Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Bockmist

Bockmist

Titel: Bockmist Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Laurie Hugh
Vom Netzwerk:
erinnert man sich immer an das mit dem falsch Zeugnis reden wider seinen Nächsten. Im Vergleich zu du sollst nicht töten wirkt das armselig. Pingelig. Ein Kavaliersdelikt.
    Aber wenn es einem vor den Latz geknallt wird, wenn einem schon schlecht wird, bevor der Verstand verdaut hat, was ihm da zu Ohren gekommen ist, dann geht einem auf, daß Leben, Moral und Werte – daß nichts davon so funktioniert, wie man ein Leben lang geglaubt hat.
    Murdah hatte Mike Lucas durch die Kehle geschossen, und das gehörte zum Niederträchtigsten, was ich je gesehen hatte, und mein Leben war nicht gerade arm an Niedertracht. Aber wenn Murdah sich entschied (ob nun aus Gründen der Annehmlichkeit, der Unterhaltung oder einfach damit alles seine Ordnung hatte), falsch Zeugnis zu reden wider den Mann, den er ermordet hatte; wenn er sich entschied, ihm nicht nur das eigene Leben zu nehmen, sondern auch das Nachleben; sein Fortleben, sein Andenken, seinen Ruf; wenn er seinen Namen in den Schmutz zerrte, um seine eigenen Spuren zu verwischen; wenn er alle noch ausstehenden Ereignisse einem achtundzwanzig Jahre alten CIA-Mann, der nicht ganz richtig tickte, in die Schuhe schob, also dann war für mich der Ofen aus. Dann wurde ich richtig wütend.
     

21
     
    Ich glaube, mir ist ein Knopf von der Hose geplatzt.
    MICK JAGGER
     
    Francisco gab uns zehn Tage Fronturlaub.
    Bernhard wollte seinen in Hamburg abfeiern, und sein Gesichtsausdruck ließ ahnen, daß dort auch in Sachen Sex einiges laufen würde; Cyrus reiste nach Evianles-Bains, weil seine Mutter im Sterben lag – später stellte sich allerdings heraus, daß sie in Lissabon gestorben war, und Cyrus wollte bloß möglichst weit weg sein, wenn es schließlich soweit war; Benjamin und Hugo flogen nach Haifa zum Tauchen; und Francisco würde im Pariser Haus herumlungern und als einsamer Befehlshaber posieren.
    Ich sagte, ich wollte nach London, und Latifa sagte, au fein, sie komme mit.
    »In London kann man tierisch was losmachen. Ich zeig’ dir wie und wo. London ist ‘ne echt klasse Stadt.« Sie lachte mich an, und ihre Wimpern flatterten durchs Zimmer.
    »Verpiß dich«, sagte ich, »das hat mir grade noch gefehlt, daß du mir ständig am Rockschoß hängst.«
    Das waren natürlich schroffe Worte, und ich sagte sie wirklich ungern. Aber das Risiko war einfach zu groß, daß mich beim London-Spaziergang mit Latifa plötzlich irgendein Dödel auf der Straße anquatschte: »Thomas, wie läuft’s denn? Wer ist die Perle?« Ich brauchte Ellbogenfreiheit, und die bekam ich nur, wenn ich Latifa in die Wüste schickte.
    Ich hätte mir natürlich auch die Geschichte aus den Fingern saugen können, ich müsse meine Großeltern oder meine sieben Kinder oder meinen Schankerschamanen besuchen, aber im Endeffekt fand ich »Verpiß dich« bequemer.
     
    Ich flog mit Balfours Paß von Paris nach Amsterdam und schüttelte eine Stunde lang Amerikaner ab, die mir etwa gefolgt waren. Sie hatten allerdings keinen großen Grund dazu. Seit dem Anschlag von Murren waren die meisten von ihnen der festen Überzeugung, daß ich soliden Teamgeist mitbrachte, und Solomon hatte bis zum nächsten Kontakt sowieso zu einer langen Leine geraten.
    Trotzdem wollte ich, daß einige Tage lang mal keine Augenbraue hochgezogen wurde und daß niemand, egal aus welchem Lager, plötzlich mit den Worten auf mich zukam: »Hallo, was soll denn das da werden?«, weil ich irgend etwas tat oder irgendwohin wollte.
    Also kaufte ich mir am Flughafen Schiphol ein Flugticket nach Oslo und warf es weg, kaufte mir Kleidung zum Wechseln und eine neue Sonnenbrille und vertrödelte einige Zeit auf der Herrentoilette, bevor ich als Thomas Lang wieder in Erscheinung trat, der allseits bekannte Fremde.
    Um achtzehn Uhr kam ich in Heathrow an und nahm mir ein Zimmer im Post House Hotel; das liegt ideal, weil es nicht weit zum Flughafen ist, und katastrophal, weil es nicht weit zum Flughafen ist.
    Ich gönnte mir ein langes Bad, plumpste dann mit einem Päckchen Zigaretten und einem Aschenbecher aufs Bett und rief Ronnie an. Sehen Sie, ich mußte sie um einen Gefallen bitten – einen von diesen Gefallen, bei denen man schlecht mit der Tür ins Haus fallen kann –, also machte ich mich auf ein längeres Gespräch gefaßt.
    Es wurde ein sehr langes Gespräch, und das war nett; nett an und für sich, aber besonders nett, weil auf längere Sicht Murdah den Anruf bezahlen würde. Er würde auch den Champagner und das Steak bezahlen, die ich

Weitere Kostenlose Bücher