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Bob und wie er die Welt sieht

Bob und wie er die Welt sieht

Titel: Bob und wie er die Welt sieht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: James Bown
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Fahrradbau bis zu Computerkursen. Aber mein Kampf gegen die Sucht hat mich so viel Kraft gekostet, dass ich es nie geschafft habe, mich zu etwas aufzuraffen, was mit Kopfarbeit zu tun hatte. Straßenmusik war damals die einfachere Lösung, und als Nick versetzt wurde, hatte ich diese Chance vertan. Es sollte nicht die erste und auch nicht die letzte Gelegenheit sein, die mir aus eigener Schuld durch die Lappen ging.
    Mein Vater bot sich an, sich nach einem Job für mich umzusehen. »Aber momentan hat es keiner leicht«, sagte er und hielt mir eine Tageszeitung vor die Nase. »Immer wenn ich in die Zeitung schaue, nichts als Verhängnis und Verderben. Überall nur Entlassungen.«
    So weltfremd war ich nun auch wieder nicht. Natürlich wusste ich, dass es Millionen Arbeitslose gab. Und jeder einzelne von ihnen brachte bessere Voraussetzungen mit als ich. In der Hackordnung der Arbeitssuchenden war ich so weit unten, dass ich mich gar nicht erst bewerben wollte.
    Mein Vater hat mir gegenüber noch nie ein Blatt vor den Mund genommen. Deshalb wusste ich auch, wie sehr ihn meine Lebenssituation frustrierte. Seiner Meinung nach arbeitete ich nicht hart genug daran, sie zu ändern. Ich verstand seinen Standpunkt, aber ich tat doch bereits alles im Rahmen meiner Möglichkeiten!
    Um die schlechte Stimmung etwas aufzulockern, redeten wir über seine Familie. Meine Halbgeschwister und ich standen uns nicht sehr nahe, wir sahen uns nur selten. Mein Vater wollte wissen, was ich zu Weihnachten vorhatte. Ich habe Weihnachten zweimal mit seiner neuen Familie gefeiert, aber das war für keinen von uns ein Highlight.
    »Ich feiere Weihnachten mit Bob. In seiner Gesellschaft fühle ich mich einfach am wohlsten«, wehrte ich lächelnd ab.
    Mein Vater konnte mit meiner Beziehung zu Bob nichts anfangen. Auch heute streichelte er ihn zwar ab und zu und passte auf ihn auf, wenn ich zur Toilette ging. Er bestellte bei der Kellnerin sogar ein Schüsselchen Milch für ihn und gab ihm ein paar Leckerchen. Aber er war kein Katzenliebhaber. Wenn ich ihm erzählte, wie sehr mir Bob geholfen hat, mein Leben wieder in den Griff zu bekommen, starrte er mich nur entgeistert an. Aber ich nahm ihm das nicht übel.
    Er fragt mich auch jedes Mal nach meiner »Gesundheit«, und es war immer eine höfliche Umschreibung für »Lässt du auch die Finger von den Drogen?«.
    »Es geht mir gut«, gab ich zur Antwort. »Ich war vor Kurzem dabei, wie ein Mann auf dem Hausflur vor meiner Wohnung an einer Überdosis gestorben ist. Das hat mich ganz schön mitgenommen.«
    Er war schockiert. Er hatte keine Ahnung von Drogen und allem, was dazugehörte. Und wie so viele Leute seiner Generation hatte er Angst davor. Deshalb hat er auch nie wirklich verstanden, wie schrecklich mein Leben als Drogensüchtiger war.
    Auch in dieser Zeit haben wir uns manchmal gesehen, aber wie alle Süchtigen hatte ich gelernt, diesen Teil meines Lebens gut zu verstecken, wenn nötig.
    Bei einigen unserer Treffen war ich völlig zugedröhnt. Ich flunkerte ihm eine Erkältung vor und ging davon aus, dass er den Unterschied sowieso nicht erkennen würde. Aber mein Vater war nicht dumm und hatte bestimmt gespürt, dass es mir nicht nur wegen der »Erkältung« schlecht ging. Allerdings wäre er nie darauf gekommen, warum. Er hatte keine Ahnung, was man als Drogenabhängiger durchmacht. Und um diese Ahnungslosigkeit beneidete ich ihn.
    Wir saßen etwa eineinhalb Stunden zusammen in dem Pub, dann brach er auf, um seine U-Bahn zu erreichen. Er gab mir ein paar Pfund zur Überbrückung, und wir machten einen Termin für das nächste Treffen aus.
    »Pass auf dich auf, Jamie«, verabschiedete er sich.
    An der Victoria Station war noch ziemlich viel los. Der abendliche Berufsverkehr war noch in vollem Gange. Da ich noch ein paar Magazine in meinem Rucksack hatte, beschloss ich kurzerhand, sie hier noch an den Mann zu bringen. Ich fand einen guten, leeren Verkaufsplatz vor dem Bahnhof und legte los.
    Alles lief bestens. Bobs Magen war gefüllt, und ich war gut in Form. Viele Leute blieben stehen und bewunderten Bob. Gerade als ich überlegte, ob ich diesen Zusatzverdienst für ein Take-away-Curry ausgeben sollte, bekamen wir Ärger.
    Ich sah die beiden Männer, wie sie die Straße überquerten und auf den Haupteingang der Victoria Station zusteuerten. Sie führten nichts Gutes im Schilde, das war mir sofort klar. Einen der beiden kannte ich noch aus der Zeit, als ich in Covent Garden The Big Issue

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