Bobbie Faye: Alles wird gut (German Edition)
jeglichen Ehrenkodex, den selbst das fieseste Arschloch noch besaß. Er befahl ihr, eines dieser hautengen, winzigen, kaum vorhandenen »Nicht atmen oder die Möpse poppen raus«-Cheerleaderkostüme zu tragen. Damit er »sah, dass sie keine Waffe trug«.
Das war so was von gemein.
Ce Ce bezweifelte, dass sie das Spiel in nüchternem Zustand überstanden hätte. Der Lärm ließ einem beinahe die Ohren bluten, und wenn er dann manchmal abebbte (Werbepausen), hatte sie das Gefühl, als wäre sie taub geworden. Wenn das LSU -Team zusammenkam, um die Spielzüge abzusprechen, jubelten die Leute. Tat das gegnerische Team in den roten Trikots das gleiche, brüllte das Publikum und trampelte noch ungefähr tausendmal lauter mit den Füßen. Damit wollten sie wohl das andere Team ihre Taktik vergessen lassen. Lieber Himmel, also wenn sie sich bei dieser Geräuschkulisse und im nationalen Fernsehen vor Tausenden Menschen bücken und irgendwas besprechen müsste, würde sie mit Sicherheit sofort von Amnesie befallen werden, oder sie würde nachsehen, ob sich ihr Kleid möglicherweise in ihrer Poritze verfangen hatte oder noch Schlimmeres. Von daher konnte der Plan des Publikums möglicherweise doch aufgehen.
Andererseits waren am Spiel viele junge Männer beteiligt, die sich in sehr engen Hosen ständig bückten, und bisher fand sie das eigentlich ganz schön. Das mit dem Hühnerfuß war allerdings weniger schön. Er pulsierte und pochte, und in ihrem rechten Arm machten sich Schmerzen und ein kribbeliges Taubheitsgefühl breit, das bis zum Ellbogen reichte. Möglicherweise lag das aber auch daran, dass sie mit diesem Arm so viele Biere gestemmt hatte (sie konnte sich nicht genau erinnern, wann sie von Margaritas zu Bier gewechselt hatten), aber nach dem Zucken des Hühnerfußes zu urteilen, lag es nicht an ihrem Alkoholpegel. Sie hatte den Zauber bereits zweimal verstärkt. (Ein ganz kleines bisschen Sorgen hatte sie sich dann doch gemacht, wollte das aber auf keinen Fall laut sagen und damit auch noch das Schicksal herausfordern. Ein Verstärkungszauber konnte ja schließlich nicht schaden, oder?) Doch trotz allem war das Gebaren des Hühnerfußes in den letzten Minuten noch schlimmer geworden: Er versuchte inzwischen, an ihr hochzukrabbeln.
»Schätzschn«, nuschelte Monique, »das da sieht echt eeeklig aus. Ich glaube, du muss’ was tun.«
Ce Ce nickte zustimmend und versuchte blinzelnd, den Nebel in ihrem Hirn zu vertreiben. Monique hatte recht. Sie musste etwas unternehmen. Ein weiterer simpler Verstärkungszauber würde nicht reichen. Sie brauchte eine Superverstärkung. Sie brauchte Hilfe.
Sie betrachtete all die schreienden Menschen in ihrer Umgebung und begriff, dass sie genau das hatte, was sie brauchte. Zum Großteil. In gewisser Weise.
Das Problematische an einer Fünfjährigen im Zuckerrausch waren die Nachwirkungen, wie Lori Ann Marcel klarzumachen versuchte. Stacey hatte inzwischen zwei purpurfarbene Wassereis, ein großes Päckchen M&Ms und eine Riesenpackung Zitronenbonbons (die Marcel ihr immer wieder zusteckte) intus und bot keinen schönen Anblick.
Die Offensive des LSU -Teams zog gerade ein »Dash Right 93 Berlin«-Manöver durch, und im gleichen Moment, in dem sich der Wide Receiver freilief, brach tosender Jubel los. Cam wäre stolz gewesen. Dieselbe Taktik hatte er auch damals gegen die Gators angewandt und damit gewonnen. (Das war einer der Vorteile, wenn man die kleine Schwester von dem Mädchen war, das mit dem Starquarterback ging: Man hatte genug Sportwissen, um in jeder Sportsbar mächtig Eindruck schinden zu können – und das ein Leben lang.) Doch bei diesem Gators-Spiel hatte er sich auch verletzt, und sein Knie war so sehr in Mitleidenschaft gezogen worden, dass er es beinahe nicht geschafft hätte, rechtzeitig für das SEC -Meisterschaftsspiel wieder auf die Beine zu kommen. Und bei diesem Spiel hatte es ihn dann aufs Neue erwischt.
Die Knieoperation markierte das Ende seiner Karriere – und rettete ihr das Leben, denn danach war er Cop geworden. Er hatte ihr klargemacht, dass sie seiner Ansicht nach seine kleine Schwiegerschwester war und dass er nicht zulassen würde, dass sie besoffen mit dem Wagen durch die Gegend fuhr. Als sie dennoch nicht aufhörte, sich betrunken ans Steuer zu setzen, steckte er sie ins Gefängnis.
Sie sah zu Stacey hinab, die sich wie eine Schlingpflanze an sie klammerte, und realisierte, dass auch Stacey Cam ihr Leben verdankte. Er hatte Bobbie Faye nie
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