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Boardwalk Empire

Boardwalk Empire

Titel: Boardwalk Empire Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nelson Johnson
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Dienst. Das Farley-und-Boyd-Regime vergab genau wie Nucky Hunderte von öffentlichen Teilzeitjobs oder solche, zu denen man nicht einmal erscheinen musste. Die Organisation verfügte in großen Mengen über Stellen wie Rettungsschwimmer, Gesundheitsinspektoren, Kuriere, Hausmeister, Buchhalter, Ticketkontrolleure in der Convention Hall und Platzwarte auf der Pferderennstrecke.
    Wenn man einen dieser Jobs wollte, sprach man den zuständigen Bezirksvorsteher an. Man ging nicht einfach ins Rathaus und ließ eine Bewerbung da, denn wenn der Bezirksvorsteher einen nicht vorschlug, erhielt man nicht einmal ein Bewerbungsformular. Alle freien Stellen wurden abhängig vom Wahlkreis vergeben. Wenn jemand aus dem zweiten Wahlkreis starb oder zurücktrat, musste sein Nachfolger ebenfalls aus dem zweiten Wahlkreis stammen. Die Wahlkreisleiter konnten zwar einige Stellen untereinander tauschen, aber die wichtigste Frage war immer die nach dem Wohnsitz. Es war ein »absolutes und striktes System. Wenn keine Stelle in deinem Wahlkreis frei war, dann musstest du eben warten, bis eine frei wurde.« 84
    In Atlantic Citys saisonabhängiger Wirtschaft waren ganzjährige Arbeitsverhältnisse ein seltenes Gut. Hatte man das Glück, einen Vollzeitjob bei der Polizei, der Feuerwehr oder in einem Amt zu ergattern, verdankte man das in der Regel der Partei. Es war Teil des Arbeitsvertrags, der Partei Schützenhilfe bei den Wahlen zu leisten und einen bestimmten Prozentsatz des Einkommens an sie abzugeben, meistens im Rahmen von Wahlkampf-Spendengalas. Wichtiger als eine Beförderung am Arbeitsplatz war ohnehin das politische Engagement.
    Wer bereit war, sich für die Partei zu engagieren, dem stand die Karriereleiter nach oben offen. Jeder Vorgesetzte war früher selbst in der Position gewesen, in der man gerade arbeitete, und hatte es durch seine Loyalität der Partei gegenüber erst zu seiner jetzigen Stellung gebracht. Wollte man in der Regierung oder in der Partei etwas erreichen, musste man die »Politik der Straße« 85 beherrschen. Das Wahlkreissystem erneuerte sich ständig selbst und förderte auf diese Art nachwachsende Politiker.
    Einer dieser Aspiranten war Richard »Dick« Jackson. 1928 , im Alter von zwanzig Jahren, zog Jackson vom vierten in den zweiten Wahlkreis, weil er unzufrieden mit seinem Job als Kassierer bei einer Bank war und lieber bei der Feuerwehr arbeiten wollte. Die Warteliste im vierten Bezirk war zu lange, als dass er sich Chancen auf einen Job ausrechnete. Dicks Bruder Howard war ein altgedienter Feuerwehrmann und riet seinem Bruder zu dem Umzug, weil die Wahrscheinlichkeit, im zweiten Wahlkreis eine Anstellung zu finden, deutlich größer war. Zudem verfolgte Howard eigene Pläne. Er wollte es bis zum Feuerwehrhauptmann bringen, aber dazu musste er erst Bezirksvorsteher werden. Sein Bruder Dick war ein charismatischer Typ und konnte ihm dabei helfen.
    Obwohl Dick nach seinem Umzug umgehend in den Second Ward Republican Club eintrat, musste er noch ein ganzes Jahr auf eine Stelle bei der Feuerwehr warten. Dennoch setzte er sich sofort für seinen neuen Wahlkreis ein.
    Ich wusste, dass ich es Howard gleichtun musste, wenn ich weiterkommen wollte. Ich nahm an jeder Versammlung teil, ich bereitete Sandwiches zu, schenkte Bier aus, spielte den Kellner und machte anschließend alles wieder sauber. Ich verteilte politische Literatur, erledigte Botengänge, fuhr Leute zu den Wahlkabinen und nahm neue Wähler auf. Wenn mein Bezirksvorsteher etwas von mir wollte, stand ich Gewehr bei Fuß.
    Jackson war auf fast jeder Sportveranstaltung anzutreffen und drehte so lange seine Kreise in der Gemeinde, bis er mit jedem auf Du und Du war. Über den Sport lernte er auch Hap Farley kennen, aus dem schnell ein Freund und politischer Verbündeter wurde.
    Vor den Wahlen ging Jackson von Tür zu Tür, um Werbung für die Partei zu machen. Sein Standardspruch lautete: »Sie kennen vielleicht den Kandidaten nicht, aber ich kenne ihn. Zu ihm gehe ich, wenn Sie ein Problem haben, mit dem Sie zu mir kommen. Wenn Sie also wollen, dass ich Ihnen in Zukunft behilflich bin, müssen Sie für ihn stimmen.« Jackson propagierte das System statt den eigentlichen Kandidaten.
    Howard und Richard Jackson machten durch ihren Einsatz bei den Wahlen auf sich aufmerksam und bekamen 1933 die Chance, aufzusteigen. Der Bezirksvorsteher des zweiten Wahlkreises war zu jener Zeit schwerkrank und trat zurück. Eigentlich sah er in John Lewis, einem Mitglied

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