Boardwalk Empire
Parkplätzen der großen Shoppingcenter sehen. Die Kampagne zielte eindeutig auf den Geldbeutel der Wähler: Atlantic City wollte dem gesamten Bundesstaat die Taschen füllen. Der passende Slogan dazu lautete »Hilf dir selbst. Ja zu Kasinos!« Die Telefonumfragen gingen weiter, um die Auswirkungen der Kampagne zu messen. Wo man auf unentschlossene Wähler stieß, erhöhte man das Volumen an TV- und Radiowerbung und schickte noch mehr Mitarbeiter von Tür zu Tür.
Als allerletzte Maßnahme verteilte man am Wahltag 17 0 000 Dollar an »Street Money«. Handgeld hatte Tradition in New Jersey, ohne es gingen die Wähler mancher Bezirke nicht an die Urnen. In vielen Vierteln musste man Wahlhelfer dafür bezahlen, bei den Leuten zu klingeln, sie förmlich aus dem Haus in die Wahlkabinen zu zerren und ihnen danach ein Essen oder eine Flasche Schnaps zu spendieren, oder ihnen zumindest ein paar Geldscheine zuzustecken. Das Komitee sorgte dafür, dass in jeder der größeren Städte »genug Geld auf den Straßen lag«, um die Wähler zu den Urnen zu locken und zu gewährleisten, dass sie ihr Kreuzchen an der richtigen Stelle machten.
Sanford Weiner überließ nichts dem Zufall. Am Ende der Kampagne war ganz New Jersey bereit, und die eigentliche Abstimmung war nur noch Formsache. Der Antrag ging mit einer Mehrheit von 35 0 000 Stimmen durch. Kurz darauf kehrte Weiner nach San Francisco zurück. In weniger als nur vier Monaten hatte er das Schicksal von Atlantic City ins Positive gedreht.
In den folgenden Jahren stellte sich heraus, wer die eigentlichen Gewinner der Abstimmung waren. Auf kurze Sicht profitierte Resorts International am meisten von der neuen Infrastruktur, und sie hatten auch am meisten riskiert. Schon zu Beginn der Kampagne war klar, dass Resorts International das erste große Spielkasino eröffnen würden. Allerdings sah niemand voraus, was für ein gewichtiger Player aus dem bis dato relativ unbekannten Unternehmen werden würde. Seit Jonathan Pitney und seiner Camden-Atlantic Land Company hatte sich für niemanden eine so günstige Gelegenheit eröffnet wie für Resorts International. Dabei hatte das Unternehmen zunächst genauso wenig mit Glücksspiel zu tun wie Pitney einst mit der Gründung eines Seebads.
Die Geschichte von Resorts International beginnt mit der Familie Crosby und einer Firma namens Mary Carter Paint . John F. Crosby war ein Geschäftsmann und Anwalt, der in Connecticut als Oberster Staatsanwalt für die Woodrow-Wilson-Regierung gearbeitet hatte. Crosby besaß vier Söhne: Einer war Immobilienentwickler, der andere Schönheitschirurg, der dritte verurteilter Straftäter und der letzte Aktienhändler. Ihre ersten Geschäftskontakte pflegten die Crosbys mit der Schaefer Manufacturing Company , einer Gießerei aus Wisconsin. 1955 kauften die Crosbys das Unternehmen und führten es unter dem Namen »Crosby-Miller« weiter. Ein paar Jahre später erwarb Crosby-Miller mithilfe einer Investment-Gruppe des New Yorker Gouverneurs Thomas E. Dewey die Mary Carter Paint Company . Hauptsächlich verantwortlich zeichnete sich dafür James Crosby, der Aktienhändler.
James Crosby wurde 1928 in Long Island im Bundesstaat New York geboren. Er ging auf eine Privatschule und schloss sein Studium an der Universität von Georgetown ab. Seinen ersten Job trat er im Management einer Farbmanufaktur an, danach stieg er in New York bei einer Versicherungsmaklerfirma ein. Acht Jahre später arbeitete Crosby für den Finanzier Gustave Ring aus Washington und wurde auf eine Farbenfabrik in New Jersey namens Mary Carter Paint aufmerksam.
Das Besondere an der Firma war nicht die Farbe – die war von mittelmäßiger Qualität –, sondern ihre Art, Werbung zu betreiben. Die Firma gab ihren Kunden für jeden gekauften Eimer Farbe noch einen zusätzlichen umsonst dazu, denn ihr Slogan lautete: »Buy one, get one free«, also: »Einen kaufen, den anderen gibt’s umsonst«. Von Anfang an kritisierten Verbraucherschützer den Spruch als bewusst irreführend, denn eigentlich bezahlte man ja immer beide. Der Meinung war 1955 auch die Handelskommission des Bundesstaates und reichte Beschwerde ein, woraufhin Mary Carter Paint ihre für die damalige Zeit höchst innovative Kampagne stoppte. Trotz des zweifelhaften Rufs hielt Crosby den Betrieb für eine gute Investition und drängte seine Familie, ihn zu übernehmen.
1960 formte sich daraus langsam das Unternehmen, das später als Resorts International bekannt wurde.
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