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Bob, der Streuner

Bob, der Streuner

Titel: Bob, der Streuner Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: James Bowen
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andere ergänzte: »Aber die meisten beschränken sich dabei auf einen Park oder eine Grünfläche vor dem Haus. Seine Abenteuerlust ist schon ziemlich ungewöhnlich.«
    Die andere Verkäuferin nickte bestätigend. »Sieht so aus, als hätten Sie da ein kleines Juwel gefunden. Ganz offensichtlich hat er beschlossen, Sie zu adoptieren.«
    Es war schön, von den beiden zu hören, was ich mir bisher kaum einzugestehen wagte. Deshalb hatte ich immer wieder diese Zweifel, ob es richtig war, ihn zu behalten. Die Worte der beiden Fachfrauen waren Balsam für meine Seele.
    Umso wichtiger war nun die Frage, wie ich Bob als ständigen Begleiter eines Straßenmusikers in den überfüllten Straßen von London am besten beschützen konnte. Covent Garden war ein gefährliches Pflaster für freiheitsliebende Pelztiger. Neben den vielen Autos gab es bestimmt noch viele andere drohende Gefahren, die man sich gar nicht ausmalen wollte und konnte.
    »Am besten nehmen Sie so eine Garnitur«, riet mir eine der Verkäuferinnen und holte eine hübsche, himmelblaue Nylon-Kombination mit Leine vom Verkaufsständer. Dann erklärte sie mir die Vor- und Nachteile dieses Artikels: »Eine Katze sollte niemals eine Leine am Halsband tragen wie ein Hund. Ein Lederhalsband kann die Katze am Hals verletzen oder gar strangulieren. Ein Katzenhalsband muss immer elastisch sein, damit sich die Katze daraus befreien kann, falls sie irgendwo hängen bleibt. Deshalb ist es aber auch nicht für Leinen geeignet. Sonst stehen Sie früher oder später ohne Katze da. Ein Garnitur aus Geschirr und Leine gibt Katze und Halter dagegen Sicherheit und ist genau das Richtige für euch, wenn ihr viel unterwegs seid.«
    »Wird es ihm nicht unangenehm sein?«, gab ich zu bedenken. »Bestimmt fühlt er sich damit eingeengt.«
    Sie nickte: »Ja, er muss sich langsam daran gewöhnen. Es kann schon eine Woche dauern, bis er es akzeptiert. Erst mal nur für ein paar Minuten umlegen, bevor Sie morgens aus dem Haus gehen. Und dann täglich die Zeit mit Geschirr ausdehnen.«
    Sie sah meinen grübelnden Blick und schlug vor: »Sollen wir es ihm mal anziehen?«
    »Ja, warum nicht?«
    Bob saß immer noch entspannt auf meiner Schulter und wehrte sich nicht. Aber er verstand nicht, was das alles sollte und fühlte sich mit Geschirr etwas unbehaglich.
    »Er soll es anlassen, damit er sich an das Gefühl des Materials auf seinem Körper gewöhnt«, meinte die Verkäuferin leise, um Bob nicht noch mehr zu verwirren. Aber es hätte schon mehr gebraucht als einen Fremdkörper namens Katzengeschirr, um Bobs Vertrauen zu erschüttern.
    Die Luxusgarnitur aus Geschirr, Leine und Halsband kostete stolze 13 Pfund und war eine der teuersten im Laden. Aber für Bobs Sicherheit war mir nichts zu teuer. Wäre ich ein Geschäftsmann und Geschäftsführer der James & Bob GmbH , dann wären zufriedene Mitarbeiter ein wichtiger Bestandteil meiner Firmenphilosophie. Also musste ich in mein Personal investieren. Und es handelte sich in diesem Fall eben um Katzenpersonal.
    Es dauerte nur zwei Tage, um Bob an sein neues Schmuckstück zu gewöhnen. Zuerst trug er es nur zu Hause, manchmal sogar mit Leine am Geschirr. Anfangs irritierte ihn dieser verlängerte, am Boden hinter ihm her schleifende Schwanz doch ziemlich. Aber auch daran gewöhnte er sich schnell. Immer wenn er sein Geschirr trug, bekam er extra Lob und auch das eine oder andere Leckerchen. Schimpfen war in dieser Gewöhnungsphase absolut tabu, aber das tat ich auch sonst nie.
    Nach zwei Tagen wagten wir bereits kleine Spaziergänge mit dem Geschirr im Hof. Bei meinen Sessions als Straßenmusiker trug er noch das vertraute alte Halsband aus Schuhbändern. Wir steigerten uns, indem er es immer öfter auf dem Weg nach Covent Garden trug. Langsam aber sicher wurde es zu seiner zweiten Haut.
    Bob kam immer noch jeden Tag freiwillig mit in die Stadt. Wir blieben nie allzu lang, denn ich wollte ihn nicht überfordern. Dabei war ich mir inzwischen sicher, dass er mir bis ans Ende der Welt folgen würde. Außerdem durfte er bei längeren Fußmärschen immer auf meiner Schulter sitzen, damit er nicht zu müde wurde.
    Erst in der dritten Woche hatte er die Nase voll. Eines Morgens gab er mir klar zu verstehen, dass es ihm reichte. Normalerweise kam er sofort freudig angesprungen, wenn ich meine Jacke anzog und meinen Rucksack packte. Dann strich er mir erwartungsvoll um die Beine, bis ich ihm sein Geschirr anlegte. Nicht so an diesem Tag. Zuerst

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