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Boardwalk Empire

Boardwalk Empire

Titel: Boardwalk Empire Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nelson Johnson
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wollte oder nicht.
    Jimmy Boyd war ein Neinsager. Jeder Politiker, der auf die Gunst seiner Wähler angewiesen ist, braucht jemanden, der die Drecksarbeit für ihn erledigt. Im Wahlkampf konnte Farley seinen Unterstützern nicht ohne Weiteres Bitten abschlagen, also brauchte er einen zähen Hund wie Jimmy Boyd als Überbringer von schlechten Nachrichten. Farley und Nucky sagten nie »nein«, allerdings auch nie bedingungslos »ja«. Nicht selten lautete Farleys Antwort: »Von mir aus gerne, aber die Einzelheiten musst du mit Boydie besprechen.«
    »Die Einzelheiten besprechen« war meist ein verstörendes Erlebnis für die Bittsteller, denn Boyd konnte ein »Eisblock« 82 sein. Er wusste, dass die meisten Leute einen Heidenrespekt vor Farley hatten, und das machte er sich zunutze. Boyd listete zunächst zahlreiche Probleme auf, die eine Erfüllung der Bitte unmöglich machten. Es war eine Routine, selbst wenn seine Antwort im Endeffekt positiv ausfiel. Boyd wusste aus jeder dieser Anfragen politisches Kapital zu schlagen, denn je schwieriger eine Bitte zu erfüllen war, desto mehr fühlte sich der Bittsteller der Partei verpflichtet.
    Jimmy Boyd hatte die Aufsicht über die vier Wahlbezirke von Atlantic City, er war Farleys Exekutive. Er disziplinierte die Mitarbeiter und sorgte für reibungslose Abläufe im Wahlkampf. Wenn sich die Wahlhelfer einer Aufgabe nicht gewachsen fühlten, entgegnete Boyd nur: »Kein Problem, dann verschieben wir die Wahl einfach.« Sein Sarkasmus war als Warnung zu verstehen. Wenn der Angesprochene seine Aufgabe daraufhin nicht erledigte, fand er sich schnell ohne Job und ohne Zugang zur Organisation wieder. Boyd regelte seine Angelegenheiten »mit eiserner Hand« 83 . Das hatte er von Nucky gelernt: Wenn man an der Macht bleiben wollte, musste man die Politik wie ein knallhartes Geschäft betreiben.
    Jimmy Boyd verfügte über ein gut ausgebildetes Netzwerk an politischen Hilfskräften, die täglich mit der Bevölkerung in Kontakt standen. Sie berichteten an den Bezirksvorsteher, wenn jemand seinen Job verlor, verhaftet wurde, krank war, starb, Geld brauchte oder neu hinzuzog. Wenn die Angelegenheit wichtig genug war, präsentierte man sie dem Bezirksleiter, Boyd oder Farley selbst. Egal, wie das Problem lautete, die Bezirksarbeiter waren angewiesen, es wenn möglich an Ort und Stelle zu lösen. Sie sollten nichts dem Zufall überlassen und sich um jeden Wähler kümmern, vor allem, wenn er neu im Viertel war. »Man ließ besser niemanden in seinen Bezirk ziehen, ohne ihn als zukünftigen Wähler zu registrieren, sonst gab es Ärger«, berichtet Richard Jackson. Boyd produzierte allerdings mehr als nur Wählerstimmen, sein politischer Einsatz verschaffte ihm auch das Monopol auf Eiscreme.
    Das Eiscreme-Kartell war ein Selbstläufer. Jedes Mitglied brachte ein spezielles Talent mit in das Projekt ein. Nach dem Zweiten Weltkrieg wurde ein Gesetz erlassen, das es den Veteranen erlaubte, öffentlich Handel zu betreiben. Allerdings vergab man die Genehmigungen dazu kommunal, und somit unterlagen sie ausschließlich Boyds Kontrolle. Obwohl Boyd als Mitglied des Bezirksausschusses ohne direkte Verbindung zum Rathaus war, konnte er dank seiner Beziehung zu Farley derartige Angelegenheiten eigenmächtig entscheiden. Solange Boyd den vierten Wahlkreis leitete, erhielt niemand eine Genehmigung ohne seine Zustimmung. Gerissen, wie er war, erkannte Boyd sofort das Potenzial im Eisverkauf.
    Er rekrutierte zuerst Ed Nappen, den vorherigen Leiter des vierten Wahlkreises und jetzigen Sprecher der Veteranen. Nappen suchte weitere Mitarbeiter aus, bei denen er sicher war, dass sie freiwillig einen Teil ihrer Gewinne an die Organisation abgaben. Dazu stieß ein Anwalt namens Perr, der Kontakte zu Eisherstellern in Philadelphia unterhielt und sich nicht nur um den Vertrieb kümmerte, sondern auch sicherstellte, dass unabhängige Eisverkäufer nicht beliefert wurden. Die meisten Leute waren über Boyds Treiben in dieser Angelegenheit informiert, aber keiner beschwerte sich. In Atlantic City wurde Eis am Stiel jetzt von einem Syndikat verkauft. Wo sonst konnte das passieren?
    Solche Schurkenstücke, mit denen sich Politiker die Taschen füllten, waren für die Bürger nichts Besonderes. Korruption gehörte zum Tagesgeschäft, und den Leuten war es egal, ob ihre Regierung ehrlich war, Hauptsache, sie kümmerte sich um ihre alltäglichen Bedürfnisse. Äußerst gefragt waren Arbeitsplätze im öffentlichen

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