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Bob und wie er die Welt sieht

Bob und wie er die Welt sieht

Titel: Bob und wie er die Welt sieht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: James Bown
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Besserwisser, die mir das nicht glauben wollten, aber das ist die Wahrheit.
    Auch sein Geschirr und die Leine waren immer wieder ein Thema für Vorwürfe. Wenn ich für den Satz »Oh, Sie sollten ihn nicht an die Leine legen, er ist doch kein Hund!« jedes Mal ein Pfund bekommen hätte, dann wäre ich inzwischen ein reicher Mann. Ich habe meine Gründe dafür so oft dargelegt, dass mich meine eigene Erklärung inzwischen nur noch langweilte. Zwei Mal ist Bob in Panik weggerannt, weil er sich erschreckt hatte: einmal am Piccadilly Circus und ein anderes Mal in Islington. Zum Glück habe ich ihn beide Male wiedergefunden, und er war danach immer sehr erleichtert und anhänglich. Damals habe ich mir geschworen, das wird nie wieder passieren. Aber egal, wie oft ich mich wiederholte, für manche Leute war und blieb ich ein Tierquäler.
    Was mich aber am meisten verletzte, war der Vorwurf, ich würde Bob mit Medikamenten ruhigstellen. Zum Glück habe ich das bisher nur zwei Mal gehört. Es war jedes Mal wie ein Schlag in die Magengrube. Als obdachloser Drogensüchtiger habe ich viel erlebt und noch mehr durchgemacht, um von der Sucht loszukommen. Will heißen, ich bin hart im Nehmen, wenn Fremde mich verurteilen, aber diese Anschuldigung nehme ich echt persönlich. Sie trifft mich tief.

    Als ich der Inspektorin zusah, wie sie Bob untersuchte, war ich mir ziemlich sicher, dass jemand einen, zwei oder gar alle drei Vorwürfe der RSPCA zugetragen hatte. Aber von ihr würde ich nichts erfahren, zumindest nicht, solange sie ihre Untersuchung nicht abgeschlossen und einen Bericht darüber geschrieben hatte.
    Sie nahm ein Mikrochip-Lesegerät aus ihrer Tasche und überprüfte, ob Bob gechippt war. Das Gerät zeigte meinen Namen und meine Adresse als Eigentümer des Tieres an.
    »Na, das ist doch ein guter Anfang«, lächelte sie. »Sie wären überrascht, wie viele Katzenbesitzer ihre Tiere immer noch nicht chippen lassen.«
    Dann untersuchte sie Bob auf Flöhe, begutachtete seine Zähne und roch an seinem Atem – wahrscheinlich um festzustellen, ob er ein Nieren- oder Leberproblem hatte. Auch seine Augen wurden genau unter die Lupe genommen. Für mich Grund genug zu der Annahme, dass mir jemand Katzendoping vorwarf. Ich kochte vor Wut bei dem Gedanken, dass jemand damit zur RSPCA rannte.
    An Gitarrespielen war während Bobs Untersuchung nicht zu denken. Stattdessen versicherte ich den kleinen Gruppen von Schaulustigen, die sich gebildet hatten, dass alles in Ordnung war. Zumindest hoffte ich das inständig.
    Während ich hin und her lief, versuchte ich meine Panik zu bändigen. Sie sollte nicht glauben, ich hätte ein schlechtes Gewissen. Schließlich hatte ich nichts falsch gemacht.
    Als sie endlich mit Bob fertig war, stellte sie mir alle möglichen Fragen.
    »Sind Ihnen irgendwelche gesundheitlichen Probleme von Bob bekannt, James?«, wollte sie mit gezücktem Kugelschreiber wissen.
    »Nein«, gab ich zur Antwort und fügte gleich dazu, dass ich Bob regelmäßig in der Blue Cross-Ambulanz in Islington untersuchen ließ. Die Ärzte da waren immer sehr zufrieden mit Bobs Gesamtzustand und lobten mich sogar dafür. »Sie haben nie etwas bei ihm gefunden, also gehe ich davon aus, dass er gesund ist«, sagte ich.
    »Gut zu wissen, James, und wie seid ihr beide zusammengekommen?«, fragte sie weiter.
    Ich erzählte ihr unsere Geschichte, und sie nickte und lächelte dabei die ganze Zeit.
    »Klingt, als gehört ihr beiden wirklich zusammen«, lachte sie am Ende. Sie schien zufrieden und schenkte mir sogar so etwas wie ein aufmunterndes Lächeln. »Er ist ein toller Bursche, nicht wahr? Haben Sie vielleicht eine Telefonnummer für mich, wo ich Sie erreichen kann?«
    Mein altes Nokia-Handy tat es gerade noch so für Notfälle, also gab ich ihr die Nummer.
    »Gut, für den Moment sieht alles sehr gut aus, aber vielleicht muss ich noch einmal vorbeikommen. Sind Sie jeden Tag hier?«
    »Ja, momentan fast jeden Tag«, gab ich mit einem unguten Gefühl zur Antwort.
    »Okay, dann rufe ich Sie an oder komme demnächst noch einmal vorbei.«
    Sie strich Bob ein letztes Mal über den Kopf und verschwand in der Menge.
    Ich war erleichtert, dass dieser Besuch ohne Komplikationen vorübergegangen war. In meinem Kopf wirbelten schon wieder die düstersten Szenarien herum. Was, wenn sie an Bobs Gesundheitszustand etwas auszusetzen hatte, was mir noch nicht aufgefallen war? Wenn sie ihn gar mitgenommen hätte? Daran durfte ich gar nicht denken. Ich

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