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Bobbie Faye: Alles wird gut (German Edition)

Bobbie Faye: Alles wird gut (German Edition)

Titel: Bobbie Faye: Alles wird gut (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Toni McGee Causey
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sie überwältigten. Geräusche blendete sie meist komplett aus, als hätte sie Watte in den Ohren oder als hätte Gott auf die große Lautlostaste im Himmel gedrückt. Sehr gut, dann konnte sie sich umso besser darauf konzentrieren, wie furchtbar es war, diesen jungen Burschen erschießen zu müssen. Maximale Seelenqual in minimaler Zeit. Bobbie Faye sah, wie der Junge seine Waffe hob und auf Riles zielte. Sein Blick war fest, er hatte seine Entscheidung getroffen. Oder vielmehr hatte sie jemand für ihn getroffen, in Form einer Anweisung von Sean. Der junge Mann konnte nicht älter als zwanzig sein, und er hatte nicht mehr lange zu leben.
    Sie spähte über den Lauf, wie auf Autopilot, es dauerte nur den Bruchteil einer Sekunde, anzulegen … doch da war er wieder, ihr Cousin Mitch. Das Bild von der Szene, wie sie Mitch erschoss, überlagerte das Bild des Jungen. Sie hatte keine Zeit mehr, darüber nachzudenken, wie sehr sie ihren Cousin dafür hasste, dass er sie in diese Lage gebracht hatte, keine Zeit für die Schuldgefühle, die sich wie Rasierklingen in ihr Herz gruben, keine Zeit, um daran zu denken, wie Mitch gefallen und zu einem blutigen Häufchen am Boden zusammengesackt war. Nicht mal an Trevors Warnung sollte sie jetzt denken: »Du zögerst immer noch.«
    Auch dieser Junge würde als blutiger Haufen enden, denn sie hob bereits die Waffe, höher, höher, höher, und dann ohne Zögern der Schuss! Der junge Mann hatte Bobbie Faye die Entscheidung abgenommen.
    Trevor pirschte durch den Wald. Lautlos schlich er durch das Unterholz. Das tote Laub am Waldboden war durch den Regen aufgeweicht und vollgesogen, die Äste und Blätter elastisch, und nichts verursachte beim Auftreten ein Geräusch. Doch er wurde trotzdem nicht leichtsinnig. Jetzt zahlte sich sein Training aus: Er glitt durch den dunklen Wald, als wäre er dort zu Hause, verschmolz mit den Bäumen und Büschen, hielt Ausschau, witterte die Gerüche in der Luft und lauschte auf jedes noch so kleine Geräusch, das nicht von einem flüchtenden Waldtier verursacht wurde. Hier draußen, jenseits der beleuchteten Rennbahn, war die Dunkelheit wie Samt, und nachdem er einige Schritte in das dichte Unterholz hinein gemacht hatte, verminderten sich auch die chaotischen Geräusche nach und nach, bis nur noch ein gedämpftes Summen übrig blieb. Er behielt auch den Bereich über sich im Auge, die niedrigen Äste, denn der Schütze, der die Scheunentür getroffen hatte, hatte wahrscheinlich von einem erhöhten Punkt aus geschossen.
    Zu seiner Linken erklang plötzlich ein leises Schaben, so als würde ein Schuh über Baumrinde reiben, und dann ein dumpfer Aufprall, als würde jemand auf dem Boden landen. Um den Mann zu erwischen, würde Trevor so schnell rennen müssen, dass er dadurch seine Entdeckung riskierte. Er beachtete die kleinen Äste gar nicht, die ihm beim Rennen brennend in die Arme schnitten, hetzte vorsichtig und so leise wie möglich weiter, flog durch das Unterholz, das gegen seine Arme peitschte, und hielt sich dabei so gut wie möglich verborgen. Trevor hörte den mühsamen Atem eines Mannes, der wohl sehr schnell rannte, roch seinen Schweiß und verschütteten Kaffee und erhaschte einen Blick auf einen schmalen weißen Hautstreifen – den Nacken des Schützen, der zwischen einer schwarzen Kappe und dem Kragen seines schwarzen Oberteils hervorlugte.
    Der Kerl hörte ihn und fuhr herum, doch Trevor war bereits in der Luft und platzierte einen Kick auf der Brust des Mannes. Volltreffer. Der Kerl taumelte rückwärts und stürzte, während Trevor landete und sich auf dem feuchten Lehmboden und dem verrottenden Laub abrollte. Ehe der Mann begriff, wie ihm geschah, war Trevor über ihm.
    Er konnte ihn töten.
    Er musste ihn am Leben lassen und verhören.
    Trevor wollte ihn töten. Der Blutdurst wütete ihn ihm, er wollte Rache für die Hölle, durch sie gegangen waren, Genugtuung für sein Heim, das nun nur noch aus verkohlten Überresten bestand, und er schaffte es kaum, sich durch sein professionelles Training unter Kontrolle zu halten. Er schien über einem Abgrund zu hängen und sich nur noch mit den Fingernägeln festzukrallen.
    Der Mann wehrte sich, zog ein Messer aus einem Gurt, den er um die Brust trug, und die überwältigende Stille, die im Wald geherrscht hatte, wurde nun von leisem Grunzen, dumpfen Geräuschen und blitzschnellen Bewegungen durchbrochen. Zwei Herzschläge später hielt Trevor den Unbekannten mit eisernem Griff

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