unten an der Straße ausgelöscht worden war. In Verbindung mit anderen Morden – einem erstochenen Verkäufer im Rocky Mount Wal-Mart und einer erhängten Frau am Bodie-Island-Leuchtturm – war dies seit dem Bürgerkrieg eine der blutigsten Wochen in North Carolina gewesen.
    Als sie die Tür öffnete und hinaus in den herbstlichen Abend trat, dachte sie unwillkürlich: Die wenigsten Ermittler begegnen je einer solchen Geschichte. Und weiter: Du bist nicht in der Lage, mit so etwas umzugehen.
    Ihre Beine waren wie Pudding und sie lehnte sich an den Jeep.
    Sie schloss die Augen, holte tief Luft, um sich zu beruhigen, flüsterte ein Gebet und ging anschließend auf die aufblitzenden Blaulichter zu.
    Das Grundstück der Worthingtons war bereits mit Plastikband als Tatort gekennzeichnet und abgeriegelt worden. Violet zählte drei Polizeiwagen, einen Krankenwagen, einen Leichenwagen und zwei weitere Autos, die auf dem Bürgersteig entlang der Straße standen.
    Ein uniformierter Beamter stand am Fuße der Zufahrt und bewachte den Tatort.
    »Hi, Reuben«, begrüßte sie ihn.
    »Viking? Du hast heute Bereitschaftsdienst?«
    »Ja.«
    »Na, du Glückliche. In dem Haus nebenan hat letzten Montag die Entführung stattgefunden. Das hier sind die Nachbarn, die nie die Tür aufgemacht haben oder ans Telefon gegangen sind.«
    »Du machst Scherze. Warst du als Erster hier?«
    »Nein, Bruce. Er ist gerade drüben und redet mit Barry.«
    Violet duckte sich unters Absperrband und ging die Auffahrt entlang auf ihren Sergeant zu, einen breitschultrigen Mann mit dem Umfang einer Eiche und einer ähnlich tiefen Stimme wie ihr Vater. Er redete gerade mit einem Streifenpolizisten, als sie bei ihm eintraf.
    »Hallo, Jungs.«
    Der Sergeant schaute auf sie herab und schüttelte den Kopf.
    »Dieses Mal haben Sie aber einen echten Volltreffer gelandet, Viking«, sagte er, als wäre es ihre Schuld. »Ich werd mal mit Chip und den Jungs reden. Bruce kann Ihnen sagen, was hier los ist.«
    »Waren Sie schon drin, Barry?«, fragte sie.
    »Nein, wir haben gerade erst den Hausdurchsuchungsbefehl gekriegt. Bobby führt ihn gerade aus.«
    »Sind die CSI-Leute schon bereit für die Videoaufzeichnungen?«
    »Ich denke schon.«
    »Könnten Sie sie bitten, eine Sekunde zu warten? Wenn ich mit Bruce geredet habe, will ich mir selbst erst kurz ein Bild machen.«
    Sergeant Mullins starrte einen Moment auf sie herab. Er lächelte selten. Unter seinem nicht zu entschlüsselnden Blick fühlte sie sich immer wieder wie eine Achtjährige. Sie wusste genau, was er dachte, weil sie exakt das Gleiche dachte: Das hier war eine Nummer zu groß für sie.
    Als Sergeant Mullins hinüber zu den mit weißen Jacken bekleideten CSI-Technikern schlenderte, blickte Violet über ihre Schulter und sah auf der Straße am Rand von Worthingtons Rasen eine schluchzende Frau stehen.
    Sie wandte sich wieder zu Bruce.
    Er war ein Jahr jünger als Violet und hatte erst vor einem Jahr die Polizeischule beendet. Sie waren auf die gleiche High School gegangen, ohne sich damals schon zu kennen. Doch Violet konnte sich an ihn erinnern. Er sah immer noch fast genauso aus – groß, schlank, leicht froschäugig und mit einem beängstigend nervösen Gesichtsausdruck.
    Während Bruce die weinende Frau auf der Straße anstarrte, holte sie ihren Notizblock und einen Bleistift aus der Tasche.
    »Bruce?« Seine großen Augen wanderten zu Violet. »Alles in Ordnung?« Bruce holte tief Luft. »Erzähl mir, was wir hier haben.« Sie standen neben dem Minivan der Worthingtons und Bruce lehnte sich gegen die Heckklappe. »Nein, Bruce, lass das.«
    Er stellte sich wieder aufrecht hin, zeigte die Straße hinab und sagte: »Die Frau da hinten heißt Brenda Moorefield. Sie lebt drei Häuser weiter. Heute Nachmittag – «
    »Um wie viel Uhr?«
    »Zwischen halb vier und vier. Sie kam rüber und hat bei den Worthingtons geklopft. Anscheinend spielen ihre Kinder zusammen und Mrs Moorefield hatte die Worthington-Kinder schon zwei Tage nicht mehr gesehen. Sie hatte einen Schlüssel zum Haus, und da die Autos in der Auffahrt standen, aber niemand ans Telefon ging oder die Post reinholte, hat sie beschlossen, reinzugehen. Sie war noch in der Eingangshalle, als sie sie gerochen hat.

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