Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Bob und wie er die Welt sieht

Bob und wie er die Welt sieht

Titel: Bob und wie er die Welt sieht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: James Bown
Vom Netzwerk:
arbeiten.
    Eine halbe Stunde später tauchte ein anderer Verkäufer auf. Ich kannte ihn vom Sehen. Er war ein Neuling bei The Big Issue und hatte immer einen ziemlich verwahrlosten, grantigen alten Hund bei sich.
    »Was machst du denn da? Das ist mein Verkaufsplatz!«, fuhr er mich an.
    »Nein, ganz bestimmt nicht«, gab ich zurück. »Ich arbeite hier schon seit über einem Jahr.«
    »Das mag ja vor einem Jahr dein Platz gewesen sein, aber jetzt ist es meiner. Die Verwaltung hat ihn mir zugeteilt.«
    »Was? Ich weiß wirklich nicht, wovon du redest. Wir gehören hier sozusagen zur Einrichtung. Sogar die Lokalzeitung hat schon über uns berichtet«, versuchte ich es mit Vernunft und ruhiger Stimme.
    Er zuckte nur mit den Schultern und blies genervt seine Backen auf.
    »Was soll ich sagen?«, brummte er. »Geh und sprich mit Rita. Sie soll dich aufklären.«
    »Keine Sorge, die Idee hatte ich auch schon«, giftete ich ihn an und marschierte wutentbrannt über die High Street zum Verteilerstand in Islington Green.
    Als ich Ritas Gesicht sah, war mir klar, dass hier etwas faul war.
    »Oh, hallo James«, murmelte sie und vermied es dabei, mir in die Augen zu sehen. »Schau, es tut mir leid. Es war nicht meine Entscheidung. Als er hier auftauchte, sagte ich ihm, dass es dein Verkaufsplatz ist und dass du nur einen Monat gesperrt bist. Zwei Wochen war Ruhe. Aber scheinbar ist er einfach nach Vauxhall gefahren, und die haben ihm den Platz zugeteilt, ohne mich zu fragen. Ich konnte nichts mehr tun, als ich es erfahren habe.«
    Ich war fassungslos. Für ein paar Augenblicke fehlten mir einfach die Worte. Auch wenn das jetzt eingebildet klingt, aber ich war es, der diesen Verkaufsplatz zur Goldgrube für The Big Issue – und natürlich auch für mich – gemacht hatte. Vorher wollte keiner an dieser Stelle Zeitschriften verkaufen. Meine Vorgänger sind alle daran gescheitert, dass die Passanten an dieser Stelle viel zu sehr in Eile waren, um sich aufhalten zu lassen. Im U-Bahn-Bereich hatte keiner Zeit für ein Verkaufsgespräch. Aber mir war es – natürlich nur mithilfe von Bob – gelungen, diesen Verkaufsplatz erfolgreich zu machen. Sogar unsere Kontrolleure mussten zugeben, dass sie nie damit gerechnet hatten, wie viele Leute bei uns stehen blieben. Und wie hoch unser Absatz war.
    Mein Mund war trocken, als ich meine Sprache wiederfand: »Ich kann nicht glauben, dass sie mir das antun«, murmelte ich schockiert und versuchte zu verstehen, warum das passiert war. »Ist es wegen meines Buchs? Glauben die etwa, ich brauche kein geregeltes Einkommen mehr? Wenn das der Grund ist, dann liegen sie total falsch. Das Buch ist doch nur ein Tropfen auf dem heißen Stein, ein kleiner, einmaliger Bonus und keine Langzeitperspektive.«
    Rita gab mir keine Antwort, sie schüttelte nur den Kopf und stotterte nur ihr hilfloses: »Ich weiß es nicht!« oder »Es tut mir leid«.
    Letztendlich stürmte ich mit Bob auf meiner Schulter wütend davon.

    Wenn ich heute daran denke, bin ich alles andere als stolz auf meine Folgereaktion. Ich fühlte mich wirklich betrogen und ungerecht behandelt. Wie gedankenlos waren die denn da in dieser Verwaltung?
    Ich stürmte zurück an die U-Bahn-Station und stellte meinen »Nachfolger« nochmal zur Rede. »Hier ist mein Angebot: Zwanzig Pfund und der Platz gehört wieder mir. Was hältst du davon?«
    Für einen Moment starrte er den Schein an und überlegte. Dann schnappte er sich das Geld, packte seine Magazine zusammen und verschwand mit seinem Hund. Leider war er zehn Minuten später wieder da, diesmal mit Holly im Schlepptau.
    »James, das ist nicht mehr dein Verkaufsplatz«, keifte sie mich an.
    »Ist er doch! Ich habe dem Kerl gerade zwanzig Pfund bezahlt, um ihn zurückzubekommen«, gab ich zur Antwort.
    »So funktioniert das nicht, und das weißt du genau, James«, schimpfte sie.
    Mir war schwindelig vor Wut. Ich konnte einfach nicht verstehen, warum sie mir das antaten und auf welche Weise ich davon erfahren hatte. War ich wirklich so unbeliebt in der Big Issue -Gemeinschaft? Das war es wohl. Wie sollte ich mir sonst erklären, dass sich scheinbar alle gegen mich verschworen hatten?
    »Dann gib mir meine zwanzig Pfund zurück«, forderte ich den anderen Verkäufer auf.
    Aber der weigerte sich: »Nein, ich habe heute noch nichts verdient.«
    Er hatte das Geld bestimmt noch nicht ausgegeben, aber ich konnte ihn auch nicht zwingen, meine Kohle wieder herauszurücken. Also stellte ich mich nur

Weitere Kostenlose Bücher