Bockmist
mir vom Zimmerservice kommen ließ, und die Lampe, die dran glauben mußte, weil ich über die Bettkante stolperte. Mir war natürlich klar, daß er über den Daumen gepeilt eine Hundertstelsekunde brauchte, bis er genug Geld verdient hatte, um für all das aufzukommen – aber wenn man in den Krieg zieht, nimmt man jeden Sieg mit, den man kriegen kann.
Während man auf den großen wartet.
»Mr Collins. Bitte nehmen Sie Platz.«
Die Empfangsdame drückte auf einen Knopf und sprach in die Luft hinein.
»Mr Barraclough, Mr Collins ist da.«
Es war natürlich keine Luft. Es war vielmehr ein dünnes Drahtmikrofon, das mit einem unter der riesigen Haarpracht verborgenen Kopfhörer verbunden war. Aber dieses Licht ging mir erst nach gut fünf Minuten auf, und solange wollte ich jemanden verständigen, daß die Empfangsdame an mittelschweren Halluzinationen litt.
»Kommt sofort«, sagte sie. Ob zu mir oder dem Mikrofon, entzieht sich meiner Kenntnis.
Wir befanden uns in den Büroräumen von Smeets Velde Kerkplein, womit man bei einer Partie Scrabble bestimmt ordentlich Punkte einheimst; ich war Arthur Collins, ein Maler aus Taunton.
Ich wußte nicht, ob sich Philip an Arthur Collins erinnern würde; aber wenn nicht, war das auch kein Drama. Ich brauchte bloß einen Fuß in der Tür, um bis in den zwölften Stock hier vorzudringen, und Collins hatte dafür genau die richtige Schuhgröße. Es war allemal besser als »ein Typ, der mal Ihre Verlobte gevögelt hat«.
Ich stand auf, wandelte durchs Zimmer und legte angesichts der verschiedenen Firmenkunstschinken an den Wänden den Kopf malermäßig auf die Seite. Fast alle waren riesige Sudeleien aus Grau und Türkis mit diagonalen oder jedenfalls schrägen Rotstreifen. Sie sahen aus wie im Labor entworfen, und wahrscheinlich waren sie das auch, zur Maximierung von Zuversicht und Optimismus in der Brust jedes Erstinvestors, der bei SVK durch die Tür schritt. Bei mir versagten sie, aber ich war ja auch aus anderen Gründen hier.
Eine gelbe Eichentür schwang auf, und Philip lugte heraus. Im ersten Moment blinzelte er, dann trat er vor und hielt mir die Tür auf.
»Arthur«, sagte er, noch etwas zögernd. »Wie geht’s denn so?«
Er trug kanariengelbe Hosenträger.
Philip kehrte mir den Rücken zu und goß mir gerade eine Tasse Kaffee ein.
»Ich heiße nicht Arthur«, sagte ich und ließ mich auf einen Stuhl fallen.
Sein Kopf fuhr herum und blitzschnell zurück.
»Scheiße«, sagte er und saugte an seinem Hemdsärmel. Dann drehte er sich zur offenen Tür und rief: »Jane, könnten Sie wohl bitte so lieb sein und uns ein Tuch holen?« Er besah sich die Schweinerei aus Kaffee, Milch und Matschekeksen und entschied, daß ihm das völlig egal war.
»Entschuldigung«, sagte er und nuckelte immer noch am Ärmel, »was sagten Sie gerade?« Er schlenderte an mir vorbei und suchte Zuflucht hinter seinem Schreibtisch. Dort setzte er sich ganz langsam. Er hatte entweder Hämorrhoiden oder Angst vor mir. Ich lächelte, um klarzustellen, daß er Hämorrhoiden hatte.
»Ich heiße nicht Arthur«, wiederholte ich.
In der anschließenden Pause klackten Tausende von möglichen Antworten durch Philips Hirn, wirbelten vor seinen Augen vorbei wie bei einem Spielautomaten.
»Ach nein?«, sagte er schließlich.
Zwei Zitronen und ein Bund Kirschen. Drücken Sie wieder auf Start.
»Ich fürchte, Ronnie hat Sie damals angelogen«, sagte ich bedauernd.
Er kippte mit seinem Stuhl nach hinten, seine Miene war in kühlem und höflichem Lächeln erstarrt, dem »Sie können mich durch nichts aus der Ruhe bringen«-Lächeln.
»Ach ja?« Pause. »Das war ja ganz schön dreist von ihr.«
»Sie hatte kein schlechtes Gewissen. Es war gar nichts zwischen uns vorgefallen, müssen Sie wissen.« Ich machte eine Pause – ungefähr so lange, wie man für die Worte »Ich machte eine Pause« braucht –, dann legte ich die Pointe nach. »Noch nicht.«
Er zuckte sichtbar zusammen.
Natürlich sichtbar. Andernfalls hätte ich es ja nicht mitbekommen. Ich will damit sagen, er zuckte heftig zusammen, er sprang fast auf. Den Mitspielern beim Mikado hätte es auf jeden Fall gereicht.
Er betrachtete seine Hosenträger und schabte mit dem Fingernagel über eine Messingklemme.
»Noch nicht. Verstehe.« Dann sah er hoch. »Es tut mir leid«, sagte er, »aber ich glaube, ich sollte mich nach Ihrem richtigen Namen erkundigen, bevor wir fortfahren. Wissen Sie, wenn Sie nicht Arthur Collins sind,
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