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Boardwalk Empire

Boardwalk Empire

Titel: Boardwalk Empire Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nelson Johnson
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Pfeifen der Maschinen, das Stahlross stieß eine riesige schwarze Rauchwolke aus, man hörte ein Malmen und ein Knirschen – und dann fuhr der Zug los.« 6
    Die sechshundert Mitreisenden waren persönlich von Pitney und Richards ausgesucht worden. Es handelte sich um Verleger, Politiker und besonders wohlhabende oder wichtige Persönlichkeiten. Sie sollten Atlantic City von Anfang an ein gewisses Ansehen verschaffen. Der Zug hielt mehrmals unterwegs, damit die wichtigsten Aktieninhaber Reden halten und vor Freunden und Angestellten mit ihren Investitionen prahlen konnten. Mindestens einer der Passagiere war nicht besonders beeindruckt von der Reise und beschreibt sie als »langweilige Aufeinanderfolge von Wäldern und Sümpfen. […] Es liegen keine Ortschaften oder gar Städte auf dem Weg, lediglich ein paar Holzfällerhütten, Verschläge von Köhlern und eine klapprige Sägemühle.«
    Zweieinhalb Stunden nachdem die Bahn Camden verlassen hatte, hielt der Zug auf dem Festland, und die Besucher wurden mit Booten hinüber nach Atlantic City gebracht. Eine Brücke würde erst in ein paar Monaten fertiggestellt sein. In Atlantic City beförderte ein zweiter Zug die Passagiere direkt vor die Eingangstür der neuen besten Adresse der Stadt, dem United States Hotel . Es gehörte der Eisenbahngesellschaft und war ein weitläufiges vierstöckiges Gebäude mit Platz für zweitausend Gäste. Die Eröffnung erfolgte schon vor der eigentlichen Fertigstellung, und zum Jahresende war es nicht nur das größte Hotel in Atlantic City, sondern das größte im gesamten Land: Es besaß mehr als sechshundert Zimmer, und seine Grundfläche erstreckte sich über nahezu sechs Hektar Land.
    Nach ihrer Ankunft servierte man den Gästen ein extravagantes Menü, an das sich Reden und musikalische Darbietungen anschlossen. Danach flanierte man über den Strand und begutachtete diverse alte Schiffswracks. Für die Öffentlichkeit nahm die Camden-Atlantic Railroad ab dem 4. Juli 1854 ihren Betrieb auf, und den Rest des Sommers blieb der Zug fast durchgehend ausverkauft.
    Für Jonathan Pitney war es eine großartige Zeit, auch wenn seine Gewinne deutlich kleiner ausfielen als die von Richards. Seine Idee war Wirklichkeit geworden. Durch die Eisenbahn konnten Bürger aus Camden und Philadelphia jetzt in nur wenigen Stunden zur Küste reisen, ohne dafür länger Urlaub nehmen zu müssen. Zudem wurden auch die Hoffnungen von Samuel Richards und seiner Investoren erfüllt, die sich einen Aufschwung rund um die Grundstücke entlang der Bahnstrecke versprochen hatten. In nur drei Jahren entstanden allein fünfzehn neue Haltestellen zwischen Camden und Atlantic City. Der Richards-Clan veräußerte die meisten seiner Ländereien und strich gigantische Gewinne ein. Die Grundstückspreise auf Absecon Island explodierten. Dünenlandschaften und Feuchtgebiete, die noch vor wenigen Jahren für zwölf Dollar pro Hektar ihren Besitzer gewechselt hatten, erzielten jetzt Preise bis zu 750 Dollar pro Hektar. Von so einem Einkommen hatte Pitney als Arzt nur träumen können.
    Die bauliche Weiterentwicklung des Ferienorts konnte bei Weitem nicht mit den Gewinnen der Immobilienspekulanten mithalten. Pitney freute sich zwar über den Aufstieg seines ehemaligen Stranddorfes, aber bis zum exklusiven Kurort war es noch ein weiter Weg. Ihm war klar, dass sich dort erst eine echte Gemeinde herausbilden musste. Es gab zahlreiche weitere Hindernisse. Zunächst war da die abenteuerliche Zugfahrt: Die frühen Züge besaßen keine Fenster, nur Vorhänge aus Zeltstoff, und so kam es häufig vor, dass die Passagiere nach der Fahrt rußverschmiert und mit aschegeschwärzter Kleidung ankamen, wegen des Rauchs aus den Schornsteinen der Dampfloks. Ein langer Leinenmantel, ein Hut und eine Schutzbrille gehörten in diesen Tagen zur Standardausstattung. Einer der ersten Schaffner der Camden-Atlantic-Linie erinnert sich: »Wenn man zwischen 1854 und 1855 nach Atlantic City wollte, musste man über Berge aus Sand, durch Kiefernwälder und durch Eichensträucher fahren, und die meisten unserer Wägen waren offen. Unglaublich, wie das staubte.« Da die frühen Züge über kein Kommunikationssystem verfügten, »musste ich vor jedem Halt zum Lokführer gehen, ihn mit einem Stück Holz schlagen und einen Finger in die Höhe halten, damit er mitbekam, dass jemand aussteigen wollte.«
    Das Abenteuer endete nicht mit der Bahnfahrt. Bei ihrer Ankunft bekamen die Reisenden eine deutlich höhere

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