Boardwalk Empire
Verkehrsverbindung mit Philadelphia es ihm ermöglichte, einen Teil seines Landbesitzes zu Geld zu machen. Und selbst wenn der erwartete Aufschwung ausblieb, würde er immer noch von den verbilligten Transportkosten für Glas und Eisen profitieren. Zu dieser Zeit wurden die im Süden New Jerseys angefertigten Güter noch mit Pferdewägen über sandige Straßen verschickt, die bei schlechtem Wetter zumeist nicht passierbar waren.
Samuel Richards griff Pitneys Idee auf, war aber noch nicht vollständig überzeugt. Zunächst übernahm er die Lobbyarbeit für den Gesetzesantrag. Er war zu der Zeit erst dreißig Jahre alt, aber sein Familienname reichte aus, um ihm im Parlament Gehör zu verschaffen. Außerdem hatte er noch ein Argument parat, das seine republikanischen Freunde in Trenton auf Anhieb verstanden: Die Schienenverbindung war notwendig, damit die lokale Eisen- und Glasindustrie konkurrenzfähig blieb. Lediglich Pitneys Vorhaben, die Bahnlinie bis zu einem Flecken Sand mit sieben Holzhütten zu führen, stellte ein Risiko für die Investoren dar. Es gab auch keine Einwände seitens der Camden-Amboy-Schienengesellschaft, vermutlich nahmen deren Betreiber das Vorhaben nicht ernst. Die Regierung von New Jersey gab schließlich nach, das war zum Teil Richards’ Charisma geschuldet, aber auch der Tatsache, dass sie das Ganze für hoffnungslos erachteten. Und so wurde aus dem »Schienenweg ins Nirgendwo« 1852 die Camden-Atlantic Railroad .
Es war ein Riesenschritt in der Verwirklichung von Pitneys Lebenstraum. Richards und er sicherten sich umgehend die Unterstützung zahlreicher Investoren aus der Glas- und Eisenindustrie und die der reichen Landeigentümer. Pitney mochte der Visionär sein, im Beschaffen von Geld war er Richards keine große Hilfe. Aus 1477 ursprünglichen Aktienanteilen erwarb er zwanzig selbst und verkaufte hundert weitere an seinen Freund Enoch Doughty aus Absecon. Richards zog dagegen die meisten Investoren an Land und schanzte den Löwenanteil der Aktien der eigenen Verwandtschaft zu. Den meisten Geldgebern waren die Erfolgsaussichten von Pitneys Kurort egal, denn ihre Fabriken befanden sich im Westen von New Jersey, fünfzig bis achtzig Kilometer von der Küste entfernt. Solange die Eisenbahn ihre Waren beförderte, interessierte es sie wenig, ob der Zug bis zur Küste weiterfuhr und was aus Absecon Island wurde.
Samuel Richards gab später zu, dass er Absecon Island das erste Mal im Juni 1852 besuchte, also nur eine Woche vor Baubeginn, und drei Monate, nachdem die Genehmigung für die neue Verbindung vom Parlament erteilt worden war. Der viele Sand muss ihn nachhaltig beeindruckt haben. Jahre später erinnerte er sich noch: »Meiner Meinung nach war das der furchtbarste Ort der Welt für eine Endhaltestelle.« Die Investoren, die ihn auf dieser Reise begleiteten, waren ebenfalls kurz davor, das Vorhaben baden gehen zu lassen. Richards berichtet weiter: »Die Insel wirkte alles andere als einladend. Ihre nackten Sandhaufen ließen sie wie die reinste Wüste, merkwürdig verwildert und unbewohnt, aussehen.« 4
Die Geldgeber bezweifelten nach diesem Besuch stark, dass man diesen unwirtlichen Ort jemals in einen Kurort verwandeln könnte, und bezeichneten den Bau einer Schienenverbindung als »wahnwitziges Unterfangen«. Sie glaubten auch nicht, dass man die Schienen über das Marschland bis zum Meer legen konnte, aber Richards erinnerte sie daran, dass es in der Hauptsache um die Verbindung ihrer Betriebe mit den wachsenden Metropolen Camden und Philadelphia ging. Pitneys Kurort war nur Beiwerk.
Das Geld der Investoren reichte für weit mehr als nur die Montage der Schienen und den Erwerb der dafür notwendigen Fläche. Pitney und Richards kauften große Teile von Absecon Island auf, das man mit nur sechzehn Kilometern Länge und nicht einmal zwei Kilometern Breite problemlos in Gesamtbesitz nehmen konnte. Die Grundstückspreise waren so niedrig, dass Richards kein Risiko einging, wenn er auf eine massive Aufwertung der Immobilienpreise nach Fertigstellung der Eisenbahnlinie spekulierte. Weil die Leute auf der Insel Pitney vertrauten, kaufte er das Land in seinem Namen und überschrieb es später der Eisenbahngesellschaft.
Die Camden Atlantic Railroad häufte ihren Grundstücksbesitz bald dermaßen aggressiv an, dass der Gerichtshof ein Gesetz verabschiedete, das es ihr verbot, noch mehr Land zu erwerben, was sie allerdings nicht davon abhielt. Sie gründete unmittelbar darauf die
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