Boardwalk Empire
sich bereits 1941 , kurz nach seiner Ernennung zum Sheriff, mit der Organisation der Republikaner zerstritten, weil er Jimmy Boyd die von ihm gewünschten Gefallen nicht erwiesen hatte. Man ließ Carmack daraufhin fallen, weil er kein Teamplayer war. Ihm schloss sich der streitlustige Marineoffizier und junge Anwalt Marvin Perskie an, der bereits die Horsemen vertreten hatte.
Die »Liste für die Freiheit« feuerte unter Perskie eine Breitseite nach der anderen gegen Farley und die Republikaner ab. Man veröffentlichte erneut Teile des Kefauver-Berichts und Zeitungsartikel gegen die Korruption in Atlantic City und enthüllte die Kumpaneien zwischen Bauunternehmen und Rathaus. Dabei kamen auch dubiose Versicherungsprämien und Bonuszahlungen für diverse Politiker ans Tageslicht, sowie Anwaltskosten für die juristische Absicherung der Bauanleihen. Von 10 0 000 Dollar Steuereinnahmen landeten nur 2 1 000 bei der zuständigen New Yorker Kanzlei, die mit dem Eintreiben beauftragt war, die übrigen 7 9 000 Dollar wurden zwischen Farley und elf seiner Lakaien aufgeteilt, wobei Hap 9500 fürs Nichtstun erhielt. Carmack und Perskie nannten konkrete Namen und kritisierten die Republikaner schärfer als jemals zuvor. Zum ersten Mal musste sich Farley seinen Gegnern unmittelbar stellen.
Natürlich erfolgten die üblichen Dementis, aber Farley eröffnete weder eine Gegenoffensive, noch zettelte er eine Debatte mit Carmacks Liste an. Er verließ sich lieber auf seine bewährten Stärken und machte den Wahlkreisleitern und Bezirksvorstehern klar, dass sie bei einem Sieg der Fusion-Liste sämtliche politischen Vergünstigungen verlieren würden.
Farley holte sogar Nucky Johnson aus der Versenkung und ließ ihn in der Northside von der Leine. Das war dringend nötig, denn Nucky war selbst während seiner Jahre in Haft ein Held der Schwarzen geblieben. Richard Jackson beschreibt es so:
»Farley konnte mit den Schwarzen nicht so effektiv umgehen wie Nucky. Als Nucky ins Gefängnis ging, nahmen die Schwarzen an, dass er als Boss wieder zurückkommen würde. Deshalb akzeptierten sie Farley nie vollständig.«
Nucky arbeitete sich durch sämtliche schwarzen Viertel, wo er als der »Größte der Größten« angekündigt wurde, und das Konzept ging auf. Die republikanische Wahlliste konnte vierzig der 64 Bezirke auf sich vereinen. Carmack erhielt als Spitzenkandidat der »Freiheitlichen« 3000 Stimmen weniger als Tom Wooten, der unbedeutendste Kandidat der Republikaner. Das von Nucky Johnson installierte System funktionierte auch dreißig Jahre später immer noch.
Ohne dieses System wäre Farley untergegangen. Es hielt die Teile der Gesellschaft zusammen wie Mörtel. Seine Mitarbeiter widmeten sich mit geradezu religiösem Eifer ihren Aufgaben. Sie waren loyal und diszipliniert wie Armeesoldaten, und ausgesprochen gewieft.
Vom geringfügigsten Wahlhelfer bis hoch zu Farley selbst wusste jeder genau, was er zu tun hatte. Das Wahlkreissystem war kein von einem Diktator errichteter Monolith, sondern ein Netzwerk aus politischen Hilfskräften. Farley bildete die Spitze einer Pyramide, doch nur, solange er die ernähren konnte, die sich unter ihm befanden.
Obwohl Farley der unbestrittene Boss war, überließ er das Tagesgeschäft anderen. Genau wie er die Handhabung der illegalen Geschäfte Stumpy Orman anvertraute, ließ er sich auch im Politikbetrieb zuarbeiten. Er genoss seine Position als Parlamentarier und Puppenspieler im Senat viel zu sehr, als dass er sich in einem Maße wie Nucky Johnson in die Kommunalpolitik eingemischt hätte. Dafür hatte er ja James Boyd.
Jimmy Boyd, auch »Boydie« genannt, war einer von Nuckys wichtigsten Zöglingen. Beide hatten sich in den 20er-Jahren kennengelernt, als Nucky sich mit Luciano und der Mafia verbündete. Johnson brauchte zu der Zeit jemanden, dem er einen Teil seiner politischen Verpflichtungen aufhalsen konnte. Boyd hatte ursprünglich als Page im Ritz Carlton gearbeitet, wo Nucky im neunten Stock residierte. Die beiden verstanden sich auf Anhieb. Boyd bereitete das Manipulieren von Leuten Freude, egal, ob durch Charme oder Einschüchterung. Johnson erkannte dieses Talent schon früh und bereitete ihn langsam darauf vor, ihm politische Arbeit abzunehmen. Boyd begann als Assistent für Nuckys Privatsekretärin Mae Paxson, aber stieg schnell zum Stadtbeamten und Vorstand des vierten Wahlkreises auf. Er war einer von Nuckys treuesten Gefolgsleuten, und Hap Farley bekam ihn vererbt, ob er
Weitere Kostenlose Bücher