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Bob und wie er die Welt sieht

Bob und wie er die Welt sieht

Titel: Bob und wie er die Welt sieht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: James Bown
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herausgeholt.«
    »Ja, klar«, gab sie sarkastisch zurück und verschwand in der Menge.
    Ich war nicht sicher, ob ich ihre Drohung ernst nehmen sollte. Jeder dieser »Spitzel« war anders. Die einen machten ihre Drohungen wahr, andere wollten damit nur ihren Standpunkt klarmachen. Letztendlich kam ich zu dem Schluss, mir von ihr nicht den Tag ruinieren zu lassen, und ließ mich von der guten Stimmung mitreißen.
    Ich nahm mir den Sonntag frei und ging erst Montag wieder zur Arbeit. Bis dahin hatte ich Holly komplett vergessen. Aber am Mittwoch ging der Ärger los.
    Gegen Mittag war ich in Islington und ging zum Verteilerstandort von Rita, um meinen Vorrat an Zeitschriften aufzustocken.
    »Tut mir leid, James, ich darf dir keine geben. Du bist auf der Liste der vorläufig gesperrten Mitarbeiter.«
    »Was?!«
    »Angeblich hat dich jemand im West End beim ›Flanieren‹ erwischt. Du kennst die Regeln. Du musst dich in der Verwaltung in Vauxhall melden.«
    Verdammte Holly , fluchte ich innerlich. Ich ärgerte mich maßlos. Dieser Vorwurf war so unfair, kam aber immer wieder vor, weil uns so viele Leute ansprachen, wenn ich mit Bob unterwegs war.
    Wenn einer wusste, dass man nur an den genehmigten Standorten verkaufen durfte, dann war ich das. Schließlich musste ich diese Regel immer wieder Leuten erklären, die mich auf der Straße wegen Bob ansprachen. Manche fanden die Regel nur blöd, andere stürmten verärgert weiter. Auch diese Aufklärungsgespräche galten schon als »Kontakt mit einer Person in der Öffentlichkeit« und wenn ich dabei von einem anderen Big Issue -Verkäufer oder einem Kontrolleur beobachtet wurde, zählten sie zwei und zwei zusammen und machten daraus fünf.
    Ich hatte überhaupt keine Lust auf die Fahrt nach Vauxhall, aber ich wollte meinen Platz an der Angel unbedingt behalten. Das Buchhonorar war kein Ersatz für ein regelmäßiges Einkommen.
    Im Bürogebäude der Big Issue musste ich eine halbe Stunde warten, bis ein Vorgesetzter für mich Zeit hatte. Als ich endlich aufgerufen wurde, erklärte er mir, dass in der wöchentlichen Besprechung der Kontrolleure, in der Standortstreitigkeiten, Verfehlungen der Verkäufer und ähnliche Dinge besprochen wurden, mein Name gefallen war.
    »Es tut mir leid, aber ich werde dir einen Monat die Lizenz entziehen müssen, weil dich eine Kontrolleurin beim Flanieren zwischen den Tischen im Außenbereich eines Pubs erwischt hat.«
    Ich versuchte ihm die Situation zu erklären, aber die Mühe hätte ich mir sparen können. Für die Bürohengste der Big Issue war man schuldig, solange man nicht schriftlich Einspruch erhob. Diese Prozedur hatte ich mir einmal angetan, als ich noch in Covent Garden verkaufte. Damals hatte man mich auch zu Unrecht beschuldigt, beim Zeitungsverkaufen herumgelaufen zu sein. Mein Wort stand gegen ihres, und meines war natürlich nichts wert, also verlor ich meine Lizenz trotzdem.
    Diesmal versuchte ich gar nicht erst, mich gegen die Bosse aufzulehnen, und akzeptierte die Arbeitssperre. Ich unterzeichnete die nötigen Papiere, gab meinen Ausweis und die Verkäuferjacke ab und ging nach Hause. Ich war stinksauer, aber ich musste mich damit abfinden. So ist das Leben.
    »Wie heißt das Sprichwort? Keine gute Tat bleibt ungestraft«, sagte ich zu Bob auf dem Heimweg in der U-Bahn.
    Ich nahm mir vor, die Zeit gut zu nutzen. Ich konnte mich auf das Buch konzentrieren, als Straßenmusiker Geld verdienen und nach einem Monat an meinen Verkaufsplatz an der U-Bahn-Haltestelle Angel zurückkehren.
    Wenn es nur so einfach gewesen wäre.

    Am Ende meines Strafmonats fuhr ich noch einmal zur Big Issue -Verwaltung. Ich war nicht sicher, ob sie mir meinen Ausweis und meine Weste am gleichen Tag wiedergeben würden, also nahm ich auch meine Gitarre mit. Aber meine Angst war unbegründet. Meine »Strafe« war verbüßt, und ich bekam meinen Ausweis und meine Verkäuferjacke zurück. Ich kaufte gleich vor Ort einen Stapel Magazine und machte mich auf den Weg zu meinem Verkaufsplatz an der U-Bahn-Station.
    »Wir sind wieder im Geschäft, Bob«, informierte ich meinen Kater.
    Als wir an der U-Bahn-Haltestelle Angel nach oben kamen, war mein Platz tatsächlich leer. So sollte es auch sein, denn es war immer noch der mir zugeteilte Stammplatz. Trotzdem hätte es mich nicht überrascht, wenn sich jemand meine Abwesenheit zunutze gemacht hätte. Mit Elan breitete ich die Decke für Bob aus, legte die Zeitungen und meinen Rucksack darauf und fing an zu

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