Boardwalk Empire
November 1950 zum Wahlkampfthema machen und gingen damit von Tür zu Tür. Sie sammelten 1 6 000 Unterschriften und glaubten, Farley damit unter Druck setzen zu können. Sie täuschten sich.
Farley nahm an einer Versammlung der Polizei und Feuerwehr teil und bat die Unzufriedenen, ihre Forderungen zurückzunehmen, was diese jedoch ablehnten. Farley forderte daraufhin einen schriftlichen Treueschwur von allen Angestellten der beiden Behörden, was dazu führte, dass viele »Streikende« ihren Antrag zurücknahmen und sich mit neuen Richtlinien über ihr zukünftiges Gehalt einverstanden erklärten. Die Einschüchterungstaktik ging auf, und die Anträge auf Lohnerhöhungen scheiterten. Nicht einmal mehr die Hälfte der Leute, welche die Petition ursprünglich unterschrieben hatten, unterstützte den Antrag noch. Damit waren die Initiatoren bis auf die Knochen blamiert.
Die drei Sprecher der Bewegung waren die Polizeibeamten Jack Portock, Fred Warlich und Francis Gribbin, und sie sannen jetzt auf Rache. Sie wollten Farley da treffen, wo es ihm besonders wehtat.
Seit Nucky im Gefängnis saß und sich das Land im Kriegszustand befand, blieben die Kasinos überwiegend geschlossen. Zunächst wegen der Ermittlungen des FBI und später auf Druck der Armee. Um 1950 normalisierten sich die Verhältnisse, und die illegalen Geschäfte blühten von Neuem auf, auch weil Farleys Leute nicht ganz so unverschämt Geld eintrieben wie zu Nuckys Zeiten. Für die Schutzgelder war alleine Stumpy Orman verantwortlich, Hap Farley machte sich an ihnen nicht die Hände schmutzig.
Portock, Warlich und Gribbin wussten genau, dass Kartenspiel, Pferdewetten und die Lotterie nur deshalb existieren konnten, weil die Polizei wegschaute. Die Ordnungspolizei ließ die organisierte Kriminalität gewähren. Wenn es einen Betreiber gab, der nicht von Orman autorisiert war oder sich weigerte, Schutzgeld zu bezahlen, rief der bei Lou Arnheim oder Arch Witham vom Sittendezernat an, die Druck ausübten, das ausstehende Geld eintrieben oder das betreffende Etablissement einfach schlossen.
Einige Wochen nach der gescheiterten Abstimmung um die Lohnerhöhung schlugen Portock und seine Partner zu, und ähnlich wie Tommy Taggart zehn Jahre vor ihnen verhafteten sie jeden, der sich nicht an die Glücksspiel-Gesetze hielt. Die Racketeers fielen aus allen Wolken. Farley reagierte zunächst verhalten und ließ die Polizisten erst bei den Bezirksleitern und dann bei Orman und Jimmy Boyd vorsprechen. Man teilte ihnen mit, dass sie »dem Ruf der Stadt schadeten« und mit den Razzien aufhören sollten.
»Warum machst du das? Damit schadest du dir nur, und du willst dich doch nicht mit der Organisation anlegen, oder? Mach weiter so, und du bist deinen Job los«, drohte der Wahlbezirksleiter den Polizisten.
Im Winter 1951 arrangierte Farleys Verbündeter und Assistent des Sicherheitsdirektors, Richard Jackson, ein Treffen zwischen Farley und den Polizeirebellen, um Frieden zu schließen, doch Jimmy Boyd sagte das Treffen in letzter Minute ab. Boyd empfand die Gesprächsbereitschaft seiner Gegner als Schwäche und empfahl Farley, sie gleich ganz »auszuradieren«. Die Razzien dauerten an, und aus Portock und seinen Kumpanen wurden lokale Berühmtheiten. Zwischen November 1950 und Mai 1951 fügten sie Farleys Apparat empfindlichen Schaden zu. Die Verhaftungen machten vor niemandem Halt und provozierten Farley, Orman und Boyd bis aufs Blut. Die Medien nannten Portock, Warlich und Gribbin mittlerweile die »Four Horsemen« (die »vier apokalyptischen Reiter«, obwohl sie nur zu dritt waren), die heldenhaft gegen Kriminalität und Korruption vorgingen. Nachdem Farley ihnen die Lohnerhöhungen verweigert hatte, standen sie mit dem Rücken zur Wand, ihnen blieb also gar nichts anderes übrig, als ihre Verhaftungen fortzusetzen.
Doch Hap behielt das Heft in der Hand. Den »Horsemen« wurden von ihren Vorgesetzten die unmöglichsten Aufträge erteilt, sie mussten zu abstrusen Zeiten abgelegene Stadtviertel zu Fuß patrouillieren oder verwaiste Abschnitte des Boardwalk und öffentliche Wasserleitungen in Vororten bewachen. Eine neue Einsatzgruppe wurde ins Leben gerufen und Portock und seine Leute als Verkehrspolizisten eingeteilt, die sich nicht mehr als sechs Meter von ihrem Posten in der Mitte der Straße entfernen durften. Ihre Dienstzeiten gingen von 10:30 bis 18:30 Uhr, und das war genau die Zeit, in der die Lotteriebetreiber und Buchmacher ihre Geschäfte abwickelten.
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